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www.rhetorik.ch aktuell: (03. Okt, 2012)

Das Fernsehduell in Denver

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Weil bei bisherigen Duellen Kleinigkeiten grosse Folgen hatten, stossen die Fernsehduelle in den USA auf grosses Interesse. Kandidaten konnten mit schlagfertigen Argumenten Punkte holen oder mit Fehlern ins Offside manöverieren Weil die Oeffentlichkeit das Gefühl hat, solche Kleinigkeiten wären wahlentscheidend, haben Fernsehduelle einen grossen Stellenwert.

Vor der Debatte drängen viele Fragen: Kann Romney die Chance nutzen? Kann er weniger kühl und abgehoben daherkommen oder tappt er in einen verbalen Fettnapf? Klar ist, dass niemand grosse Fehler machte. Bringt es Obama andererseits, fertig, locker, staatsmännisch, souverän zu bleiben? Oder verliert er die Nerven, wenn ihm Romney angreift? Auch hier blieben Patzer aus. Gelingt es ihm sprachlich, etwas abzurüsten um mehr Glaubwürdigkeit zu erreichen? Wem gelingt es besser, an die Geduld und Fairness der Amerikaner zu appellieren? Wie unterscheiden sich die Konkurrenten hinsichtlich Körpersprache, Stimme? Wer überzeugt mehr?

Analyse

Ich erlebte zwei übertrainierte Akteure. Die auswendig gelernten Statements spulten sie pflichtgemäss ab. Obama und Romney verwirrten beide mit Zahlen und Unterstellungen. Beide wurden von Profis eingekleidet. Beide trugen einen dunklen gepflegten Anzug, ein weisses Hemd mit einer leuchtende Kravatte. Obama blau. Romney rot mit einer kleinen Abweichung, mit feinen Streifen. Auch die Gestik , die gespielte Freundlichkeit, die bewussten Szenen des Lächelns, der Blick im richtigen Moment zur Kamera, wie auch das Begrüssungsritual und die Verabschiedung mit den synchronen Berührungen am Handgelenk wirkten einstudiert. Ich hatte den Eindruck, die Berater von Obama und Romney hätten beiden anvertrauen Politikern das Harvardprinzip nahegelegt: "Seid nett mit dem Gegenüber, aber hart in der Sache." Obama wirkte gesamthaft eher zurückhaltender als sonst. Boese Zungen koennen nun sagen, dass ihm der Teleprompter gefehlt hat. Er sprach ruhig und souverän, doch sprach er mir zu verhalten. Er schälte seine Stärken und die Schwächen des Gegners zu wenig heraus. Ich vermisste bei ihm im zweiten Teil das Feu sacré. Es hatte sogar Phasen, da wirkte er müde. Romney überraschte mich anderseits. Der Herausforderer war lockerer, angriffiger als sonst. Vielleicht weil er früher so hölzern auftrat, holte er heute mehr Punkte. Romney wurde sicherlich intensiv vorbereitet. Generell kann man sagen: Beide haben ihre ihren Job pflichtgemäss absolviert. Aber es gab für mich nichts, das mir nachhaltig in Erinnerung bleiben wird. Es gab zu viele Zahlen. Nochmals: Beide haben die eingeübten bekannten Argumente korrekt vermittelt. Beide versuchten, mit einzelnen narrativen Elementen, mit eingeflochtenen Beispielen und Fragen rhetorisch zu punkten. Aber wo bleibt die Nachhaltigkeit? Bei allen Ueberzeugungsprozessen entscheidet - auch bei diesem Duell letztlich das Image der Persönlichkeit - nicht die Fakten. Es ist beim heutigen Duell nicht einfach, einen Sieger auszumachen. Ein Unentschieden? Obama profitiert nach wie vor von seinem Charisma. Romney ist und bleibt leider noch lange stigmatisiert durch seine "Fettnapfgeschichten". Fett klebt bekanntlich stark an den Füssen. Man wird die Patzer kaum mehr los. Doch hat er heute einige Punkte geholt.
Tagi:
Der US-Präsident wirkte gegen Ende des TV-Duells mit Mitt Romney müde und zerstreut. Was war los mit dem eigentlich so brillanten Redner? Ein Rhetorikexperte und ein Kampagnenspezialist analysieren. Was ist mit Barack Obama los? Vor vier Jahren glänzte der Präsident mit rhetorisch brillanten Auftritten. Und jetzt? Nach seinem ersten TV-Duell mit Mitt Romney kriegt er von den Medien praktisch nur schlechte Noten. Als "schwach und zerstreut" wird er von den Analysten bewertet. Kritisiert wird der zweite Teil seiner Leistung. Obama schaute abwechselnd genervt und verloren in die Kamera. Er habe während Ausführungen seines Gegners das Gesicht verzogen und verärgert gewirkt. Das Magazin "Time" kommentierte: "Did the President send out his body double tonight?" (Hat der Präsident sein Double geschickt?) Was sind die Gründe für Obamas Darbietung? Der Rhetorikexperte Marcus Knill hat eine Antwort auf diese Frage. Gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet erklärt er: "Obama fehlt sicherlich das Training bei den Debatten. Bei den Reden nutzt er meist den Teleprompter." Im Vergleich zu seinem Kontrahenten Mitt Romney, der in den letzten zwei Jahren 27 TV-Duelle absolvierte, habe Obama an keinem einzigen teilgenommen. Für Knill wirkte Obama gerade gegen Ende der Debatte zu wenig souverän. Er habe mehr reagiert, statt agiert, wirkte zerstreut, lustlos. Gründe hierfür sieht er in den Vorwürfen Romneys. Der Leistungsausweis Obamas sei tatsächlich dünn, die gezielten Anschuldigungen könnten Obama am wunden Punkt getroffen haben. Knill, der seit Jahren die TV-Duelle analysiert, vermisst bei Obama auch das übliche Feu sacré. Konnte Obama im letzten Wahlkampf die Wähler mit knackigen Parolen und Selbstbewusstsein begeistern, hat er nun Mühe, Aussagen auf den Punkt zu bringen. Zu stark lebe er vom Charisma früherer Tage. "Obama wirkt müde. Haben die Mühlen der Politik bei ihm Spuren hinterlassen?", fragt Knill. Einen wichtigen Grund für den schwachen Auftritt sieht Knill bei der fehlenden Kernbotschaft (2008: "Yes we can"). Knill betont allerdings, dass auch bei Romney keine nachhaltige Botschaft zu hören war. Beide Kandidaten beschränken sich grösstenteils darauf, den Gegner mit allgemeinen Unterstellungen zu übertrumpfen und mit Zahlen zu verwirren. Generell wirken beide Kandidaten in vielen Punkten geklont. Beide agieren nach dem Harvard-Prinzip, sei freundlich mit dem Gegner, aber hart in der Sache. Viele Statements wirkten eingeübt, antrainiert, gleichsam auswendig gelernt. Die Garderobe beider Akteure war auch synchron: dunkel und staatsmännisch. Auch die Gestik stimmte ebenfalls oft überein, meint Knill. Vor allem bei den Begrüssungs- und Abschiedsszenen. "Das Duell war mir zu theaterzentriert", sagt Knill abschliessend. Im Vergleich zu früheren Debatten habe das Duell einstudiert gewirkt, zu perfektioniert und von den Coaches im Hintergrund merkbar beeinflusst. Wenn es so weitergehe, könnten solche Duelle zu den nichtssagendsten Auftritten aller Zeiten werden: "Ich erkenne einfach nichts Nachhaltiges. Leider auch keine Aussage, die von Herzen kommt." Auch Jan Kercher, Spezialist auf dem Gebiet der Wahlkampagnen, beurteilt Obamas schlechtes Abschneiden ähnlich wie Knill. Er sieht aber auch ein Defizit in Obamas Strategie: "Obama hat es noch nicht fertiggebracht, eine gelungene Mischung aus staatsmännischem Auftreten, Verteidigung der eigenen Bilanz und Angriffen auf Romney zu finden." Das habe man erstmals bei seiner Convention-Rede bemerkt, die enttäuschend ausfiel. Dazu komme, dass TV-Debatten noch nie Obamas besondere Stärke gewesen seien. "Obama ist zwar ein brillanter Redner, aber kein brillanter Diskutant, das war auch beim letzten Wahlkampf schon so, nur fiel es dort nicht so auf, weil Obama als unbelasteter Herausforderer in einer sehr viel angenehmeren Position war", erklärt Kercher. Als Grund für die schwache Leistung Obamas sieht Kercher eine Kombination aus Obamas schwierigerer Rolle als amtierender Präsident mit einer schwächelnden Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage und seiner nicht besonders ausgeprägten Vorliebe für das Debattenformat. Kercher sieht aber noch eine anderen möglichen Grund für Obamas überraschend schwachen Auftritt: "Vielleicht war Obama abgelenkt. Schliesslich hat sich kurz vor dem TV-Duell die Lage in Syrien zugespitzt. Womöglich war Obama in einer Krisensitzung und konnte danach nicht schnell genug auf Wahlkampfmodus umstellen." Ganz ähnlich ging es dem deutschen Kanzler Gerhard Schröder bei seinem ersten schwachen Debatte gegen Edmund Stoiber. Schröder war abgelenkt, weil er sich bis kurz vor dem Duell mit der Flutkatastrophe im Osten Deutschlands auseinandersetzen musste.
Pressespiegel

Bild In ihrem ersten TV-Duell haben US-Präsident Barack Obama und sein Herausforderer Mitt Romney höflich aber heftig über den richtigen Weg aus der Wirtschaftskrise gestritten. Dabei siegte Romney deutlich. Der sonst hölzern wirkende Republikaner nutzte seine Chance: zeigte sich lebendiger, angriffslustiger und argumentierte besser. Barack Obama geriet dabei in die Defensive. Tagi Mitt Romney schlug sich gut bei der ersten Debatte der US-Präsidentschaftskandidaten - weit besser, als von ihm erwartet worden war. Barack Obama hingegen wirkte geradezu lustlos. Ist das für Romney die Wende? 20 Min Mitt Romney konnte in der ersten Fernsehdebatte mit Präsident Barack Obama punkten. Der US-Wahlkampf bleibt spannend. Analysten sind sich einig: Der frühere Gouverneur von Massachusetts hat sich beim Schlagabtausch in Denver deutlich besser präsentiert als der Amtsinhaber. Eine erste CNN-Umfrage ergab: 67 Prozent der Teilnehmer fanden, dass Romney der bessere Redner war und das TV-Duell gewonnen hat.



Quelle: Die Aussage über den Sesame Street Character "Big Bird" (der grosse Vogel) hat Wellen geworfen. Schon Santorum hatte sich in einem Interview dafür ausgesprochen, Big Bird zu "töten". Man k&oum;nne ja auch Sachen töten, die man liebe, etwa zum Essen. CNN.
Der Spiegel titelt: Romney punktet im Duell mit Obama. Romney könnte aber ein kleiner Fehler unterlaufen sein, zu sagen, dass er Fernsehprogramme wie PBS ausschalten würde. Er liebe zwar "Big bird", ein Charakter in Sesam Street, USA Today.


Vor der Debatte

Gesten analyse von früheren Reden:

Quelle: NYT.
Spiegel Liveticker.

Spiegel vor der Debatte:

Mann gegen Mann. Obama gegen Romney. Die Fernsehdebatte vom 3. Oktober ist das erste direkte Aufeinandertreffen von Barack Obama und Mitt Romney im Wahlkampf. Geleitet wird die Diskussion von Moderator Jim Lehrer. Er hat schon 11 Debatten geleitet. Das Duell in Denver ist einer der grossen Höhepunkte - und könnte das Rennen um die Präsidentschaft nochmals so richtig lancieren.

Obama: guter Redner, weniger guter Debattierer Obama und Romney bereiten sich entsprechend schon seit längerem auf die Debatte vor. Mit Senator John Kerry hat Obama einen routinierten Sparringpartner, der ihm vor allem kurze und prägnante Sätze im Duell beibringen soll. Zwar gilt Obama als ausgezeichneter Redner, seine Debattierkünste sind aber steigerungsfähig. Denn als Obamas Schwäche werden seine zum Teil professoralen Ausschweifungen angesehen. Während den Vorwahlen der Demokraten 2008 bediente Obama teils Vorurteile, er sei abgehoben und arrogant. Damals sagte er seiner damaligen Konkurrentin Hillary Clinton sie sei "ja ganz sympathisch". Ein Kompliment, das etwas abschätzig tönte.
Romney: angriffig, aber kein Wadenbeisser Aber auch in der anderen Ecke - in der republikanischen - hat sich Romney mit Senator Rob Portman einen erfahrenen Trainingspartner ausgesucht. Er soll Romney beibringen, wie er Obama im Rededuell eine entscheidende Verletzung beibringen kann. Portman war schon 2008 John McCains Trainingspartner. Insider sagen, er habe McCain in den damaligen Trainings richtiggehend an die Wand debattiert. Portman soll Romney beibringen, wie er angriffig sein soll, ohne ein Wadenbeisser zu sein. Überlegen soll er wirken, aber nicht abgehoben. Präsidial eben. In den Debatten des republikanischen Vorwahlkampf gelang ihm dies nicht immer. In einer Debatte wollte er eine Wette um Fakten mit 10'000 Dollar Einsatz untermauern. Damit bediente er aber Vorurteile, er sei ein abgehobener Milliardär.


Seit Wochen sind die Themen der ersten Fernsehdebatte zwischen Barack Obama und Mitt Romney festgelegt. Beim Duell geht es ausschliesslich um innenpolitische Themen, vor allem um die Wirtschaft in den USA. Zum genauen Ablauf der Debatte erfahren Sie hier mehr. Schon die Vergangenheit hat gezeigt: in den Debatten kann eine Wahl weniger gewonnen als vielmehr verloren werden. Aus früheren Debatten bleibt vor allem in Erinnerung, wie etwa George Bush senior 1992 gelangweilt auf seine Uhr blickte. Al Gore seufzte 2000 oft und laut. Und in der allerersten TV-Debatte 1960 fiel ein angespannter Richard Nixon neben dem jung wirkenden John F. Kennedy richtiggehend ab. Dass es oft gar nicht auf die Worte ankommt, zeigt ein Beispiel aus dem Jahr 1976 im Wahlkampf Jimmy Carter gegen Gerald Ford. Bei der TV-Übertragung fiel der Ton aus. Aus Angst eine unangebrachte Geste zu machen, blieben die Kandidaten wie Statuen stehen. Das TV-Publikum blickte gebannt auf die beiden schweigenden Männer, bis der Ton wieder da war. Ganze 27 Minuten lang. Gerade die Unberechenbarkeit der Live-Sendung macht das TV-Duell aus. Auch die beiden aktuellen Kandidaten werden vor allem auch mit sich selbst zu kämpfen haben. So hatte Romney in den republikanischen TV-Debatten des Vorwahlkampfs einen Hang zu Patzern gezeigt. Und Obama kann von seinern Erfahrungen 2008 nur bedingt zehren. Damals war er noch der unverbrauchte Visionär. Die Wahlkampfteams wollen möglichst gut gewappnet in den Ernstkampf. Obama und Romney haben sich in den letzten Tagen zur Vorbereitung zurückgezogen. Trotz der aufgestauten Dramatik wollen die Wahlkampf-Teams die Erwartungen tief halten. Ein Memo des Obama-Teams warnte, dass Romney "ein gut vorbereiteter, disziplinierter und aggressiver Debattengegner sein wird". Und das republikanische Lager liess seine Hochachtung für Obama verlauten. Er sei "einer der talentiertesten politischen Kommentatoren der modernen Geschichte". Ob einer der beiden Kandidaten wirklich punkten kann, wird sich zeigen. Der Vorteil liegt aber sicherlich bei Obama. Er liegt seit Wochen in den Umfragen vorne. Romney steht viel mehr unter Zugzwang. Unter seinen Beratern soll die Einschätzung kursieren, dass die Debatten die einzig echte verbliebene Chance böte, gegen Obama "den entscheidenden Schlag zu landen". Tatsächlich gilt aber für beide Kandidaten vor allem eines: sich nicht blamieren.
Berner Zeitung: Obama fehlt das Training.

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