Migros:
Wie sag ichs dem Chef?
Sie möchten Ihr Arbeitspensum zugunsten der Familie reduzieren
oder zu Hause arbeiten? Das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten
ist entscheidend. Kommunikationsberater Marcus Knill gibt zehn Tipps
für das richtige Vorgehen:
1. Vorbereitung
Erstellen Sie einen Argumentationskatalog: Welches sind die Vorteile
meines Vorschlags (Telearbeit, reduziertes Pensum, etc.)? Listen Sie
mögliche Gegenargumente und die Antworten darauf auf. Antizipieren
Sie den Kompromissvorschlag des Chefs und überlegen Sie sich:
Wie weit kann ich entgegenkommen? Wo ist die Grenze des Kompromisses?
2. Probelauf
Üben Sie das Gespräch mit einem Sparringpartner, eventuell mit
Tonband. Berechnen Sie den Ort und Zeitpunkt des echten Gesprächs
mit ein.
3. Einstellung
Das Wichtigste! Man überzeugt nur, wenn man selber von seinen
Argumenten überzeugt ist. Stimmt die Einstellung mit der Botschaft
überein, sind auch Ihre Stimme und die Körpersprache automatisch
okay, dann kommt die Aussage glaubwürdig rüber. Gut zu wissen:
Erstaunlicherweise werden rhetorische Defizite toleriert, wenn die
Einstellung stimmt.
4. Start
Konzentrieren Sie sich vor Beginn des Gesprächs auf sich selber
und überprüfen Sie: Sitze ich locker? Stimmen für mich
die räumliche Distanz und der Winkel zum Vorgesetzten? Falls
nicht: den Stuhl umstellen, das darf man! Der Massstab ist das eigene
Wohlbefinden. Ein guter Start ist die halbe Miete.
5. Anwärmphase
Darf nicht fehlen. Ein kurzer Small Talk übers Wetter, die Anreise
oder ein aktuelles Erlebnis baut die Beziehungsebene auf und ölt das
Getriebe des Gesprächs. Die Einstimmung muss aber authentisch sein,
Schauspielerei bringt nichts.
6. Einstieg
Denken Sie jetzt nicht mehr an sich selber, sondern konzentrieren Sie
sich nur noch auf Ihr Anliegen und Ihr Gegenüber. Innert weniger
Sekunden müssen Sie Ihren Wunsch konkret und unmissverständlich
formulieren. Blosse Andeutungen bringen nichts. Veranschaulichen Sie
mit einem Beispiel, wie Sie das gewünschte Arbeitszeitmodell ohne
Qualitätseinbussen realisieren wollen.
7. Nachfragen
Holen Sie die Meinung des Vorgesetzten ein: "Es interessiert mich,
wie Sie diesen Wunsch einschätzen."
8. Diskussionsphase
Hier geht es um gutes Zuhören, Nachhaken, Paraphrasieren, also das
Gehörte mit eigenen Worten wiederholen, zum Beispiel: "Habe ich
richtig verstanden, dass ein Teilzeitpensum unter keinen Umständen
infrage kommt?" Das Prinzip: "Wer fragt, führt."
9. Verhandeln
Ist Ihr Chef nicht überzeugt: Entkräften Sie seine
Bedenken mit den vorbereiteten Argumenten, suchen Sie nach einem
Kompromiss. Eventuell sagt der Vorgesetzte: "Vorläufig kann ich
Ihrem Wunsch nicht entsprechen." Dann fragen Sie nach: "Ab wann sehen
Sie eine Möglichkeit?"
10. Konsequenzen
Sind Sie von einer Absage perplex, vertagen Sie das Gespräch
vielleicht besser. Sprechen Sie mit einem Kollegen oder einer Kollegin
mit einem ähnlichen Anliegen. Eventuell hilft es, wenn diese ein
separates, unabhängiges Gespräch mit dem Chef suchen. Aber
versuchen Sie nicht, gemeinsam Druck auszuüben. Druck erzeugt
nur Gegendruck.
Kommt gar keine Einigung zustande, überlegen Sie sich gut, was
für Sie die Konsequenzen sind. Kommt nur eine Kündigung infrage,
lassen Sie das beim Chef durchblicken. Bleiben Sie diplomatisch: "Ich
hoffe, Sie verstehen, wenn ich mich nach einem anderen Job umsehe." Aber
drohen Sie nicht damit.