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www.rhetorik.ch aktuell: (26. Sep, 2016)

Erste Clinton-Trump Debatte

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Live 2016 Presidental Debate
Kommentar auf Knill Blog. In the New York Times und Washinton Post sehen Kommentatoren, Clinton eher im Vorteil. Auf 20 Min: die Debatte verlief hitzig, doch blieb Clinton souveräner. Auch Blick meint: "Clinton gewinnt TV Duell gegen Trump", doch K.O. ging keiner der Candidaten.

Vor der Debatte: Spiegel:
Vorteile für Hillary Clinton: Nach ihrem Schwächeanfall haben viele Amerikaner neue Zweifel an der Demokratin bekommen. Insofern findet das Duell für sie zur rechten Zeit statt: Mit einer souveränen Vorstellung könnte die 68-Jährige die verheerenden vergangenen zwei Wochen wohl weitgehend vergessen machen. Gut für Clinton: Sie kennt das Format. Sie hat bereits etliche Eins-gegen-Eins-Situationen hinter sich, im Wahlkampf 2008 stritt sie mit Barack Obama auf der Fernsehbühne, in diesem Jahr mit Bernie Sanders. Bei all jenen Zuschauern, die sich das Duell unter der Frage anschauen, wer besser für das Weisse Haus vorbereitet ist, wird sie mit ihrer Detailkenntnis zu punkten versuchen. Geht es in der Debatte vor allem um inhaltliche Argumente, könnte der Kontrast zwischen beiden ein gewaltiger Vorteil für sie sein.
Nachteile für Hillary Clinton: Neben der inhaltlichen Auseinandersetzung wird es auch um ihre Schwächen gehen. Die E-Mail-Affäre dürfte zur Sprache kommen, und Trump könnte versuchen, sie als entrückte und käufliche Vertreterin der politischen Elite hinzustellen. Schon gegen Sanders hatte sie Schwierigkeiten, sich in diesem Punkt zu verteidigen. Zudem könnten Clintons mangelnde Authentizität und ihre Glaubwürdigkeitsdefizite zum Problem werden. Niemand bestreitet ihre Sachkenntnis, aber Clintons TV-Auftritte in den Vorwahlen wirkten häufig blutleer und wenig kreativ. Neben Trump könnte sie Gefahr laufen, als zu einstudiert und langweilig rüberzukommen.
Vorteile für Donald Trump: Trump kennt Fernsehen, er weiss, was das Publikum hören will. Schon in den Vorwahlen zeigte er, dass er ein feines Gespür für einprägsame Formulierungen hat. Der Milliardär hat den gesamten Wahlkampf mit seiner teils surrealen Kampagne zu einem Wettrennen um die beste Inszenierung gemacht, das TV-Duell kommt da für ihn gerade richtig. Wichtig ist auch: Seine mangelnde Erfahrung könnte ein gewisser Vorteil sein, denn die Erwartungen an ihn sind geringer als an Clinton. Nur ein Drittel der Amerikaner geht davon aus, dass der Milliardär das Duell gewinnt. Trump steht für das Neue, Aufregende, Unberechenbare. In einem Wahlkampf, in dem der Frust vieler Wähler über die Politik in Washington so offenkundig geworden ist, kann das Image des Wechselkandidaten ein erheblicher Vorteil sein.
Nachteile für Donald Trump: Das Duell ist anders als die Debatten in den Vorwahlen. Damals wurde jede TV-Diskussion zu einem Unterhaltungsspektakel. Aber sechs Wochen vor der Wahl schauen sich viele Amerikaner das Format unter der Frage an, wer besser gerüstet ist für das Weisse Haus. Unkenntnis und sachlich falsche Aussagen haben im Wahlkampf-Endspurt traditionell grössere Auswirkungen als zu Beginn des Jahres. Inhaltlich könnte es für Trump gefährlich werden. Sowohl von Clinton als auch von Moderator Lester Holt dürfte er unter Druck gesetzt werden, seine Plattitüden auf den allermeisten Feldern mit konkreten Plänen zu füllen. Zum anderen ist sein Temperament immer ein Risiko, wiederholt hat er sich im Fernsehen schon von der Aufmerksamkeit davontragen und sich zu Beschimpfungen und Beleidigungen hinreissen lassen. Kann Trump sich nicht zügeln, dürfte das Unentschlossene verprellen. Andererseits: Gibt er sich zu zahm und pragmatisch, könnten viele Amerikaner fragen, warum sie dann nicht gleich Clinton wählen sollen.
20 Min:
Nach einer mehrwöchigen Aufholjagd ist der New Yorker Immobilienunternehmer bis an die Ex-Aussenministerin herangerückt. Nach neusten Umfragen vom Montag liegen die zwei Kandidaten praktisch gleichauf. Folge: Die drei TV-Debatten werden den Trend bis zum Wahltag am 8. November stark beeinflussen. Wie wichtig das Duell den beiden Anwärtern ist, zeigte ein Scharmützel im Vorfeld. Erst gab die Clinton-Kampagne bekannt, sie werde den Sportklub-Besitzer und Trump-Intimfeind Mark Cuban in die erste Zuschauerreihe setzen, um den Republikaner zu reizen. Sogleich drohte das Trump-Team an, man werde gleich weit vorn Gennifer Flowers platzieren, eine der vielen Ex-Geliebten von Hillarys Gatten Bill. Vorerst blieb unklar, wer von den beiden tatsächlich im Publikum sein wird. Sicher indes ist die Strategie der zwei Kandidaten: Trump ist von Clinton als unqualifiziert und gefährlich dämonisiert worden. Eine Serie feindlicher TV-Spots zitiert Trumps schlimmste Ausfälligkeiten. Wenn es dem Republikaner gelingt, dieses Bild als eine von der Gegenseite gezeichnete Karikatur darzustellen und zu widerlegen, kann er die Debatte gewinnen. Der als unbeherrscht geltende Politneuling muss sich disziplinieren und Clinton respektvoll behandeln. Er darf nicht aufbegehren und muss seine Zunge im Zaum halten. Lücken hinsichtlich Sachkenntnis wird er mit Gemeinplätzen und spontanem Witz zu überbrücken versuchen. Das New Yorker Grossmaul neigt dazu, Frauen zu beleidigen. Schaden könnte ihm, wenn er offensichtlich lügt, schnippisch wird oder mit seiner Körpergrösse von 188 Zentimetern die viel kleinere Clinton dominiert. Die langjährige Politikerin Clinton ist der Wählerschaft wohlbekannt. Sie geniesst aber wenig Vertrauen. Das Image der Unehrlichkeit wird sie kaum reparieren können. Die Demokratin hofft darauf, dass Trump im Vergleich zu ihr für eine Mehrheit noch unmöglicher erscheint. Clinton wird mit Sachkenntnis brillieren und ihren Gegner mit provozierenden Aussagen reizen. Fragen zu ihrer Glaubwürdigkeit wird sie mit Fragen über ihn parieren. Clinton hofft auf einen Fehltritt Trumps. Bei Themen wie dem privaten E-Mail-Server könnte Clinton allzu defensiv werden. Unter Druck wirkt sie steif. Wenn sie ihre Erfahrung betont, könnte sie sich als Figur des Status quo darstellen, was ihr im Wahljahr 2016 wenig helfen wird. Unter dem Strich kann sich Trump von der ersten TV-Debatte mehr direkten Nutzen versprechen als Clinton. Verhältnismässig viele Wählerinnen und Wähler haben sich noch nicht festgelegt. Doch wird diese erste Runde das Rennen um Amerikas Präsidentschaft nicht entscheiden. Wem ein Patzer unterläuft, der - oder die - kann in zwei weiteren TV-Runden am 9. und 19. Oktober ausgleichen.

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