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Der italienische Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat sich
nach seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs
empört über das Urteil der Richter am Kassationsgericht
geäussert. Der Schuldspruch entbehre jeglicher Grundlage und
beraube ihn seiner politischen Rechte, kritisierte der 76-jährige
Berlusconi in einer Videobotschaft. Der Ex-Regierungschef wirkte sichtlich
erschüttert und ernüchtert, seine Stimme zuweilen gebrochen. Er
musste sogar mehrmals gegen die Tränen kämpfen.
Gestern hatte das Kassationsgericht in Rom in letzter Instanz
Berlusconis Verurteilung zu vier Jahren Haft wegen Steuerbetrugs für
rechtskräftig erklärt. Die Richter ordneten aber zugleich
an, dass über das fünfjährige Ämterverbot gegen
den Medienunternehmer nochmals gerichtlich entschieden werden muss. Im
konkreten Fall ging es um Steuervergehen im Zusammenhang mit dem Verkauf
von Filmrechten für Berlusconis Mediaset-Konzern. Es ist das erste
Mal, dass er rechtskräftig verurteilt wird.
Er sei das Opfer "einer unglaublichen Serie von Anschuldigungen und
Prozessen, die mit der Realität nichts zu tun hatten", klagte
Berlusconi in seiner rund neunminütigen Videobotschaft. Die
Entscheidung "beraubt mich meiner Freiheit und meiner politischen
Rechte". Der Ex-Ministerpräsident sass während seiner Rede
an einem Tisch, im Hintergrund waren die Flaggen Italiens und der
Europäischen Union zu sehen.
Berlusconi signalisierte in der Videobotschaft, dass er der Politik
ungeachtet des Urteils nicht den Rücken kehren will. Er kündigte
an, die von ihm gegründete politische Bewegung Forza Italia
wiederzubeleben.
Dass Berlusconi nach dem Urteil ein Gefängnisaufenthalt droht, ist
unwahrscheinlich. Nach einer allgemeinen Amnestie, die dazu dienen soll,
Italiens Haftanstalten zu leeren, wird die vierjährige Haftstrafe
pauschal um drei Jahre reduziert. Die niedrigere Strafe von einem Jahr
wird in Italien in der Regel nicht vollstreckt. Im Fall Berlusconis
kommt noch sein hohes Alter hinzu und fehlende Vorstrafen. Berlusconi
darf sich wahrscheinlich aussuchen, ob er statt der Haftstrafe ein Jahr
gemeinnützige Arbeit leistet.
Ein Mailänder Gericht hatte im Oktober vier Jahre Haft gegen den
76-Jährigen verhängt sowie ein fünfjähriges Verbot,
öffentliche Ämter zu bekleiden. Dagegen ging Berlusconi in
Revision, doch ein Berufungsgericht bestätigte das Urteil. Das
Kassationsgericht war nun die letzte Instanz.
Die Verurteilung könnte auch Auswirkungen auf die brüchige
Regierungskoalition von Ministerpräsident Enrico Letta haben. Sie
wird von Berlusconis Mitte-Rechts-Partei Volk der Freiheit mitgetragen.
Berlusconi selbst hat aber erklärt, der Richterspruch solle keinen
Einfluss auf die Regierungspolitik haben. Letta rief am Abend zur
Besonnenheit auf. "Zum Wohle des Volkes" sei es nötig, dass nun
"ein Klima der Gelassenheit" die Oberhand behalte.
Ein Parteifreund Berlusconis, der frühere Justizminister Nitto
Palma, versicherte: "Das Urteil hat keine Auswirkung auf den Fortbestand
der Koalition." Die Partei Volk der Freiheit werde die Regierung Letta
weiter unterstützen.
Die Opposition sieht Berlusconis jahrzehntelange Karriere unterdessen
am Ende. Der Vorsitzende der "Fünf-Sterne-Bewegung", Beppe Grillo,
schrieb in seinem Blog: "Berlusconi ist tot." Er verglich die Verurteilung
Berlusconis mit dem Fall der Berliner Mauer.
Ein weiteres Berufungsverfahren gegen Berlusconi steht noch aus. Im
sogenannten Ruby-Prozess hatte ein Gericht den Ex-Ministerpräsidenten
wegen Sex mit einer Minderjährigen und Amtsmissbrauchs zu sieben
Jahren Haft verurteilt. Sollte das Urteil in einem Berufungsverfahren
bestätigt werden, droht Berlusconi sogar ein lebenslanges Verbot,
öffentliche Ämter zu bekleiden.