Aus dem Persoenlich Blog:
Marcus Knill: Zum Erfolgsprinzip: Einfach, klar und verständlich sprechen:
Eine volksnahe Sprache könnte auch populistische Sprache bezeichnet
werden. Politiker, Werber und Dozenten möchten die Sachverhalte
so präsentieren, dass sie von allen verstanden werden. Aber die
Praxis zeigt ein anderes Bild. Es gibt jedoch erfreuliche Ausnahmen:
Die Formulierungen von Donald Trump beispielsweise wurden denjenigen von
13-Jährigen gleichgesetzt. Jedenfalls macht er viel kürzere
Sätze als Hillary Clinton. Trump wurde jedenfalls von der
Bevölkerung verstanden.
Es gibt auch an Hochschulen Bestrebungen, wissenschaftliche Texte
für ein breites Publikum wesentlich zu vereinfachen. Es wird heute
gefordert, frei zu sprechen. Beispiele und erzählende Elemente
werden eingebaut, ohne dass der Inhalt dadurch verfälscht wird. An
der ETH nahm ich an den Veranstaltungen "science slam" teil. Bei diesen
wissenschaftlichen Präsentationen gab es klare Zeitvorgaben. Der
anspruchsvolle Inhalt war kurz und unterhaltend vorzutragen. An
amerikanischen Universitäten kennt man "Pecha Kucha". Dies ist
eine Vortragstechnik, mit der die Referenten auf den Punkt kommen
müssen. 20 Folien stehen zur Verfügung, 20 Sekunden pro
Folie. Langatmige Vorträge werden damit unmöglich. Der Redner
wird auch zur Einfachheit gezwungen. Die Technik hatten vor zehn
Jahren in Japan zwei Architekten verwendet. Die Methode verbreitete
sich sehr schnell.
Die einfache Sprache darf jedoch nie versimpelt werden, sonst würde
die Wirklichkeit bagatellisiert. Klarheit der Sprache ist gefragt. Die
Akteure verzichten weitgehend auf Nebensätze (Nebelsätze),
Verschachtelungen, Leerformeln, Genitiv, Passiv und Konjunktiv.
Oft habe ich das Gefühl, Texte sollen gar nicht
verstanden werden. Denn Fremdwörter unterbrechen den
Lesefluss. Bandwurmsätze erschweren das Verständnis. Wer
beispielsweise Abstimmungsunterlagen liest, weiss oftmals nicht mehr
als zuvor. Besonders Menschen mit Lernschwierigkeiten, funktionale
Analphabeten oder Migranten werden komplizierte Texte zur Qual. Deshalb
wurde auch in der Schweiz versucht, mit einer gezielten Vereinfachung
der Sprache, der sogenannten "einfachen Sprache", vor allem Behinderten
zu helfen. In Deutschland finden wir diese Bestrebung unter dem Suchwort
"leichte Sprache".
Wussten Sie, dass in der Schweiz 800'000 Menschen nicht gut lesen
können? Man erkannte nun, dass die Vereinfachung der Sprache
vielen Bevölkerungsgruppen zu Gute kommt. Es geht aber nicht
nur um den kommunikativen Anschluss von Behinderten. Sondern um die
Verständlichkeit, um die Klarheit der Sprache.
Wer einfach spricht, muss nicht befürchten, er werte das
Publikum zu zu wenig Gebildeten ab. Alle Menschen schätzen es,
wenn Aussagen verständlich formuliert sind. Viele populäre
Politiker drückten sich mit einer einfachen, unkomplizierten Sprache
aus. Wer hat sich nicht schon über ellenlange "Powerpoint-Orgien"
geärgert, die gespickt sind mit Fachausdrücken und komplizierten
Schachtelsätzen?
Viele Referenten haben wohl das Gefühl, mit umständlichen
und schwer verständlichen Formulierungen punkten zu können,
im Glauben, damit würden ihre Ausführungen kompetenter
wirken. Dabei punktet im Alltag, wer verständlich spricht. Das
gilt auch im Umgang mit Medien und in der Politik: Bei Christoph Blocher
wurde erzählt, dass er früher seine Reden einem Jugendlichen zum
Lesen gab. Dieser musste alle Stellen mit einem Fragezeichen versehen, bei
denen etwas unklar war. Dann habe dann Blocher den Text neu formuliert.
Ludwig Hasler bringt die ganze Problematik der verständlichen
Sprache in einer Kolumne in der "NZZ am Sonntag" auf den Punkt. Für
ihn ist "leichte Sprache zwar gut gemeint, aber leider schon im Ansatz
falsch. Behörden sollten mit ihrer Sprache die Wirklichkeit nicht
vereinfachen, sondern KLARER machen." Hasler will keine Sprache auf
Schwundstufe, sondern eine Sprache, die für Laien verständlich
ist. Er veranschaulicht seine These mit einem Textbeispiel: "Dass
längerfristig, primär aus Gründen der demografischen
Alterung, ein finanzieller Mehrbedarf droht, hat der Bundesrat in
Abrede gestellt." Unklares dominiert bei dieser Formulierung: Altert die
Demografie? Droht der Mehrbedarf wie ein Gewitter? Wenn es der Bundesrat
"nicht in Abrede stellt": Heisst es nun Ja oder Nein? Nach Hasler
müsste vor allem eine KLARE - nicht eine leichte Sprache - her.
Fazit: Eine einfache, klare Sprache darf den Inhalt nie
verfälschen, auch wenn die Formulierungen dem Publikum anzupassen
sind. Unverfälscht vereinfachen und sich klar auszudrücken ist
und bleibt eine Kunst. Ich zitiere Ralph Waldo Emerson: "Es ist ein Beweis
hoher Bildung, die grössten Dinge auf die einfachste Art zu sagen."