Die Kunst, ältere Schwarz-Weiss Fotos farbig zu machen ist
schon ziemlich fortgeschritten. Die Beispiele unten sind von Hand
gemacht. Es gibt aber auch Programme, die das automatisch machen.
Wir haben
ausprobiert: zuerst ein Portrait fotographiert vom Fotographen Wessendorff, dann
eine alte Foto vom Dorf Uhwiesen:
hat einmal über das Programm berichtet.
Seit den Anfangstagen der Fotografie versuchen Künstler,
diese Distanz zu überwinden: Sie kolorieren die
Schwarz-Weiss-Fotos. Früher machten sie das in mühevoller
Kleinarbeit mit Pinsel und Pigmenten. Heute erledigen sie es mit
Grafiktablett und Photoshop, was nicht weniger mühevoll ist.
Informatiker arbeiten daher seit Längerem an Computerprogrammen,
die diese Aufgabe übernehmen könnten. Das Unternehmen
Algorithmia bietet verschiedene Algorithmen an, die App-Entwickler in
ihre Produkte einbauen können. Einer dieser Algorithmen koloriert
Schwarz-Weiss-Fotos. In der neuen Web-Applikation "Colorize Photos"
kann ihn jeder kostenlos ausprobieren. Es reicht, die Web-Adresse eines
Fotos einzugeben oder das Bild direkt auf der Webseite hochzuladen und
auf "Colorize it" zu klicken. Heraus kommt eine farbige Version des
Originals. Zwar sind die Ergebnisse nicht so gut wie die der von Hand
kolorierten Fotos. Sie können sich aber durchaus sehen lassen,
wie diese Fotostrecke zeigt. Schickt man etwa Bilder von London
durch das System, erstrahlen die Doppeldeckerbusse, Telefonzellen und
die berühmten Grenadier Guards in rot. In Bildern von New York
erkennt der Algorithmus die Yellow Cabs und verleiht den Autos ein sattes
Gelb. Nur manchmal liegt er beim Strassenbelag daneben. Dann sieht es aus,
als würden die Taxis über einen Rasen in Manhattan fahren.
Gut funktioniert das Kolorieren bei Naturaufnahmen: Wälder sind
grün, der Himmel blau mit weissen Wolken und Kühe bekommen
ein realistisches Braun. Probleme hat das System mit ungewöhnlichen
Farben, etwa bei den bunten Uniformen der Schweizergarde. Denen ordnet
der Algorithmus einen undefinierbaren Braunton zu. Warum das Programm
manchmal richtig liegt und manchmal nicht, verrät ein Blick auf
seine Funktionsweise. Die Macher haben sie detailliert in einem Artikel
beschrieben: Anhand von einer Datenbank mit einer Million Farbfotos lernt
ein intelligenter Algorithmus, Strukturen in Bildern zu erkennen und
zuzuordnen. Doch gerade wegen dieser Methode zeigt das Programm etwas,
das die Informatiker "Datensatz-Einseitigkeit" nennen. Es kommt sehr gut
mit Fotos klar, die denen aus dem Übungsdatensatz ähneln. Mit
komplett anderen Fotos hat es hingegen Probleme.
Die Informatiker präsentieren dafür Beispiele auf ihrer
Webseite. Bei Granatäpfeln, Papageien und Pizzen trifft es die
Farben nahezu perfekt. Bei Modems und Militäruniformen versagt
es vollkommen. Vermutlich konnte das Programm sie nicht lernen, weil
es in dem Übungsdatensatz besonders wenige Bilder aus diesen
Kategorien gab.
Das führt zur auffälligsten Schwäche des ansonsten
interessanten Systems: Ausgerechnet mit historischen Fotos, für
die das Kolorieren überhaupt erfunden wurde, kommt es nicht
zurecht. Es färbt sie blass, falsch oder verleiht ihnen lediglich
eine Sepiatönung.
Der Grund dafür dürfte wieder in dem Übungsdatensatz
liegen. Es gibt einfach kaum Farbbilder historischer Motive, denn sie
stammen aus den Zeiten der Schwarz-Weiss-Fotografie. Und so haben auch
Apps zum Kolorieren eine Distanz zu den historischen Bildern: Sie wissen
auch nicht, wie die Welt zu dieser Zeit wirklich aussah.
Doch das gilt nicht für alle historischen Aufnahmen. Alte
Landschaftsfotos kann der Algorithmus recht gut kolorieren. Seine
Macher haben ihn auf die Bilder des einflussreichen amerikanischen
Landschaftsfotografen Ansel Adams angewendet. Die Ergebnisse wirken
realistisch. Gleiches gilt für Bilder des berühmten
Fotoreporters Henri Cartier-Bresson, der ebenfalls Schwarz-Weiss
fotografierte.
Man kann nicht sagen, dass die Kolorierung diese Bilder in irgendeiner
Weise verbessert. Sie liefert auch keine echten Informationen, sondern
zeigt lediglich eine plausible Farbversion der schwarz-weissen Fotos.
Damit ist sie eine schöne Spielerei für alle, die wissen wollen,
die wie Welt auf diesen Aufnahmen ausgesehen haben könnte.
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