Jen Psakis hat keinen beneidenswerten Job. Die Chefsprecherin des State
Departments hat alle Hände voll zu tun, den "Fuck"-Fauxpas der
US-Europaberaterin Victoria Nuland schönzureden. Dabei gerät
sie schliesslich so aus dem Konzept, dass sie sich hilflos verhaspelt. "Es
ist Freitag", seufzt sie. "Ich bitte um Verzeihung."
(...)
Im Mittelpunkt stehen dabei aber weniger die diplomatischen Verstimmungen,
die das abgehörte Telefonat Nulands mit Geoffrey Pyatt, dem
US-Botschafter in der Ukraine, vor allem in Europa ausgelöst hat.
Sondern die mehrfach wiederholte, geradezu ungläubige Frage: Wie
konnte es passieren, dass eine so hohe US-Beamtin in eine Abhörfalle
tappte?
Nuland und Pyatt hätten offenbar über ungeschützte
Mobiltelefone gesprochen, meldete die Agentur Reuters am Abend unter
Berufung auf mit dem Fall vertraute US-Kreise. Pyatt habe sich dabei
in der Ukraine befunden, der damalige Aufenthaltsort Nulands sei bisher
unbekannt. Das Gespräch sei "wahrscheinlich" auf ukrainischer Seite
abgefangen worden.
Die Abhörer der Welt - plötzlich selbst abgehört: Das
scheint die Amerikaner an der Affäre zunächst am meisten zu
irritieren. Kein Wunder, dass Psaki sich um Antworten drückt.
"Allen Angestellten des Aussenministeriums ist Datenverschlüsselung
verfügbar", weicht sie aus und verrät dann aus Versehen gleich
den Hersteller besagter Dienst-Handys: "Alle Blackberry-Geräte im
Besitz des State Department haben Datenverschlüsselung."
Dann fügt sie einen kleinen, aber umso wichtigeren Satz hinzu:
"Sie haben allerdings keine Stimmverschlüsselung."
Die Reporter können's kaum glauben. Gilt das auch für
US-Aussenminister John Kerry? Psaki eiert herum. "Als geheim
eingestufte Gespräche", sagt sie, sichtlich irritiert, seien auf
Dienstgeräten jedenfalls "verboten". Man habe aber "eine Reihe
anderer Möglichkeiten", solche Top-Secret-Dialoge abzuwickeln.
Dieser Möglichkeiten bediente sich Nuland jedoch nicht. US-Medien
zitierten entsetzte Geheimdienstkreise: "Nicht zu glauben", dass Nuland
so was riskiert habe - auf einer "ungesicherten Leitung, die angezapft
wurde".
Die Geheimdienstnation USA, die alle anderen anzapft, erwartet mehr
von sich selbst: "Dafür muss man die NSA verantwortlich machen!",
schimpfte CNN-Anchorman Wolf Blitzer, scheinbar blind für die Ironie
der Situation.
Dass Politiker auf den Komfort ihrer flotten Smartphones nicht verzichten
wollen, auch wenn diese ungeschützt sind, ist freilich nichts Neues -
auch in Deutschland. So bekannte der damalige Wirtschaftsminister Philipp
Rösler bei einem Besuch voriges Jahr im Silicon Valley:
"Jeder weiss, dass wir unsere privaten Telefone benutzen, obwohl
es verboten ist."Zwar bleibt weiter offen, wer den Mitschnitt des
Nuland-Gesprächs anfertigte und wer ihn lancierte. Doch scheinen es
Experten gewesen zu sein: "Es war ziemlich eindrucksvolle Spionagearbeit",
staunte selbst Nuland vor Journalisten in Kiew. "Der Ton war sehr klar."
Der Kontext ist aber weiter unklar. Auch könnte die Aufnahme
zusammengeschnitten sein, um einer bestimmten Agenda Vorschub zu
leisten. Dass eine Agenda dahintersteckt, legt ein zweiter, in diesem
Zusammenhang ebenfalls auf YouTube publizierter Mitschnitt nahe. In
dem beklagt sich die stellvertretende EU-Aussenbeauftragte Helga Schmid
beim EU-Botschafter in der Ukraine, Jan Tombinski, wiederum über
die Amerikaner. Russischer Untertitel: "Wie sie die Ukraine spalten."