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www.rhetorik.ch aktuell: (14. Feb, 2014)

Fall Edathy

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Ein politischer Skandal in Deutschland heisst "Fall Edathy". Der Fall ist spannend für die Medien, denn es gibt viele Rätsel: hat der Politiker verbotene Bilder gekauft? Sind Bilder von nackten Jungen Pornographie? Wo sind die Grenzen? Sind Bilder wie diese heute schon verboten? Hat sich die Staatsanwaltschaft verrannt und vorverurteilt? Waren Hausdurchsuchungen angebracht? Hat jemand den Politiker vorgewarnt? Hat der Politiker Material vernichtet? Wie reagieren Politiker und Kollegen, die eine heisse "Kartoffel" fallen lassen müssen? Die Sache ist brisant und spannend wie ein Kriminalroman, denn es könnte noch Überraschungen geben. Der Ausgang der Geschichte ist offen.

Der Spiegel:
Politische Skandale laufen meist nach dem gleichen Muster ab. Etwas geht schief, es wird irgendwie gemauschelt und vertuscht. Dann kommt die Sache doch heraus - und alle Beteiligten rufen: "Rette sich, wer kann!" So ist es auch im Fall Sebastian Edathy zu beobachten. Jetzt ist der Skandal da - und keiner will es gewesen sein. Das ist menschlich, führt aber nur zu neuen Fragen und Widersprüchen. Damit ist eines sicher: Die Affäre Edathy beginnt jetzt erst. Die Besonderheit dieses Skandals besteht darin, dass so viele Spitzenleute mehr oder weniger stark davon betroffen sind. Ja, sie alle haben womöglich Fehler begangen. Das gilt es jetzt aufzuklären. Es muss genau hingeschaut werden.
Die Staatsanwaltschaft hat schon über den Verdacht berichtet: der Politiker soll 31 Bilder in Kanada gekauft haben. Edathy legte sein Mandat nieder, doch Durchsuchungen von seinen Computern haben nichts zu Tage gebracht. Die Sache ist komplizierter, weil nach Spiegel:
Edathy möglicherweise von dem bevorstehenden Ermittlungsverfahren wusste und deshalb am vergangenen Freitag seinen Rücktritt aus dem Bundestag erklärte, um einem Verfahren auf Aufhebung der Immunität zuvorzukommen. Die Frage stellt sich deshalb, ob und von wem Edathy gewarnt worden sein könnte.
Edathy selbst meint, er sei nicht gewarnt worden und bestreitet die Vorwürfe, illegales gemacht zu haben. Spiegel:
SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy hat Kontakte zu Tippgebern bestritten, die ihn vorab über die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen in Kenntnis gesetzt haben könnten. In einem Interview mit dem SPIEGEL verwies er darauf, lediglich auf Presseberichte reagiert zu haben. "Mitte November 2013 gab es in der deutschen Medienlandschaft Berichte, wonach eine Firma in Kanada von dortigen Behörden der Verbreitung illegalen Materials bezichtigt werde", sagte Edathy. "Da mir erinnerlich war, bei einer kanadischen Firma, um die es mutmasslich ging, vor etlichen Jahren Material bezogen zu haben, das ich für eindeutig legal halte, habe ich einen Anwalt um Beratung gebeten." '
Nachtrag vom 15. Februar: Spiegel:
Warum verletzte Friedrich das Dienstgeheimnis? Warum konnte Gabriel den Mund nicht halten? Warum rief Oppermann beim BKA an? Warum wusste die Kanzlerin wieder mal von nichts? Aus lauter Angst, Fehler zu machen, haben Spitzenpolitiker in der Affäre Edathy alles falsch gemacht. ANZEIGE Ursprünglich ging es hier einmal um eine Einzelperson, um die deviante Sexualität eines Bundestagsabgeordneten, Bilder von nackten Jungen, staatsanwaltliche Ermittlungen. Nun erlebt Deutschland gerade etwas, was man sonst nur aus Ländern kennt, auf die die Deutschen gewöhnlich herabblicken: eine Regierungskrise. Dafür ist aber nicht die traurige Neigung des ehemaligen SPD-Abgeordneten Sebastian Edathy verantwortlich, sondern der Mangel an Führungs- und Verantwortungsbereitschaft an der Regierungsspitze. Die Affäre Edathy wirft ein trübes Licht auf die Beteiligten. Vor allem auf Sebastian Edathy, den unglücklichen SPD-Politiker, der dem SPIEGEL sagte: "Ich erwarte keine Besserstellung gegenüber anderen Bürgern, aber ebenso keine Schlechterstellung." Aber schlechter kann man nicht mehr gestellt sein als einer, auf dessen Namen der Schatten der Pädophilie fällt. Kindesmissbrauch ist es auf alle Fälle, wenn in irgendeiner elenden Ecke im Norden Rumäniens Nacktfilme von kleinen Jungen gedreht werden und sie dafür ein paar Münzen bekommen. Im neuen SPIEGEL kann man über die Hinterzimmer in den armseligen Dörfern und Siedlungen an der Grenze zur Ukraine lesen, wo die Leute keine Arbeit haben und fünf Euro eine Menge Geld sind. Von da ist es heute nicht weit bis zum Rechner eines deutschen Bundestagsabgeordneten. Edathy soll von einer kanadischen Firma nicht-pornografische Nacktaufnahmen von Kindern und Jugendlichen gekauft haben. Sexuelle Handlungen sind offenbar nicht zu sehen, und eine Fokussierung auf den Genitalbereich liegt wohl nicht vor. In einem internen BKA-Vermerk wird das Bildmaterial als "strafrechtlich irrelevant" eingestuft. Aber das spielt schon keine Rolle mehr. Nicht die juristische Dimension macht den Fall Edathy zur Affäre - sondern der politische Dilettantismus.
Nachtrag vom 2. März: Spiegel:: Auch das Bundeskriminalamt hat ein Problem, weil ein Beampter der Behörde auf der Liste stand. Spiegel vom 28. Februar, 2014.
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