Angela Merkel hatte beim IT Gipfel 2014 in Hamburg eine Rede gehalten.
Als sie auf die "Drei F's" zu sprechen begann, da gab es einen Aussetzer. Sie
konnte das dritte F nicht mehr bennenn.
Dieser kurze Ausfall eines Begriffes gehört zum Alltag.
Das kann auch bei Profisprechern vorkommen.
Angela Merkel demonstriert eine brauchbare Technik, dieses "Loch" zu
überbrücken.
Sie spielt mit dem Aussetzer, befragte das Publikum und verbalisiert das Problem.
Währenddessen kommt ihr das F-Wort "Festnetz" wieder in den Sinn.
Alles mit einem Lächeln. Anders als beim
Perry Blackout
ist das F-Wort dem Publikum auch nicht bekannt. Peinlich wird es erst,
wenn der Redner eine banale Tatsache vergisst und wenn dann am Schluss
auch nichts mehr kommt. Merkel konnte das Problem thematisieren,
den Druck lindern und die Blockade auflösen. Perry hatte das auch
versucht und es schien im Anfangs auch zu gelingen, dann aber kollabierte
bei ihm die Sache. Merkel gelang es den Knoten mit einem dramatischen
Happy End zu lösen: sie schoss wie in der Schule den Finger in die
Höhe und sagte erlöst: "Festnetz"!
Die Rede wurde dadurch in die Medien gebracht. Heisse IT Themen wie
Totalüberwachung, Datensicherheit oder Netzneutralität kamen
beim IT Gipfel gar nicht gross auf. Eine Ausnahme: der Spiegel:
Der unbedingte Machtwillen von Merkel bestimmt das Vorgehen bei der
Totalüberwachung: Was nicht ins Machterhaltungsschema passt,
wird ignoriert. Unter diesem Aspekt muss man die Ergebnisse und
Nicht-Ergebnisse des IT-Gipfels betrachten, aus der Perspektive der
radikalen Machterhaltung, getarnt als Pragmatismus. Deshalb hat Merkel
sich halbgar und definitionswurstig zur Netzneutralität und der
Glasfaservernetzung des Landes geäussert.
Deshalb die grosse Schwammigkeit in fast allen Aussagen, denn fehlende
Festlegung und diffuse Definitionen bedeuten, Entscheidungen später
treffen zu können - ein hervorragendes Instrument für
Verhandlungen und zum Aufbau von politischem Druck. Daher kommt der
zentrale Eindruck des IT-Gipfels 2014, Merkel sei zögerlich
oder würde nicht richtig verstehen. In Wahrheit agiert sie
machtdarwinistisch und wartet, bis sich für sie günstige
Gelegenheiten ergeben.
Und das ist das Problem, denn die digitale Gesellschaft in
Deutschland steht vor zwei riesigen Aufgaben, deren Lösung durch
machttaktische Spielchen immer schwieriger wird:
- die Wiederherstellung der Grundrechte, die durch den behördlichen
Missbrauch des Internets zu Totalüberwachung permanent gebrochen werden,
- der Ausbau einer digitalen, netzneutralen Infrastruktur, die als
Grundlage für kommende Generationen ungleich wichtiger ist als
schwarze Nullen.
Psychologen kennen im Zusammenhang mit der Überwindung von Blockaden
den Rumpelstilzchen Effekt.
Wer ein Problem benennen und ansprechen kann, der kann sich leichter damit
konfrontieren. "Sprachtabus" andererseits helfen, eine Sache mehr zu fürchten.
Wie
"Der, dessen Name nicht genannt werden darf".
Der umgekehrte Rumpelstilzchen Effekt macht das Benennen mit einem Namen
allgemeiner bekannt und wichtig. Beispiele sind die "Heartbleed"
Gefahr für Computer oder die "Schweinegrippe".
Das Bennenen hat die Gefahren mehr bewusst gemacht
und damit geholfen, damit umzugehen. Und Angst ist oft irrational.
Das Benennen kann auch helfen: Mediziner kennen das
Rumpelstilzchen Syndrom: das Benennen einer
Krankheit kann helfen, damit umzugehen. Wenn ein Arzt einem
Patienten sagt, er habe "ein Ekzem", dann macht das keinen Eindruck.
Wenn der Arzt aber sagt, man habe ein "Erythroderma Universalis"
(was übersetzt "allgemein gerötete Haut" heisst),
dann fühlt der Patient, dass der Arzt die Sache unter Kontrolle hat.
Deshalb nennt man "Erschöpfung" heute auch "Burn-out". Der Name
hilft, die Schwäche akzeptabel zu machen. Das Benennen gibt uns Sicherheit
und hilft, das Tief zu überwinden.