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www.rhetorik.ch aktuell: (27. Feb, 2014)

Erdogan in Bedraengnis

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In einem Telefonmitschnitt soll der türkische Premier mit seinem Sohn über einen zehn Millionen Dollar Deal gesprochen haben. Ist das ein Beweis für Korruption oder eine Schmutzkampagne? Schlimm ist es jedenfalls für den Premier. Das Youtube Dokument wurde 4 Millionen mal gesehen. Hier ist ein Ausschnitt:

Direct Media Links: Webm, Ogg Quicktime.
Quelle [MP3].


Aus dem Spiegel:
Am späten Mittwochabend lud erneut ein anonymer Nutzer ein Video auf YouTube hoch und kündigte es per Twitter an. Die Whistleblower nennen sich "Haramzadeler", wörtlich "sündige Herrschaften", und bereiten der Regierung von Erdogan seit Wochen Kopfschmerzen. In dem neuesten Video sprechen zwei Männer auf Türkisch knapp eine Minute lang miteinander, es sind die Stimmen eines älteren und eines jüngeren Mannes zu hören - eben angeblich Erdogan und sein Sohn. Der Ältere sagt zum Jüngeren, er solle eine Zahlung über zehn Millionen Dollar ablehnen. Der Zeitung "Today's Zaman" zufolge geht es dabei um Geld von Sitki Ayan, einem Geschäftsmann aus der Ölbranche, dem die Regierung die Genehmigung für neue Leitungen zwischen Iran und der Türkei gegeben hat. Der angebliche Erdogan sagt, die Summe sei zu niedrig. "Nimm es nicht. Er soll liefern, was auch immer er uns versprochen hat. Wenn er das nicht zahlt, brauchen wir es nicht", ist zu hören. "Die anderen zahlen. Warum tut er es nicht? Was denken die, was das für ein Geschäft ist?" Am Ende beruhigt er den Jüngeren: "Aber keine Sorge, am Ende fällt es uns in den Schoss." Es ist das zweite Video in dieser Woche, das Erdogan in Erklärungsnot bringt. Am Montagabend waren Mitschnitte von Telefonaten aufgetaucht, in denen der Ältere dem Jüngeren befiehlt, mehrere Millionen Euro, Dollar und türkische Lira in Sicherheit zu bringen. Diese Gespräche sollen ausgerechnet am 17. und 18. Dezember geführt worden sein, als die Korruptionsaffäre begann und Ermittler Razzien bei hochrangigen Politikern und Geschäftsleuten durchführten. In dem fünften Gespräch sagt der angebliche Sohn, es seien immer noch 30 Millionen Dollar nicht beiseite geschafft worden. Seit Beginn der Affäre steht auch Bilal Erdogan im Verdacht, in Korruption verwickelt zu sein. Anfang Februar wurde er in Istanbul von der Staatsanwaltschaft befragt, nachdem seine Vernehmung durch die vorherige Strafversetzung von Ermittlern verhindert worden war. Der Vorwurf lautet, er habe als Chef einer Stiftung, die Studenten- und Schülerwohnheime baut und betreibt, Vorteile bei der Vergabe von Grundstücken und Baurechten bekommen. Geschäftsleute, die ebenfalls unter Korruptionsverdacht stehen, sollen der Stiftung grosszügig Land zur Verfügung gestellt oder kostenlos für sie gearbeitet haben. Türkischen Zeitungsberichten zufolge wurde Bilal Erdogan monatelang abgehört und beschattet. Der Staatsanwaltschaft hätten demnach Protokolle von Telefongesprächen sowie Fotos vorgelegen - nach Ansicht von Premier Erdogan illegale Dokumente, da die Ermittler kein Recht gehabt hätten, seinen Sohn abzuhören. Die Regierung wirft den Staatsanwälten ohnehin vor, bis zu 7000 Politiker, Geschäftsleute, Journalisten und Künstler unrechtmässig belauscht zu haben. Die Regierung weist die immer neuen Mitschnitte als "Fälschungen" zurück. Das seien "unmoralische Montagen", sagt Erdogan, ein "dreckiges Komplott" seiner Gegner, um ihn zu stürzen. Damit meint er seinen einstigen Weggefährten Fethullah Gülen und sein Netzwerk, mit dem er sich einen erbitterten Machtkampf liefert. Erdogan ist in der Defensive. Am Dienstag sprach er von einer "Roboterlobby", die am Werk sei. Ein früher veröffentlichtes Telefonat mit einem Manager des Nachrichtensenders Habertürk, in dem der Regierungschef in die Berichterstattung eingreift, hatte der Regierungschef eingeräumt. Er sei da aber nur gegen "Beleidigungen" vorgegangen, sagte er. Der bizarre Kampf um die Aufnahmen wird vor allem im Internet geführt. Auf Twitter und Facebook posten Erdogan-Anhänger angebliche Beweise, wonach die Mitschnitte gefälscht sind. Seine Gegner wiederum verbreiten ihre Ansicht, wonach die Aufnahmen echt sind. Selbst neutrale Beobachter sind sich uneinig. Manche weisen darauf hin, dass eine Verwicklung der Familie Erdogan in das Gesamtbild passe. Andere wiederum verweisen darauf, dass die Gespräche wie abgelesen klingen und Erdogan, der selbst in einem der Gespräche darauf verweist, man werde abgehört, solche Telefonate niemals führen würde. Für die Opposition sind sie so oder so ein Geschenk - sie nutzt sie, um damit Wahlkampf zu machen. Am 30. März sind Kommunalwahlen, von denen eine Richtungsentscheidung erwartet wird. Bis dahin dürften weitere Videos auftauchen.

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