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www.rhetorik.ch aktuell: (28. Apr, 2014)

Wirbel um einen Witz

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Es gibt Politiker, die sind sich immer noch zu wenig bewusst, dass ihre Gegner ständig darauf lauern, jeden verbalen Ausrutscher sofort dankbar aufzunehmen um ihn medial auszuschlachten. So wie Politiker Brüderle nach seiner Bemerkung über eine Frau mit ihrem schönen Busen einen Medienwirbel verursacht hatte und beinahe daran gestolpert war, hätte Bundesrat Maurer wissen müssen, dass er sich in der jetzigen Situation keine zusätzlichen Patzer mehr leisten kann. Er hätte auch wissen müssen, dass sein Altherrenwitz nicht in einem Schonraum ausgesprochen wurde. Jo Lang - der Erzfeind Maurers - und alle andern Maurer Gegner (nach seiner Medienschelte sind es wohl nicht wenige Journalisten) haben die Empörung umgehend über den fragwürdigen Witz in den Leitmedien ausgekostet. Dank des Dominoeffektes führte am Montagmorgen die fahrlässige Aussage zu einem Medienwirbel. Die Geschichte kam umgehend auf die Frontseite verschiedener Medien.
Jo Lang von der GSoA meinte auf Twitter: Maurer muss weg. Ob der Witz dem Verteidigungsminister schadet ist nicht klar. Falls der Medienwirbel als gezielte Aktion gegen den unliebsamen Verteidigungsminister gewertet wird, könnte die negative Wirkung abflachen. Auf jeden Fall zeigt der Fall, dass Politiker immer Gefahr laufen, im falschen Moment ins Fettnäpfchen zu treten. Denn es gibt Themen, die heikel sind.

20 Min:
"Wie viele Gebrauchtgegenstände, die 30 Jahre alt sind, haben Sie noch zuhause?", fragte Verteidigungsminister Ueli Maurer an einer Pro-Gripen-Veranstaltung in Zug vor versammelter Menge. Der Bundesrat gab die Antwort gemäss zentral-plus "Bei uns sind das nicht mehr viele, ausser natürlich die Frau, die den Haushalt schmeisst." Mit dem Spruch wollte er die Zuhörer überzeugen, dass die 30-jährigen Tiger-Kampfjets ersetzt werden müssen. Der Auftritt wirft bereits hohe Wellen: "Die Jungen Grünen sind empört über den respektlosen Altherrenwitz", schreibt die Partei in einer Mitteilung. Die Aussage sei "absolut sexistisch und frauenverachtend". Die Jungen Grünen fordern nun eine öffentliche Entschuldigung, wie sie in einer Mitteilung schreiben. Der ehemalige Nationalrat Jo Lang geht noch einen Schritt weiter und findet, dass Ueli Maurer nach einer solchen "Frauenbeleidigung" als Bundesrat nicht mehr tragbar ist.
Limmattalerzeitung:
2011 witzelte er vor der Abstimmung zur Waffenschutzinitiative: "Ich habe den Eindruck, wir haben komische Frauen in der Schweiz. Sie heiraten Verbrecher, und kaum sind sie verheiratet, werden sie von morgens bis abends mit einer Waffe durch die Wohnung gejagt." Rita Gygax, damalige Präsidentin der SVP Frauen, reagierte verärgert: "Es war nicht gerade die geschickteste Aussage." Über häusliche Gewalt dürfe man sich nicht lustig machen.
Es wird interessant sein, ob die Reaktion der Bevölkerung ähnlich ist, wie die der Journalisten. Natürlich fallen die Meinungen nach politischer Farbe anders aus: Maurers Parteikolleginnen nehmen ihm den Spruch nicht übel. Von SP Politikerinneb hört man daher eher Kritik.

Nachtrag: Die Vorgeschichte zeigt, dass erst in Zug eine Medienkampagne losgetreten wurde, denn für Ueli Maurer ist dieser "frauenfeidnliche" Witz nichts Neues. Er wurde jedenfalls vor dem Aufritt in Zug von der Oeffentlichkeit immer toleriert: Das Westschweizer Fernsehen RTS strahlte eine Sequenz von einem Auftritt Maurers vor Wochenfrist in Neuenburg aus, wo er den Scherz offenbar ein erstes Mal machte - auf Französisch. Wie die "Schweizer Illustrierte" berichtet, kam zudem auch das St. Galler Publikum bereits am vergangenen Donnerstag in den "Genuss" der fragwürdigen Aussage - wenn auch in leicht abgeänderter Form. "Wenn zu Hause etwas über 30 Jahre alt ist, entsorgen sie es ja auch", soll Maurer an einer Veranstaltung der Industrie- und Handelskammer St. Gallen/Appenzell gesagt haben. Dabei habe der Verteidigungsminister plötzlich in fröhliche Gesichter geblickt, rapportiert das Blatt - und dann sei auch bei Maurer "der Fünfer gefallen": "Denken Sie jetzt bitte nicht an ihre Frau zu Hause." ... dann Holziken AG Bei einer SVP-Veranstaltung in Holziken AG vom letzten Samstag variierte Maurer den Spruch dann abermals. "Überlegen Sie sich, was zu Hause nach 30 Jahren noch funktioniert?", fragte er dort laut der "Aargauer Zeitung" sein Publikum. Und Maurer antwortete gleich selbst: "Bei mir ist es nur noch die Frau!" Für Empörung schien dies jedoch nicht gesorgt zu haben. Erst nach dem Auftritt in Zug gelang es Jo Lang in der Medienlandschaft ein Feuer der Empörung entfachen. Wie vermutet, könnte nun der inszenierte Protest bereits zum Bumerang werden.

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