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www.rhetorik.ch aktuell: (22. Mai, 2014)

Gerichtsurteil um Bildveroeffentlichung

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
In der BILD vom 10.05.2012 wurde von einem Raubüberfall vom Profifussballer Aogo berichtet. Unter der Überschrift "Aogo am Ballermann ausgeraubt" las man: im Original:
Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir HSV-Star Dennis Aogo (25) in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann. Jetzt wurde er Opfer einer Straftat. Aogo wurde bei der Saisonabschluss-Reise des HSV auf Mallorca überfallen, Uhr und Brieftasche gestohlen. Es passierte in den frühen Morgenstunden auf der Party-Meile in El Arenal. Als der von Jogi Löw für die EM ausgebootete Nationalspieler eine Bar verliess, überfielen ihn Diebe. Es handelte sich um eine rumänische Bande, die für ihr brutales Auftreten berüchtigt ist. Die Polizei hatte sie schon länger im Visier. Glück für Aogo. Verdeckte Ermittler griffen ein, nahmen die Täter fest. Ein Polizist gab Aogo die teure Armbanduhr (IWC Top Gun, Preis: ca. 8000 Euro) zurück. Die Brieftasche ist verschwunden.
Die Foto ist unterdessen weggenommen worden, denn eine Frau, die im Bikini ohne ihr Wissen fotographiert worden ist, war auf dem Bild zu sehen. Das Gericht gab der Frau recht. Es wurde jedoch keine Entschädigung ausgezahlt.

Focus:
Im Bikini ohne sein Wissen zufällig abgelichtet zu werden und das Foto dann in der Zeitung wiederzufinden, muss sich niemand gefallen lassen. Das Oberlandesgericht in Karlsruhe (OLG) gab in einem am Dienstag bekanntgegebenen Urteil der Klage einer Frau statt, die sich im Hintergrund eines Strandfotos wiedersah, das die "Bild"-Zeitung von einem Fussballstar gemacht hatte (Az.: 6 U 55/13). Die Veröffentlichung des Bildes sei zu unterlassen, entschieden die Richter: "Das Interesse der Leser an blosser Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmässig ein geringeres Gewicht." Ein Anspruch auf Schadenersatz habe die Frau jedoch nicht. Verpixelung oder Augenbalken Der Schnappschuss von dem Fussballer mit der Frau im Hintergrund war von der Zeitung im Juni 2012 gedruckt worden - versehen mit der Bildunterschrift "Sonne, Strand, Strauchdiebe. Gestern sahen wir ... Star A. in pikanter Frauen-Begleitung am Ballermann...". Die Klägerin geriet zufällig auf ihrer Strandliege mit aufs Bild - obwohl sie mit dem Sportler in keinerlei Beziehung stand. "Ohne ihre Einwilligung hätte sie nicht zur Schau gestellt werden dürfen", so die Richter. Ausserdem wäre es der Zeitung ohne weiteres möglich gewesen, "die Klägerin durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen".
Recht am Bild:
Wird eine mit Bikini bekleidete Frau zufällig neben einem Prominenten gezeigt, stellt dies eine Persönlichkeitsrechtsverletzung dar, die zu unterlassen ist. (...) Die Veröffentlichung des Fotos habe die Frau im Bikini in ihrem Recht am eigenen Bild (§ 22 KUG) verletzt und zugleich in das nach § 823 Abs. 1 BGB geschützte allgemeine Persönlichkeitsrecht eingegriffen. Die Aufnahme zeige die Abgebildeten am Strand, mithin in ihrem Alltagsleben bei Tätigkeiten, die grundsätzlich dem privaten Bereich zuzurechnen seien. Die Frau sei erkennbar und hätte in eine Veröffentlichung des Fotos einwilligen müssen. Eine Ausnahme nach § 23 KUG lag nicht vor. § 23 Nr. 1 KUG konnte nicht angewandt werden, weil es sich nicht um ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte handelte. Massgeblich sei, ob ein durch ein echtes Informationsbedürfnis gerechtfertigtes Interesse der Allgemeinheit an der bildlichen Darstellung gerade der Betroffenen bestehe. Die möglicherweise rechtmässige Ablichtung des Fussballprofis sei unabhängig von der Ablichtung der Frau im Bikini zu bewerten, da sie in keinerlei Beziehung zu ihm stehe. Jedenfalls aber würde bei einer Interessenabwägung dem Interesse der Frau am Recht am eigenen Bild gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit der Vorrang einzuräumen sein. Das Interesse der Leser an blosser Unterhaltung habe gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmässig ein geringeres Gewicht. Es sei einem Presseunternehmen ohne weiteres möglich gewesen, die Frau durch Verpixelung oder Augenbalken unkenntlich zu machen. Darüber hinaus könnten Teile der Leserschaft die Veröffentlichung auch zum Anlass für Spekulationen darüber nehmen, ob es sich bei der Klägerin um die in dem Artikel genannte pikante Frauenbegleitung" handele. Auch sei die Veröffentlichung nicht deshalb gerechtfertigt, weil nach § 23 I Nr. 2 KUG Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Öffentlichkeit erschienen, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden dürften. Schon dem Wortlaut nach geht es nämlich nur um Abbildungen, bei denen die Örtlichkeit den Gehalt des Bildes prägt. Es geht gerade nicht um Personen, die im Fokus stehen. Eine entsprechende Anwendung dieser Ausnahmevorschrift komme nicht in Betracht, da damit Personen, die rein zufällig mit einer prominenten Person abgebildet würden, ohne diese zu begleiten, schlechter gestellt würden als Begleitpersonen von prominenten Personen, bei denen nach der Rechtsprechung eine alltägliche Begleitsituation nicht ohne weiteres die Veröffentlichung eines Begleiterfotos rechtfertige. Die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin rechtfertige jedoch nicht die Zahlung einer Geldentschädigung. Regelmässig werde ein solcher Anspruch nur dann gewährt, wenn über die Persönlichkeit an ihrer Basis verfügt werde, also etwa bei schweren Eingriffen in die Intim- und Privatsphäre oder bei unwahren Behauptungen von besonderem Gewicht für die Persönlichkeit oder bei gewichtiger Diffamierung in der Öffentlichkeit. Ein solch schwerwiegender Eingriff liege hier nicht vor. Das Foto sei am Strand aufgenommen worden und die Klägerin situationsadäquat gekleidet. Die Abbildung sei weder als anstössig noch als obszön zu beurteilen. Das Gericht betont erneut, was vielen unbekannt ist: Es besteht zwar regelmässig ein Unterlassungsanspruch, d.h. die Fotos müssen entfernt werden. Nicht jede rechtswidrige Fotoveröffentlichung führt jedoch auch automatisch zu einer Geldzahlung an den oder die Betroffenen. (...)
Das Gerichtsurteil

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