Weil bei bisherigen Duellen Kleinigkeiten grosse Folgen hatten,
stossen die Fernsehduelle in den USA auf grosses Interesse.
Kandidaten konnten mit schlagfertigen Argumenten Punkte holen
oder mit Fehlern ins Offside manöverieren
Weil die Oeffentlichkeit das Gefühl hat, solche
Kleinigkeiten wären wahlentscheidend, haben Fernsehduelle
einen grossen Stellenwert.
Vor der Debatte drängen viele Fragen:
Kann Romney die Chance nutzen? Kann er weniger kühl und abgehoben
daherkommen oder tappt er in einen verbalen Fettnapf?
Klar ist, dass niemand grosse Fehler machte.
Bringt es Obama andererseits, fertig, locker, staatsmännisch, souverän
zu bleiben? Oder verliert er die Nerven, wenn ihm Romney angreift?
Auch hier blieben Patzer aus.
Gelingt es ihm sprachlich, etwas abzurüsten um mehr Glaubwürdigkeit
zu erreichen? Wem gelingt es besser, an die Geduld und Fairness der Amerikaner
zu appellieren? Wie unterscheiden sich die Konkurrenten hinsichtlich
Körpersprache, Stimme? Wer überzeugt mehr?
Analyse
Ich erlebte zwei übertrainierte Akteure. Die auswendig gelernten
Statements spulten sie pflichtgemäss ab. Obama und Romney
verwirrten beide mit Zahlen und Unterstellungen. Beide wurden von Profis
eingekleidet. Beide trugen einen dunklen gepflegten Anzug, ein weisses
Hemd mit einer leuchtende Kravatte. Obama blau. Romney rot mit einer
kleinen Abweichung, mit feinen Streifen. Auch die Gestik , die gespielte
Freundlichkeit, die bewussten Szenen des Lächelns, der Blick im
richtigen Moment zur Kamera, wie auch das Begrüssungsritual und
die Verabschiedung mit den synchronen Berührungen am Handgelenk
wirkten einstudiert. Ich hatte den Eindruck, die Berater von Obama
und Romney hätten beiden anvertrauen Politikern das Harvardprinzip
nahegelegt: "Seid nett mit dem Gegenüber, aber hart in der Sache."
Obama wirkte gesamthaft eher zurückhaltender als sonst.
Boese Zungen koennen nun sagen, dass ihm der Teleprompter gefehlt hat.
Er sprach
ruhig und souverän, doch sprach er mir zu verhalten. Er schälte
seine Stärken und die Schwächen des Gegners zu wenig
heraus. Ich vermisste bei ihm im zweiten Teil das Feu sacré. Es
hatte sogar Phasen, da wirkte er müde. Romney überraschte mich
anderseits. Der Herausforderer war lockerer, angriffiger als sonst.
Vielleicht weil er früher so hölzern auftrat, holte er heute
mehr Punkte. Romney wurde sicherlich intensiv vorbereitet. Generell kann
man sagen: Beide haben ihre ihren Job pflichtgemäss absolviert. Aber
es gab für mich nichts, das mir nachhaltig in Erinnerung bleiben
wird. Es gab zu viele Zahlen. Nochmals: Beide haben die eingeübten
bekannten Argumente korrekt vermittelt. Beide versuchten, mit einzelnen
narrativen Elementen, mit eingeflochtenen Beispielen und Fragen rhetorisch
zu punkten. Aber wo bleibt die Nachhaltigkeit?
Bei allen Ueberzeugungsprozessen entscheidet - auch bei diesem Duell
letztlich das Image der Persönlichkeit - nicht die Fakten.
Es ist beim heutigen Duell nicht einfach, einen Sieger auszumachen. Ein
Unentschieden? Obama profitiert nach wie vor von seinem Charisma. Romney
ist und bleibt leider noch lange stigmatisiert durch seine
"Fettnapfgeschichten". Fett klebt bekanntlich stark an den Füssen. Man wird
die Patzer kaum mehr los. Doch hat er heute einige Punkte geholt.
Der US-Präsident wirkte gegen Ende des TV-Duells mit Mitt Romney
müde und zerstreut. Was war los mit dem eigentlich so brillanten
Redner? Ein Rhetorikexperte und ein Kampagnenspezialist analysieren.
Was ist mit Barack Obama los? Vor vier Jahren glänzte der
Präsident mit rhetorisch brillanten Auftritten. Und jetzt? Nach
seinem ersten TV-Duell mit Mitt Romney kriegt er von den Medien
praktisch nur schlechte Noten. Als "schwach und zerstreut" wird er
von den Analysten bewertet. Kritisiert wird der zweite Teil seiner
Leistung. Obama schaute abwechselnd genervt und verloren in die Kamera. Er
habe während Ausführungen seines Gegners das Gesicht verzogen
und verärgert gewirkt. Das Magazin "Time" kommentierte: "Did the
President send out his body double tonight?" (Hat der Präsident
sein Double geschickt?)
Was sind die Gründe für Obamas Darbietung? Der Rhetorikexperte
Marcus Knill hat eine Antwort auf diese Frage. Gegenüber
Tagesanzeiger.ch/Newsnet erklärt er: "Obama fehlt sicherlich
das Training bei den Debatten. Bei den Reden nutzt er meist den
Teleprompter." Im Vergleich zu seinem Kontrahenten Mitt Romney, der in
den letzten zwei Jahren 27 TV-Duelle absolvierte, habe Obama an keinem
einzigen teilgenommen. Für Knill wirkte Obama gerade gegen Ende der
Debatte zu wenig souverän. Er habe mehr reagiert, statt agiert,
wirkte zerstreut, lustlos. Gründe hierfür sieht er in den
Vorwürfen Romneys. Der Leistungsausweis Obamas sei tatsächlich
dünn, die gezielten Anschuldigungen könnten Obama am wunden
Punkt getroffen haben.
Knill, der seit Jahren die TV-Duelle analysiert, vermisst bei Obama auch
das übliche Feu sacré. Konnte Obama im letzten Wahlkampf
die Wähler mit knackigen Parolen und Selbstbewusstsein begeistern,
hat er nun Mühe, Aussagen auf den Punkt zu bringen. Zu stark lebe
er vom Charisma früherer Tage. "Obama wirkt müde. Haben die
Mühlen der Politik bei ihm Spuren hinterlassen?", fragt Knill. Einen
wichtigen Grund für den schwachen Auftritt sieht Knill bei der
fehlenden Kernbotschaft (2008: "Yes we can").
Knill betont allerdings, dass auch bei Romney keine nachhaltige
Botschaft zu hören war. Beide Kandidaten beschränken sich
grösstenteils darauf, den Gegner mit allgemeinen Unterstellungen
zu übertrumpfen und mit Zahlen zu verwirren. Generell wirken
beide Kandidaten in vielen Punkten geklont. Beide agieren nach dem
Harvard-Prinzip, sei freundlich mit dem Gegner, aber hart in der
Sache. Viele Statements wirkten eingeübt, antrainiert, gleichsam
auswendig gelernt. Die Garderobe beider Akteure war auch synchron:
dunkel und staatsmännisch. Auch die Gestik stimmte ebenfalls
oft überein, meint Knill. Vor allem bei den Begrüssungs-
und Abschiedsszenen.
"Das Duell war mir zu theaterzentriert", sagt Knill abschliessend. Im
Vergleich zu früheren Debatten habe das Duell einstudiert
gewirkt, zu perfektioniert und von den Coaches im Hintergrund merkbar
beeinflusst. Wenn es so weitergehe, könnten solche Duelle zu den
nichtssagendsten Auftritten aller Zeiten werden: "Ich erkenne einfach
nichts Nachhaltiges. Leider auch keine Aussage, die von Herzen kommt."
Auch Jan Kercher, Spezialist auf dem Gebiet der Wahlkampagnen,
beurteilt Obamas schlechtes Abschneiden ähnlich wie Knill. Er
sieht aber auch ein Defizit in Obamas Strategie: "Obama hat es noch
nicht fertiggebracht, eine gelungene Mischung aus staatsmännischem
Auftreten, Verteidigung der eigenen Bilanz und Angriffen auf Romney
zu finden." Das habe man erstmals bei seiner Convention-Rede bemerkt,
die enttäuschend ausfiel. Dazu komme, dass TV-Debatten noch nie
Obamas besondere Stärke gewesen seien.
"Obama ist zwar ein brillanter Redner, aber kein brillanter Diskutant,
das war auch beim letzten Wahlkampf schon so, nur fiel es dort nicht
so auf, weil Obama als unbelasteter Herausforderer in einer sehr viel
angenehmeren Position war", erklärt Kercher. Als Grund für
die schwache Leistung Obamas sieht Kercher eine Kombination aus
Obamas schwierigerer Rolle als amtierender Präsident mit einer
schwächelnden Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage und seiner nicht
besonders ausgeprägten Vorliebe für das Debattenformat.
Kercher sieht aber noch eine anderen möglichen Grund für
Obamas überraschend schwachen Auftritt: "Vielleicht war Obama
abgelenkt. Schliesslich hat sich kurz vor dem TV-Duell die Lage in
Syrien zugespitzt. Womöglich war Obama in einer Krisensitzung und
konnte danach nicht schnell genug auf Wahlkampfmodus umstellen." Ganz
ähnlich ging es dem deutschen Kanzler Gerhard Schröder bei
seinem ersten schwachen Debatte gegen Edmund Stoiber. Schröder war
abgelenkt, weil er sich bis kurz vor dem Duell mit der Flutkatastrophe
im Osten Deutschlands auseinandersetzen musste.
Pressespiegel
Bild In ihrem ersten TV-Duell
haben US-Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt
Romney höflich aber heftig über den richtigen Weg aus der
Wirtschaftskrise gestritten. Dabei siegte Romney deutlich.
Der sonst hölzern wirkende Republikaner nutzte seine Chance: zeigte
sich lebendiger, angriffslustiger und argumentierte besser. Barack Obama
geriet dabei in die Defensive.
Tagi
Mitt Romney schlug sich gut bei der ersten Debatte
der US-Präsidentschaftskandidaten - weit besser, als
von ihm erwartet worden war. Barack Obama hingegen wirkte
geradezu lustlos. Ist das für Romney die Wende?
20 Min
Mitt Romney konnte in der ersten Fernsehdebatte mit
Präsident Barack Obama punkten. Der US-Wahlkampf bleibt spannend.
Analysten sind sich einig: Der frühere Gouverneur von Massachusetts
hat sich beim Schlagabtausch in Denver deutlich besser präsentiert
als der Amtsinhaber. Eine erste CNN-Umfrage ergab: 67 Prozent der
Teilnehmer fanden, dass Romney der bessere Redner war und das TV-Duell
gewonnen hat.
Quelle: Die Aussage über den Sesame Street Character "Big Bird" (der grosse Vogel)
hat Wellen geworfen. Schon Santorum hatte sich in einem Interview dafür ausgesprochen,
Big Bird zu "töten". Man k&oum;nne ja auch Sachen töten, die man liebe, etwa
zum Essen. CNN.
Mann gegen Mann. Obama gegen Romney. Die Fernsehdebatte vom 3. Oktober
ist das erste direkte Aufeinandertreffen von Barack Obama und Mitt Romney
im Wahlkampf. Geleitet wird die Diskussion von Moderator Jim Lehrer. Er
hat schon 11 Debatten geleitet. Das Duell in Denver ist einer der grossen
Höhepunkte - und könnte das Rennen um die Präsidentschaft
nochmals so richtig lancieren.
Obama: guter Redner, weniger guter Debattierer
Obama und Romney bereiten sich entsprechend schon seit längerem
auf die Debatte vor. Mit Senator John Kerry hat Obama einen routinierten
Sparringpartner, der ihm vor allem kurze und prägnante Sätze
im Duell beibringen soll. Zwar gilt Obama als ausgezeichneter Redner,
seine Debattierkünste sind aber steigerungsfähig. Denn als
Obamas Schwäche werden seine zum Teil professoralen Ausschweifungen
angesehen.
Während den Vorwahlen der Demokraten 2008 bediente Obama teils
Vorurteile, er sei abgehoben und arrogant. Damals sagte er seiner
damaligen Konkurrentin Hillary Clinton sie sei "ja ganz sympathisch".
Ein Kompliment, das etwas abschätzig tönte.
Romney: angriffig, aber kein Wadenbeisser
Aber auch in der anderen Ecke - in der republikanischen - hat sich
Romney mit Senator Rob Portman einen erfahrenen Trainingspartner
ausgesucht. Er soll Romney beibringen, wie er Obama im Rededuell eine
entscheidende Verletzung beibringen kann. Portman war schon 2008 John
McCains Trainingspartner. Insider sagen, er habe McCain in den damaligen
Trainings richtiggehend an die Wand debattiert.
Portman soll Romney beibringen, wie er angriffig sein soll, ohne ein
Wadenbeisser zu sein. Überlegen soll er wirken, aber nicht abgehoben.
Präsidial eben. In den Debatten des republikanischen Vorwahlkampf
gelang ihm dies nicht immer. In einer Debatte wollte er eine Wette um
Fakten mit 10'000 Dollar Einsatz untermauern. Damit bediente er aber
Vorurteile, er sei ein abgehobener Milliardär.
Seit Wochen sind die Themen der ersten Fernsehdebatte zwischen Barack
Obama und Mitt Romney festgelegt. Beim Duell geht es ausschliesslich
um innenpolitische Themen, vor allem um die Wirtschaft in den USA. Zum
genauen Ablauf der Debatte erfahren Sie hier mehr.
Schon die Vergangenheit hat gezeigt: in den Debatten kann eine Wahl
weniger gewonnen als vielmehr verloren werden. Aus früheren
Debatten bleibt vor allem in Erinnerung, wie etwa George Bush senior 1992
gelangweilt auf seine Uhr blickte. Al Gore seufzte 2000 oft und laut.
Und in der allerersten TV-Debatte 1960 fiel ein angespannter Richard
Nixon neben dem jung wirkenden John F. Kennedy richtiggehend ab.
Dass es oft gar nicht auf die Worte ankommt, zeigt ein Beispiel aus
dem Jahr 1976 im Wahlkampf Jimmy Carter gegen Gerald Ford. Bei der
TV-Übertragung fiel der Ton aus. Aus Angst eine unangebrachte Geste
zu machen, blieben die Kandidaten wie Statuen stehen. Das TV-Publikum
blickte gebannt auf die beiden schweigenden Männer, bis der Ton
wieder da war. Ganze 27 Minuten lang.
Gerade die Unberechenbarkeit der Live-Sendung macht das TV-Duell aus.
Auch die beiden aktuellen Kandidaten werden vor allem auch mit sich
selbst zu kämpfen haben. So hatte Romney in den republikanischen
TV-Debatten des Vorwahlkampfs einen Hang zu Patzern gezeigt. Und Obama
kann von seinern Erfahrungen 2008 nur bedingt zehren. Damals war er noch
der unverbrauchte Visionär.
Die Wahlkampfteams wollen möglichst gut gewappnet in den
Ernstkampf. Obama und Romney haben sich in den letzten Tagen zur
Vorbereitung zurückgezogen. Trotz der aufgestauten Dramatik
wollen die Wahlkampf-Teams die Erwartungen tief halten. Ein Memo des
Obama-Teams warnte, dass Romney "ein gut vorbereiteter, disziplinierter
und aggressiver Debattengegner sein wird". Und das republikanische
Lager liess seine Hochachtung für Obama verlauten. Er sei "einer
der talentiertesten politischen Kommentatoren der modernen Geschichte".
Ob einer der beiden Kandidaten wirklich punkten kann, wird sich zeigen.
Der Vorteil liegt aber sicherlich bei Obama. Er liegt seit Wochen in
den Umfragen vorne. Romney steht viel mehr unter Zugzwang. Unter seinen
Beratern soll die Einschätzung kursieren, dass die Debatten die
einzig echte verbliebene Chance böte, gegen Obama "den entscheidenden
Schlag zu landen". Tatsächlich gilt aber für beide Kandidaten
vor allem eines: sich nicht blamieren.