Wer wird der Nachfolger von Didier Burkhalter? Wer kann das Amt
des Aussenministers übernehmen. Auf alle Fälle muss
der neue Minister das Verhandeln verstehen: Hart in der Sache, aber
weich mit dem Gegenüber als Person.
Aus Persoenlich
Blog:
In Umfragen, welche ich an meinen Seminaren
oder bei Referaten durchgeführt habe, wurden beim neu zu
wählenden Bundesrat hinsichtlich der notwendigen Eigenschaften
vor allem Aspekte der kommunikativen Kompetenz erwähnt:
Teamfähigkeit, Verhandlungsstärke, Kompromissbereitschaft
und Überzeugungskraft. Die meisten der Befragten gehen davon
aus, dass jeder Kandidat in einem Bereich sicherlich ein besonderes
fachliches Rüstzeug mitbringt. Da man nicht damit rechnen darf,
dass der Nachfolger von Didier Burkhalter auch das Amt des Aussenministers
übernehmen wird, muss somit der neu gewählte Bundesrat vor allem
die Fähigkeit haben, Sachverhalte mit gesundem Menschenverstand
zu analysieren, um hernach auch sinnvolle Entscheide fällen zu
können.
In einer Diskussionsrunde eines Lokalradios im Juni versuchten die
Teilnehmer ebenfalls das Profil der neuen Bundesrätin oder des neuen
Bundesrates auszuloten. Weil der Gesamtbundesrat in den Verhandlungen
mit der EU schlecht weggekommen ist, verlangte ein Teilnehmer vom
neuen Magistraten, dass er die Kunst des Verhandelns unbedingt besser
beherrschen müsste. Der Vertreter einer kantonalen Partei widersprach
diesem Votum: Nicht der Bundesrat sei Verhandlungsperson. Dies sei
Aufgabe der Diplomaten und Unterhändler.
Persönlich bin ich dennoch überzeugt, dass Bundesräte
die Prinzipien der Verhandlungskunst beherrschen sollten. Es darf nicht
mehr vorkommen, dass die Schweiz bei Auseinandersetzungen mit der EU
mit einem Kompromissvorschlag vorschnell einlenkt. Am Anfang hat jede
Seite ihre Maximalforderung zu verteidigen. Der Kompromiss ergibt sich
erst im Laufe der Auseinandersetzungen.
Ich wünschte mir vor allem einen neuen Bundesrat, der hinsichtlich
kommunikativer Kompetenz das sogenannte "Harvard Prinzip" verinnerlicht
hat. Auf einen Nenner gebracht, bedeutet das: Der Politiker kommuniziert
hart in der Sache aber weich mit dem Gegenüber als Person. Mit
anderen Worten geht es um die Kurzformel: "Ich verstehe Dich -
aber ich bin nicht einverstanden mit Deiner Meinung!" Diese Haltung
bewährt sich nicht nur bei Verhandlungen. Das "Harvard-Prinzip"
ist bei zahlreichen Kommunikationsprozessen im Alltag, an Meetings oder
beim Verhandeln erfolgreich anwendbar. Ziel des Harvard-Prinzipes ist es
stets, Sach- und Beziehungsebene zu trennen, Interessen auszugleichen und
Entscheidungsalternativen unter Verwendung neutraler Beurteilungskriterien
zu suchen, um so einen Gewinn für alle Beteiligten zu schaffen.
In der erwähnten Radio-Stammtischrunde entpuppte sich
übrigens ein Ständerat als Kaffesatzleser. Er prognostizierte,
Bundesrätin Sommaruga werde den Aussenministerposten anstreben und
der neue Bundesrat müsse somit mit einem andern Departement vorlieb
nehmen. Falls dem so ist, dürfen wir das Anforderungsprofil des neu
zuwählenden Bundesrates nicht zu eng fassen. Als Magistrat taugt
ein Generalist mehr als ein Spezialist. Die kommunikative und soziale
Kompetenz des neuen Exekutivmitgliedes sind Kernkompetenzen. Gefragt ist
somit ein Bundesrat, der beides kann: Zuhören und Verständnis
zeigen, der anderseits aber auch eine Meinung verständlich machen
kann und zudem eindeutig entscheidet.