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www.rhetorik.ch aktuell: (15. Jun, 2014)

10 Reden in der Schweiz

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Felix Müngers Buch "Reden die Geschichte schrieben. Stimmen zur Schweiz" das im Verlag "Hier und Jetzt" gerade erschienen ist, wurde im Tagi besprochen. Auf SRF sind Tonquellen und Zusammenfassungen. Felix Münger hat 10 Beispiele ausgesucht, die vom Jahre 1914 bis 1992 reichen:



Carl Spitteler 1914

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Robert Grimm 1918

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Marcel Pilet-Golaz 1940

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Eduard von Steiger 1942

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Hans Peter Tschudi 1965

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Emilie Lieberherr 1969

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Aerschnd Born 1975

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Elisabeth Kopp 1988

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Friedrich Duerrenmatt 1990

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Christoph Blocher 1992

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Auswahl von Reden sind natürlich immer auch eine Sache des Geschmacks und politischer Richtung. Man kann sich zum Beispiel darüber streiten, ob die verwirrende Rede von Pilet-Golaz wichtiger war als der Ruetli Rapport aus dem gleichen Jahre 1940 von General Guisan (die von eher konservativen Kreisen wohl gewählt worden wären). Die SRF hat ein Teil der Rede im Ton. Eine Liste der 100 besten Amerikanischen Reden. Darunter etwa Roosewelt nach Perl Harbor, Kennedy in Berlin oder Martin Luther King.

Aus dem Tagi:

"I have a dream", "Ich bin ein Berliner", "Wollt ihr den totalen Krieg?" - Einzelne Sätze historischer Reden haben sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt. In beschränktem Mass gilt das auch für die Schweiz: Auch hier wurden Ansprachen gehalten, von denen Schlüsselsätze zum zitierfähigen Allgemeingut wurden. So Friedrich Dürrenmatts Rede von 1990 über die "Schweiz als Gefängnis" oder die Ansprache von 1942, in der Bundesrat Eduard von Steiger das Bild der Schweiz als "kleines Rettungsboot mit beschränktem Fassungsvermögen" prägte. Im -Kollektivgedächtnis ist diese Rede zur Parole geschrumpft, die immer dann -zitiert wird, wenn die Schweiz von Überfremdungsangst geplagt wird: Aus dem "kleinen Rettungsboot mit beschränktem Fassungsvermögen" wird dann "das Boot ist voll". Angesichts solcher Verkürzungen ist es verdienstvoll, dass der Historiker und Radiojournalist Felix Münger in seinem Buch zehn Reden aus dem 20.#Jahrhundert versammelt hat, die bedeutend sind für das Verständnis der Schweizer Historie. Neben den Ansprachen von Dürrenmatt und von Steiger findet sich darin auch das Statement, mit dem Elisabeth Kopp 1988 ihren Rücktritt als Bundesrätin erklärte. Emilie Lieberherrs Ansprache an einer Kundgebung für die Gleichberechtigung, mit der sie 1969 in Bern dem Frauenstimmrecht zum Durchbruch verhalf, ist ebenso nachgedruckt wie die Albisgüetli-Rede, mit der Blocher 1992 seine Getreuen auf die bevorstehende EWR-Abstimmung einschwor. Weniger gegenwärtig sind die Rede des SP-Nationalrats und Arbeiterführers Robert Grimm anlässlich des Landesstreiks von 1918 oder jene Carl Spittelers, mit dem der Schweizer Literatur-nobelpreisträger 1914 den nationalen Zusammenhalt und die Neutralität des Landes forderte. Münger geht es bei seiner Auswahl nicht um die rhetorische Qualität der Reden. Sondern darum, Schlaglichter auf die Schweizer Geschichte zu werfen. Deshalb gibt es zu jeder Rede eine umfangreiche Einleitung, in dem der Kontext skizziert wird. Zudem ist Münger darum bemüht, die Redesituationen atmos-phärisch dicht zu beschreiben, damit man sie beim Lesen sozusagen "live" nacherleben kann. Zur Rede Eduard von Steigers gibt es also nicht nur eine kompakte Darstellung der schweizerischen Flüchtlingspolitik während des Zweiten Weltkriegs. Vielmehr vermittelt Münger auch, warum das Bild vom Rettungsboot bei von Steigers Zuhörern keine Wellen warf: Die jungen Protestanten, die sich im August 1942 im Hallenstadion zu einer Landsgemeinde einer kirchlichen Organisation versammelt hatten, waren nicht mehr aufnahmefähig, da sie schon zu viele Ansprachen und Predigten -hören mussten. Münger wählte auch Ansprachen, die fast vergessene Ereignisse vergegenwärtigen, so etwa die Katastrophe, die sich 1965 beim Bau des Mattmark-Staudamms im Wallis ereignete. Bei dem Bergsturz kamen 88#Arbeiter ums Leben, weil man ihre Unterkünfte in der Falllinie des Gletschers gebaut hatte. Die Rede, die Bundesrat Hans Peter Tschudi nach der Tragödie hielt, gehört zu den Unsternstunden der Schweizer Geschichte: Tschudi war nämlich der felsenfesten Überzeugung, das Schweizervolk habe den "biblischen Auftrag", den "ihm zustehenden Teil der Erde untertan zu machen". Damit macht er die toten Arbeiter, die vornehmlich italienische Gastarbeiter waren, zu Opfern einer helvetischen Landnahme im Auftrag Gottes.

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