Fake News ist in aller Munde. Vor allem im Zusammenhang mit
den US Wahlen kam man ins Grübeln.
Ein Beispiel, das auf der
New York Times studiert wurde
ist ein auf Twitter gebrachtes Bild, das behauptet, dass ganze
Busse von Demonstranten für eine Anti-Trump Demo chauffiert
worden seien. Der Post wurde dann 16000 Mal auf Twitter und 350000 mal
auf Facebook weiterverbreitet. Die Nachricht war aber völlig falsch.
Facebook will nun schärfer gegen die Ausbreitung
erfundener Nachrichten ankämpfen.
Heise:
Facebook hat einige neue Funktionen vorgestellt, die unter anderem das
Melden von Falschnachrichten vereinfachen sollen. Auf Fakten-Checks
spezialisierte Organisationen sollen auffällige und gemeldete News
prüfen und über die Beanstandung aufklären.
Facebook will nach massiver Kritik an seiner Rolle im US-Wahlkampf
schärfer gegen die Ausbreitung erfundener Nachrichten
ankämpfen. Unter anderem solle es einfacher werden, sogenannte
Fake-News zu melden, kündigte das weltgrösste Online-Netzwerk am
Donnerstag an. Ausserdem werde man mit externen Fakten-Check-Spezialisten
zusammenarbeiten.
Fragwürdige Nachrichten sollen für Nutzer einfacher zu melden
sein Fragwürdige Nachrichten sollen für Nutzer einfacher zu
melden sein. Vergrössern Bild: Facebook Algorithmen anpassen
Auch die Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Artikel
im Newsfeed der Mitglieder auftauchen, sollen angepasst werden. Wenn
ein Beitrag von Nutzern nicht geteilt wird, nachdem sie ihn gelesen
haben, könne das als Warnsignal in die Gewichtung einfliessen,
erläuterte der zuständige Facebook-Manager Adam Mosseri in
einem Blogeintrag.
Auch sollen von Usern beanstandete und von Fakten-Check-Organisationen als
Falschmeldungen identifizierte Meldungen mit einem Warnstempel versehen
werden. Die Meldungen sollen ausserdem mit Links zu Beiträgen
versehen werden, die erklären, was an der Meldung falsch ist. Die
Fake-News könnten dann auch im News-Feed weiter nach unten rutschen.
Dass sich Facebook für diese Arbeit Fakten-Check-Organisationen,
also Drittanbieter, und nicht Mitarbeiter im eigenen Haus gesucht hat,
dürfte das Ergebnis der Kontroversen um Facebooks "Trending
Topics" sein. Facebook wurde schon hier eine Manipulation der
Nachrichtenlage vorgeworfen - Mitarbeiter des Trending-Topics-Teams
hätten Nachrichten über Demokraten anders gewichtet als
über Republikaner und deren Politik. Die redaktionelle Bearbeitung
der Trending Topics wurde nach der laut gewordenen Kritik abgeschafft.
Facebook wolle zudem konsequenter die Einnahmequellen der Autoren
gefälschter Nachrichten austrocknen. Im US-Wahlkampf sollen einige
ein gutes Geschäft damit gemacht haben, aufsehenerregende Nachrichten
zu erfinden: Sie wurden von Nutzern angesehen und weiterverbreitet - und
die dabei angezeigte Werbung liess bei den Autoren die Kassen klingeln.
Mosseri schrieb, man sehe sich die Publisher an, um zu prüfen,
ob ein Eingreifen des Online-Netzwerks notwendig sei.
Im Wahlkampf hatten sich vor allem "Fake News" zu Gunsten des
künftigen Präsidenten Donald Trump erfolgreich bei Facebook
weiterverbreitet. Dazu gehörte zum Beispiel die erfundene Nachricht,
dass Papst Franziskus ihm seine Unterstützung ausgesprochen
habe. Kritiker warfen Facebook vor, dass es damit möglich
geworden sei, das Wahlergebnis durch Lügen für Trump zu
beeinflussen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg bestritt, dass "Fake News"
die Wahl entschieden hätten.
Der
Spiegel:
Am Freitag vergangener Woche titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung
prominent auf Seite 1: "Verfassungsschutz macht Russland für
Cyberangriffe verantwortlich - Präzise Erkenntnisse über
staatliches Vorgehen unter dem Deckmantel von Hackern". Ein entsprechender
Verdacht wurde schon länger in den Medien diskutiert, doch bislang
mit eher zurückhaltender Wortwahl, nicht zuletzt angesichts fehlender
Beweise und magerer Indizien. Insofern markiert der FAZ-Text eine neue
Selbstgewissheit. Darin heisst es:
Verfassungsschützer haben mittlerweile präzise Erkenntnisse,
dass Cyberangriffe auf deutsche Politiker und politische Institutionen
wie den Bundestag vom russischen Staat geführt werden. Bisher
war zwar Russland im Zusammenhang mit Angriffen auf deutsche
Computersysteme genannt worden, etwa von Bundeskanzlerin Angela Merkel
(CDU) nach der Hackerattacke auf die Telekom vor zwei Wochen. Doch
blieben solche Hinweise vage. Nun hat das Bundesamt für
Verfassungsschutz (#) mitgeteilt, dass russische "Propaganda-
und Einflussoperationen" im Rahmen der Angriffskampagne APT28
von "staatlichen Stellen" geführt würden. Neu sei, dass
diese Angriffe "unter falscher Flagge" stattfänden. Staatliche
russische Stellen verübten Cyberangriffe unter dem Deckmantel
vermeintlicher Aktivisten aus der Hackerszene. FAZ
Durch die Verwendung des zur Zeit populären Kürzels
APT ("Advanced Persistant Threat") wird der Eindruck
wissenschaftlich-technischer Korrektheit vermittelt, allerdings nennt
der Artikel keine näheren überprüfbaren Belege für
die Behauptungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur
Verwicklung "staatlicher Stellen" aus Russland.
In der letzten detaillierten öffentlichen Stellungnahme des
Geheimdienstes zum Thema, dem im Oktober erschienenen "BfV-Newsletter
Nr. 3/2016" hatte die Behörde noch wesentlich vorsichtiger
formuliert. Ein amerikanisches IT-Sicherheitsunternehmen habe "Hinweise
auf russische Angriffskampagnen", weiterhin gäbe es "Indizien",
die "auf eine Urheberschaft russischer Nachrichtendienste hinweisen"
würden. Viel mehr wusste der Verfassungsschutz zuletzt zum Thema
"russische Beteiligung" nicht zu vermelden.
Wie also kommt die Behörde nun zu ihren neuen "präzisen
Erkenntnissen", die Russlands Täterschaft beweisen? Eine Nachfrage
bei der Pressestelle des BfV, inwieweit die aktuellen Erkenntnisse
in irgendeiner Weise über das im hauseigenen Newsletter
präsentierte, dünne Material vom Oktober hinausgehen,
beantwortete die Behörde mir so (Originalzitat):
Wie Sie bereits in Ihrer Anfrage vermuten, können wir Ihnen
mit weiteren Informationen, die bereits in unserem BfV-Newsletter
Nr. 3/2016 veröffentlicht wurden, nicht weiterhelfen. BfV
An dieser Stellungnahme irritiert die sprachliche Fehlerhaftigkeit fast
noch mehr als die inhaltliche Leere. Auf weitere Nachfrage bat man um
Verständnis, dass der Verfassungsschutz "Berichterstattung nicht
kommentieren" würde und "insofern auch keine Bewertung abgeben"
könne. "Äusserungen des Präsidenten aufgeschrieben"
Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, wandte ich mich im Folgenden
direkt an den Autoren des FAZ-Artikels, Dr. Eckart Lohse, einen erfahrenen
Redakteur des Blattes aus dem Berliner Büro, der in diesem Jahr
auch schon prominent im Fernsehen zu sehen war. Ich berichtete ihm von
der wenig ergiebigen Auskunft des Verfassungsschutzes - seiner Quelle -,
und fragte, was denn nun konkret die von ihm genannten "präzisen
Erkenntnisse" für eine Verwicklung des russischen Staates seien,
und ob sie über die Erkenntnisse aus dem BfV-Newsletter vom Oktober
hinausgingen, wo ja lediglich vage Indizien präsentiert worden
waren. Lohse antwortete:
Da wir nicht unterstellen können, dass unsere Leser durchweg die
Newsletter oder andere Veröffentlichungen des BfV zur Kenntnis
nehmen, habe ich aktuelle Äusserungen des BfV und von dessen
Präsidenten zu staatlichen russischen Aktivitäten in meinem
Artikel aufgeschrieben. Eckart Lohse
Auf diese ausweichende Antwort hin fragte ich nach, wie man auf der Basis
des eher vorsichtig formulierten zwei Monate alten Newsletters auf eine
knallige Überschrift wie "Verfassungsschutz macht Russland für
Cyberangriffe verantwortlich - Präzise Erkenntnisse über
staatliches Vorgehen" kommen könne. Dazu meinte der FAZ-Autor,
wiederum ausweichend, dass nicht er, sondern ich "den Newsletter ins
Spiel gebracht" habe: "Ich habe mich in meinem Artikel auf Mitteilungen
des BfV und Äusserungen des Präsidenten bezogen, die höchst
aktuell waren."
Doch das wesentliche Problem, abseits aller Details, müsste auch
Lohse klar sein: In seinem auf Seite 1 veröffentlichten Artikel
werden neue "präzise Erkenntnisse" zu einer direkten Verantwortung
des russischen Staates behauptet, diese dann aber nicht genannt, so dass
die Vorwürfe nicht überprüfbar sind und damit spekulativ
bleiben. Zugleich werden die Verdächtigungen mehr oder weniger als
bewiesene Tatsachen präsentiert.
Das ist, so darf man sagen, hart an der Grenze zum Verbreiten von "Fake
News". Denn wo ist die Garantie für die Leser, wo zumindest die
unabhängige journalistische Überprüfung, dass die vom
Verfassungsschutz lancierten Vorwürfe überhaupt fundiert sind
und der Wahrheit entsprechen?