20 Min:
Ihre Freunde in Deutschland waren leicht irritiert. Da erzielte doch
der Italiener Mario Balotelli per Kopf das Führungsgoal für
Italien. 15 Minuten später traf der Stürmer zum 2:0. Nach diesem
aus deutscher Sicht unglücklichen Auftakt des EM-Halbfinales zwischen
Italien und Deutschland vom Donnerstag kullerten Andrea, einem deutschen
Fan aus Düsseldorf, dicke Tränen herunter - die TV-Einstellung
vom EM-Halbfinale in Warschau ging um die Welt. War Andrea so traurig ob
der Goals von Balotelli? Ist das erst nach einer Halbzeit? Ihre Freunde
in Deutschland, die ihr einen Tag nach der Niederlage der DFB-Auswahl
Mails schrieben, dass man sie ganz gross im Fernsehen sehen konnte,
wunderten sich. Andrea weint aus Rührung. Das war vor dem Halbfinal,
vor Balotellis Goals. Andrea weint aus Rührung. Das war vor dem
Halbfinal, vor Balotellis Goal.
Es war alles falsch. Die TV-Einstellung mit der traurigen
Andrea war aus dem Kontext gerissen. Das ganze war eine Montage -
einmal mehr. Andreas Tränen hatten nichts zu tun mit Balotellis
Toren. Im Gegenteil: Andrea weinte aus Rührung, als vor dem
Spiel die deutsche Mannschaft präsentiert wurde, berichtet die
süddeutsche.de. Nichts von Traurigkeit, keine Enttäuschung,
kein Schock.
Brisant an der Sache: Die Tränen-Einstellung war genauso von der
Uefa montiert wie die Bilder von Jogi Löw, der mit einem Balljungen
rumalberte. Eine ARD- Sprecherin bestätigte der Süddeutschen
Zeitung den neuerlichen Fauxpas. Die Bilder aus dem deutschen Fanblock
seien vor dem Spiel aufgenommen worden. Die Regie habe dann einzelne
Szenen später ins aktuelle Spiel gemischt, ohne diese als solche
zu kennzeichnen.
Genau das hat die ARD aber zuvor gefordert. Nach der Szene mit Jogi
Löw im Spiel zwischen Deutschland und den Niederlanden mahnte die
ARD die Uefa, Live-Bilder nicht mehr zu manipulieren. Die Uefa meinte,
das komme nicht mehr vor, oder man markiere Einblender in Live-Aufnahmen
als solche. Passiert ist das aber nicht. Bei der ARD ist man erstaunt:
Die Bilder seien so nicht akzeptabel. Man werde erneut das Gespräch
mit der Uefa suchen.
Offenbar ist die Uefa bei dieser EM darauf bedacht, den Zuschauern
Heile-Welt-Bilder zu zeigen. Der europäische Fussballverband
manipuliert nicht nur Live-Bilder, sondern zensuriert diese auch:
Politische Plakate, leere Gänge und Ehrentribünen werden
ebenso ausgeblendet wie Flitzer auf dem Rasen und Pyros, schreibt
die süddeutsche.de. Doch das westliche Publikum erwarte echte
Gefühle: Wo Live draufsteht, sollte auch Live drin sein.