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www.rhetorik.ch aktuell: (16. Dez, 2016)

Kampf gegen Fake news

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Fake News ist in aller Munde. Vor allem im Zusammenhang mit den US Wahlen kam man ins Grübeln. Ein Beispiel, das auf der New York Times studiert wurde ist ein auf Twitter gebrachtes Bild, das behauptet, dass ganze Busse von Demonstranten für eine Anti-Trump Demo chauffiert worden seien. Der Post wurde dann 16000 Mal auf Twitter und 350000 mal auf Facebook weiterverbreitet. Die Nachricht war aber völlig falsch.

Facebook will nun schärfer gegen die Ausbreitung erfundener Nachrichten ankämpfen. Heise:
Facebook hat einige neue Funktionen vorgestellt, die unter anderem das Melden von Falschnachrichten vereinfachen sollen. Auf Fakten-Checks spezialisierte Organisationen sollen auffällige und gemeldete News prüfen und über die Beanstandung aufklären. Facebook will nach massiver Kritik an seiner Rolle im US-Wahlkampf schärfer gegen die Ausbreitung erfundener Nachrichten ankämpfen. Unter anderem solle es einfacher werden, sogenannte Fake-News zu melden, kündigte das weltgrösste Online-Netzwerk am Donnerstag an. Ausserdem werde man mit externen Fakten-Check-Spezialisten zusammenarbeiten. Fragwürdige Nachrichten sollen für Nutzer einfacher zu melden sein Fragwürdige Nachrichten sollen für Nutzer einfacher zu melden sein. Vergrössern Bild: Facebook Algorithmen anpassen Auch die Algorithmen, die darüber entscheiden, welche Artikel im Newsfeed der Mitglieder auftauchen, sollen angepasst werden. Wenn ein Beitrag von Nutzern nicht geteilt wird, nachdem sie ihn gelesen haben, könne das als Warnsignal in die Gewichtung einfliessen, erläuterte der zuständige Facebook-Manager Adam Mosseri in einem Blogeintrag. Auch sollen von Usern beanstandete und von Fakten-Check-Organisationen als Falschmeldungen identifizierte Meldungen mit einem Warnstempel versehen werden. Die Meldungen sollen ausserdem mit Links zu Beiträgen versehen werden, die erklären, was an der Meldung falsch ist. Die Fake-News könnten dann auch im News-Feed weiter nach unten rutschen. Dass sich Facebook für diese Arbeit Fakten-Check-Organisationen, also Drittanbieter, und nicht Mitarbeiter im eigenen Haus gesucht hat, dürfte das Ergebnis der Kontroversen um Facebooks "Trending Topics" sein. Facebook wurde schon hier eine Manipulation der Nachrichtenlage vorgeworfen - Mitarbeiter des Trending-Topics-Teams hätten Nachrichten über Demokraten anders gewichtet als über Republikaner und deren Politik. Die redaktionelle Bearbeitung der Trending Topics wurde nach der laut gewordenen Kritik abgeschafft. Facebook wolle zudem konsequenter die Einnahmequellen der Autoren gefälschter Nachrichten austrocknen. Im US-Wahlkampf sollen einige ein gutes Geschäft damit gemacht haben, aufsehenerregende Nachrichten zu erfinden: Sie wurden von Nutzern angesehen und weiterverbreitet - und die dabei angezeigte Werbung liess bei den Autoren die Kassen klingeln. Mosseri schrieb, man sehe sich die Publisher an, um zu prüfen, ob ein Eingreifen des Online-Netzwerks notwendig sei. Im Wahlkampf hatten sich vor allem "Fake News" zu Gunsten des künftigen Präsidenten Donald Trump erfolgreich bei Facebook weiterverbreitet. Dazu gehörte zum Beispiel die erfundene Nachricht, dass Papst Franziskus ihm seine Unterstützung ausgesprochen habe. Kritiker warfen Facebook vor, dass es damit möglich geworden sei, das Wahlergebnis durch Lügen für Trump zu beeinflussen. Facebook-Chef Mark Zuckerberg bestritt, dass "Fake News" die Wahl entschieden hätten.
Der Spiegel:
Am Freitag vergangener Woche titelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung prominent auf Seite 1: "Verfassungsschutz macht Russland für Cyberangriffe verantwortlich - Präzise Erkenntnisse über staatliches Vorgehen unter dem Deckmantel von Hackern". Ein entsprechender Verdacht wurde schon länger in den Medien diskutiert, doch bislang mit eher zurückhaltender Wortwahl, nicht zuletzt angesichts fehlender Beweise und magerer Indizien. Insofern markiert der FAZ-Text eine neue Selbstgewissheit. Darin heisst es: Verfassungsschützer haben mittlerweile präzise Erkenntnisse, dass Cyberangriffe auf deutsche Politiker und politische Institutionen wie den Bundestag vom russischen Staat geführt werden. Bisher war zwar Russland im Zusammenhang mit Angriffen auf deutsche Computersysteme genannt worden, etwa von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nach der Hackerattacke auf die Telekom vor zwei Wochen. Doch blieben solche Hinweise vage. Nun hat das Bundesamt für Verfassungsschutz (#) mitgeteilt, dass russische "Propaganda- und Einflussoperationen" im Rahmen der Angriffskampagne APT28 von "staatlichen Stellen" geführt würden. Neu sei, dass diese Angriffe "unter falscher Flagge" stattfänden. Staatliche russische Stellen verübten Cyberangriffe unter dem Deckmantel vermeintlicher Aktivisten aus der Hackerszene. FAZ Durch die Verwendung des zur Zeit populären Kürzels APT ("Advanced Persistant Threat") wird der Eindruck wissenschaftlich-technischer Korrektheit vermittelt, allerdings nennt der Artikel keine näheren überprüfbaren Belege für die Behauptungen des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) zur Verwicklung "staatlicher Stellen" aus Russland. In der letzten detaillierten öffentlichen Stellungnahme des Geheimdienstes zum Thema, dem im Oktober erschienenen "BfV-Newsletter Nr. 3/2016" hatte die Behörde noch wesentlich vorsichtiger formuliert. Ein amerikanisches IT-Sicherheitsunternehmen habe "Hinweise auf russische Angriffskampagnen", weiterhin gäbe es "Indizien", die "auf eine Urheberschaft russischer Nachrichtendienste hinweisen" würden. Viel mehr wusste der Verfassungsschutz zuletzt zum Thema "russische Beteiligung" nicht zu vermelden. Wie also kommt die Behörde nun zu ihren neuen "präzisen Erkenntnissen", die Russlands Täterschaft beweisen? Eine Nachfrage bei der Pressestelle des BfV, inwieweit die aktuellen Erkenntnisse in irgendeiner Weise über das im hauseigenen Newsletter präsentierte, dünne Material vom Oktober hinausgehen, beantwortete die Behörde mir so (Originalzitat): Wie Sie bereits in Ihrer Anfrage vermuten, können wir Ihnen mit weiteren Informationen, die bereits in unserem BfV-Newsletter Nr. 3/2016 veröffentlicht wurden, nicht weiterhelfen. BfV An dieser Stellungnahme irritiert die sprachliche Fehlerhaftigkeit fast noch mehr als die inhaltliche Leere. Auf weitere Nachfrage bat man um Verständnis, dass der Verfassungsschutz "Berichterstattung nicht kommentieren" würde und "insofern auch keine Bewertung abgeben" könne. "Äusserungen des Präsidenten aufgeschrieben" Um der Sache weiter auf den Grund zu gehen, wandte ich mich im Folgenden direkt an den Autoren des FAZ-Artikels, Dr. Eckart Lohse, einen erfahrenen Redakteur des Blattes aus dem Berliner Büro, der in diesem Jahr auch schon prominent im Fernsehen zu sehen war. Ich berichtete ihm von der wenig ergiebigen Auskunft des Verfassungsschutzes - seiner Quelle -, und fragte, was denn nun konkret die von ihm genannten "präzisen Erkenntnisse" für eine Verwicklung des russischen Staates seien, und ob sie über die Erkenntnisse aus dem BfV-Newsletter vom Oktober hinausgingen, wo ja lediglich vage Indizien präsentiert worden waren. Lohse antwortete: Da wir nicht unterstellen können, dass unsere Leser durchweg die Newsletter oder andere Veröffentlichungen des BfV zur Kenntnis nehmen, habe ich aktuelle Äusserungen des BfV und von dessen Präsidenten zu staatlichen russischen Aktivitäten in meinem Artikel aufgeschrieben. Eckart Lohse Auf diese ausweichende Antwort hin fragte ich nach, wie man auf der Basis des eher vorsichtig formulierten zwei Monate alten Newsletters auf eine knallige Überschrift wie "Verfassungsschutz macht Russland für Cyberangriffe verantwortlich - Präzise Erkenntnisse über staatliches Vorgehen" kommen könne. Dazu meinte der FAZ-Autor, wiederum ausweichend, dass nicht er, sondern ich "den Newsletter ins Spiel gebracht" habe: "Ich habe mich in meinem Artikel auf Mitteilungen des BfV und Äusserungen des Präsidenten bezogen, die höchst aktuell waren." Doch das wesentliche Problem, abseits aller Details, müsste auch Lohse klar sein: In seinem auf Seite 1 veröffentlichten Artikel werden neue "präzise Erkenntnisse" zu einer direkten Verantwortung des russischen Staates behauptet, diese dann aber nicht genannt, so dass die Vorwürfe nicht überprüfbar sind und damit spekulativ bleiben. Zugleich werden die Verdächtigungen mehr oder weniger als bewiesene Tatsachen präsentiert. Das ist, so darf man sagen, hart an der Grenze zum Verbreiten von "Fake News". Denn wo ist die Garantie für die Leser, wo zumindest die unabhängige journalistische Überprüfung, dass die vom Verfassungsschutz lancierten Vorwürfe überhaupt fundiert sind und der Wahrheit entsprechen?

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