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www.rhetorik.ch aktuell: (21. Sep, 2012)

Romney in Versteckter Kamera

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Ein mit versteckter Kamera aufgenommenes Video von Mitt Romney könnte eine wichtige Rolle bei den kommenden Wahlen spielen. Es wurde am 17. September auf der Webseite Mother Jones veröffentlicht. Es ist auf Youtube in voller Länge zu sehen. Hier ist ein Ausschnitt.


KAS:
Man könnte meinen, dass Mitt Romney kein Fettnäpfchen auslässt. Jetzt hat man ihn auch noch mit der #versteckten Kamera" erwischt. In Ton und Bild ist ein Romney zu sehen, der scheinbar 47 Prozent der US-Wähler zumindest politisch abschreibt: 47 Prozent der Amerikaner fühlten sich als Opfer und wären von der Regierung abhängig. Diese 47 Prozent würden - egal was - Obama wählen. Und diese 47 Prozent will Romney auch gar nicht von sich überzeugen. Das sagte er hinter verschlossenen Türen bei einer Spendengala. Die Türen waren zwar zu. Aber ein Smartphone war an. Die Washington Post spricht von Romneys schwärzester Stunde und Politico erklärt Obama sieben Wochen vor der Wahl zum Sieger. Das Ganze erinnert irgendwie an George Allens "Macaca-Moment".
Die Welt:
Das gefährlichste Echo auf den heimlichen Videomitschnitt einer Rede des republikanischen Präsidentschaftskandidaten vor Spendern liest sich so: "Romneys reduzierte Charakterisierung der politischen Landschaft legt nahe, dass er überhaupt nichts verstanden hat." Dieser Satz findet sich auf der Homepage des "Weekly Standard", dem wohl einflussreichsten Magazin Republikaner-naher Intellektueller, und dort in einem Blog-Eintrag unter der Überschrift: "Konservative stimmen überein: Romney hat Unrecht". Darin zitiert der Journalist Michael Warren verschiedene Gesinnungsgefährten, die Mitt Romney massive Fehleinschätzungen vorwerfen. Auch die konservative Internet-Plattform "Daily Caller" und der libertäre Publizist Matt Welch widersprechen Romneys Rechnung, laut der knapp die Hälfte der Bevölkerung als Wähler nicht in Frage komme, weil sie keine Einkommensteuer zahle und sich als "Opfer" fühle.
Tagesspiegel:
Die einen sprechen von einem Wahlkampfgeschenk des Republikaners Mitt Romney an Barack Obama. Andere würdigen die Vorratshaltung des Wahlkampfteams des Präsidenten. Das Video, das die USA erregt und dem Rennen sieben Wochen vor dem Wahltag eine unerwartete Wende gibt, stammt vom 17. Mai. Warum wird es erst jetzt veröffentlicht? Bisher ist nicht bekannt, wer es an das Mother Jones Magazin weitergegeben hat, das links der Mitte steht. Das Video wurde mit versteckter Kamera aufgenommen und zeigt ein Treffen Romneys mit wohlhabenden Unterstützern in Florida. Darin behauptet er, dass 47 Prozent der Wähler in jedem Fall für Obama stimmen werden, weil sie von staatlichen Leistungen leben und keine Einkommensteuer bezahlen. Politisch gefährlich für Romney ist nicht die Darstellung, dass die steuerzahlende Mittel- und Oberschicht den Lebensunterhalt von annähernd der Hälfte der Einwohner über staatliche Umverteilung wie Sozialhilfe, Lebensmittelmarken, Wohngeld und Zuschüsse zur Grundrente mitfinanziert. Seine Absicht, den Umfang der Sozialleistungen zu korrigieren, könnte ihm sogar Wähler zutreiben. Bedrohlich für Romney sind Sätze, die danach folgen: "Um diese Leute kümmere ich mich nicht. Ich werde sie niemals überzeugen können, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen müssen." Sie verstärken das Bild, das Obama von seinem Gegner zeichnet: Romney sei ein Multimillionär, der reich auf die Welt kam, nie Armut gekannt habe und kein Mitgefühl für Menschen empfinde, die weniger Glück im Leben hatten. Die Bemerkung, dass Romney sich um 47 Prozent nicht kümmern wolle, lässt sich im Wahlkampf zu der These zuspitzen, Romney weigere sich, im Fall seiner Wahl der Präsident aller Amerikaner zu sein. Die Rahmendaten der Spendengala, bei der Romney die Aussagen machte, unterstreichen den Eindruck: Jeder Teilnehmer musste 50 000 Dollar bezahlen.
BZ:
Seit Ronald Reagan damals, 1980, Jimmy Carter aus dem Amt jagte, träumen die Republikaner von einem Wahlkampf gegen einen neuen Jimmy Carter. Sie sollten sich das noch einmal überlegen. Denn James Carter IV., Enkel des Ex-Präsidenten, trug in diesen Tagen massgeblich dazu bei, dass Mitt Romney jetzt in den Augen der Hauptstadtpresse praktisch als erledigt gilt. Carter der Jüngere brachte das Magazin "Mother Jones" in Kontakt mit jener Person, die mit versteckter Kamera filmte, was Romney seiner reichen Klientel so zu sagen hat. Das Romney-Video ist nun eine der grossen Katastrophen einer Kampagne, die ohnehin von Fettnapf zu Stolperstein humpelt. Jetzt wollen Washingtoner Insider von James Carter wissen, wie er an das Video herankam. Ihm selber ist das Ganze bereits etwas unheimlich: "Ich wollte nie Teil der Berichterstattung werden", sagte er einem lokalen TV-Sender. Aber der als "opposition researcher" der Demokraten arbeitende Carter erkannte bereits vor Wochen, dass dieser Blick durchs Schlüsselloch von Amerikas Plutokraten Gold wert ist. Er bestätigte alles, was die Demokraten schon immer über Romney sagten, so Carter: "Dass er ein abgehobener, reicher Mensch ist. Und dass er sich überhaupt nicht interessiert für die Belange der Mittelklasse." Für seinen Grossvater, den Ex-Präsidenten, muss Romneys Blossstellung eine ziemliche Genugtuung sein. Schliesslich prügelt Wahlkämpfer Romney praktisch täglich auf die angeblich gescheiterte Präsidentschaft Carters ein: "Er kontaktierte mich und gratulierte mir zu der Arbeit", bestätigt Enkel Carter lächelnd. Dabei war der Rechercheur mit dem berühmten Namen einfach ein bisschen aufmerksamer als die Konkurrenz. Auch andere Journalisten hätten sich die Trouvaille besorgen könne, wären sie etwas schneller gewesen. Denn die seltsamen schummrigen Videofetzen kursierten schon seit Mai im Internet. Immer wieder unter anderem Namen. Die berüchtigte Tischrede selbst hielt Romney am 17. Mai an einer privaten Spendengala, organisiert vom berüchtigten Investor Marc Leder in Boca Raton, Florida. Jemand installierte dort eine versteckte Kamera und nahm die Rede auf, mit gutem Ton und weniger gutem Bild. Unter dem Namen "RomneyExposed" (Romney entblösst) erschienen am 1. Juni einige kurze Stücke dieser Aufnahmen auf Youtube. Zwei Monate lang wurden diese Clips kaum angeklickt. Wer der seltsame Spion war, ist bis heute ein Rätsel. Tatsache ist, dass er oder sie auf linksliberalen Websites auf die Aufnahmen hinwies. Im Juni als Leser unter dem Namen "romneyexposed" auf "Huffington Post" und im September als "Anne Onymous" auf "Daily Kos". Unter diesem Namen erschien am 27. August auch ein neuer Youtube-Account, der weitere Teile des Romney-Videos ins Internet lud. Diesmal übrigens mit dem Herkunftsland China und einem Porträtfoto einer Frau. Auf Daily Kos schrieb Anne Onymous am 29. August: "Das wird alles bald bestätigt von den Mainstream-Medien. Es ist alles echt. Mehr wird folgen. Mitt Romney gibt zu, er habe eine Ausbeuterfabrik in China gekauft, als er noch bei Bain arbeitete. 20'000 junge Arbeiterinnen, 12 Mädchen pro Schlafraum, 120 Mädchen pro WC. Hohe Zäune mit Wachtürmen." Es waren vor allem diese Enthüllungen, die Anne Onymous unter die Leute bringen wollte.
Reaktionen bei Letterman, der im Tape auch erwähnt wird:

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