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www.rhetorik.ch aktuell: (16b. Mar, 2015)

Der Finger von Varoufakis

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Ein Video, das den griechische Finanzminister Giannis Varoufakis zeigt, wie er scheinbar den Deutschen den Stinkefinger zeigt, gibt viel zu reden. Varouflakis sagt in der Fernsehsendung von Jauch: "that video is doctored". Videoexperten zweifeln, dass das Video manipuliert ist. Was jedoch von Kommentatoren zurecht bemerkt wurde, war das Video aus dem Zusammenhang genommen. Das Video stammt aus dem Subversive Festival 2013 in Zagreb. Damals war Varoufakis noch nicht Minister.

Doch am Schluss ist es weniger bedeutend, dass die Aufnahme schon 2013 passiert war. Der Wirkung nach war es nachträglich unwichtig, ob die Aufnahme gefälscht oder aus dem Zusammenhang heraus gerissen wurde. Der gestreckt Mittelfinger wurde zum Symbol für die Krise in Europa. Die Geschichte illustriert aber auch das Konfuzius Zitat: "Wenn ein weiser Mensch auf den Mond zeigt, dann inspiziert der Idiot den Finger". Der Finger ist hier nicht das Wesentliche, das ist für den Boulevard Journalismus, Wesentlich ist die Frage, wie man die Krise am besten löst. Varoufakis ist ausserordentlich intelligent, war Professor fuer Wirtschaftswissenschaften und hat mehrere Bücher geschrieben. Ähnlich wie Krugman (einem Wirtschaftsnobelpreisträger), kritisert er die Sparpolitik. Sie sehen, das als Gift für die Wirtschaft ist. Varoufakis ist aber nicht das erste Mal ungeschickt. Viele haben sich über eine Homestory aufgeregt. Vor allem im krisengeschüttelten Griechenland kamen die Bilder des Politikers zu Hause am Fusse der Akropolis nicht gut an. Er selbst bedauert diese Homestory am meisten.

Sueddeutsche:
Günther Jauch konfrontiert Yanis Varoufakis in der Talk-Sendung mit der fraglichen Szene vom Subversive Festival 2013 in Zagreb Griechenlands Finanzminister hat Ärger mit einem alten Video. Darin zeigt er Deutschland den Mittelfinger. Ausgestrahlt hat es Günther Jauch in seiner Sendung, allerdings ohne den Kontext ordentlich zu erklären. Der ist weniger deutschenfeindlich, als es auf den ersten Blick scheint. Varoufakis hat allerdings die Zuschauer nicht aufgeklärt. Stattdessen behauptet er, dass das Video gefälscht sei und dass er den Mittelfinger nie gezeigt habe - obwohl offizielle Aufnahmen ihm widersprechen. Yanis Varoufakis schüttelt den Kopf. Da sieht es noch so aus, als wolle er Günther Jauch nur zurechtweisen, dass das Zitat aus dem Kontext gerissen ist. Mehr als fünf Millionen schauen zu, wie der griechische Finanzminister zum ersten Mal live im deutschen Fernsehen redet. Die Runde diskutiert, ob Griechenland seine Schulden zurückzahlen kann. Varoufakis schlägt sich in der Sendung gut, bekommt Applaus - doch heikel wird für ihn eine Rede, die er 2013 auf einer Konferenz gehalten hat. Jauch zeigt einen Ausschnitt (hier im Video ab 25:45), in dem Varoufakis über die Euro-Krise spricht. Darin sagt er, Griechenland solle sich für insolvent erklären. Und Deutschland den Mittelfinger zeigen.

http://www.stefan-niggemeier.de/blog/20713/wie-guenther-jauch-die-aussagen-von-varoufakis-verfaelschte/ So wie Jauch das Video zeigt ist es tatsächlich falsch. Wenn Varoufakis mit "doctored" aber gemeint hat, das Video wäre gefälscht, dann liegt er ebenfalls daneben. Die Jauch-Redaktion hat das Video in einen falschen Kontext gestellt: Varoufakis hat den "griechischen Default innerhalb des Euro" nicht 2013 gefordert, als Deutschland Hilfskredite gewährt hatte, sondern 2010, als der noch möglich war. Damit wäre "die Deutschen zahlen am meisten" nie Realität geworden und Jauchs ganze Frage hätte keinen Sinn mehr ergeben (ja, korrekt, hat sie so dann auch nicht). Inzwischen hat der für Jauch zuständige NDR-Fernseh-Chefredakteur Andreas Cichowicz auf Twitter auch zugegeben, dass der Kontext zur Frage besser gewesen wäre. Ich würde sogar sagen, er war notwendig. Vor diesem Hintergrund ist es inhaltlich richtig: Varoufakis hat nie Deutschland den Finger gezeigt und das Video ist seines Kontextes beraubt, also auch doctored.

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