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www.rhetorik.ch aktuell: (02. Mai, 2012)

Die letzte Chance für Sarkozy?

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Quelle: Youtube Heute kam es zum ersten und einzigen Zusammentreffen zwischen Hollande und Sarkozy. 20 Millionen Zuschauer verfolgten den Schlagabtausch. Vor der Show hatte der Präsident etwas an Boden gut gemacht. Doch führte in den Umfragen Hollande vor dem Duell immer noch noch mit 6 Prozent. Im Studio wurde nichts dem Zufall überlassen. Kameraeinstellung, Licht, Dekor, selbst die Temperatur wurde festgelegt. Sekunden wurden genau gestoppt. Sarkozy benötigt einen Sieg und versprach deshalb entsprechend aggressiv zur Sache zu gehen.

Die Auseinandersetzung war hitzig und emotional, zum Teil chaotisch. Beide griffen den Kontrahenten an. An Vorwürfen mangelte es nicht. Hollande wirkte selbstsicher und verstand die Angriffe gut zu kontern. Hinsichtlich Haushaltdefizit pocht Sarkozy auf eine Schuldenbremse. Hollande will die Spitzenverdiener höher belasten. Oft sprachen beiden Streithähne gleichzeitig Die Präsentatoren versuchten immer wieder, die Kandidaten zu trennen.
Nachtrag vom 6. Mai, 2012: Die Rede "Moi President de la Republique ist gut angekommen.

Spiegel: Ich als Präsident der Republik
Das Regierungsprogramm in 200 Sekunden: François Hollande hatte im TV-Duell mit Nicolas Sarkozy einen grossen Moment - vielleicht den entscheidenden vor der Stichwahl am Sonntag. Fast 18 Millionen Franzosen haben am Mittwochabend die TV-Debatte zwischen Präsident Nicolas Sarkozy und seinem Herausforderer François Hollande verfolgt. Am Tag nach dem Duell wird immer deutlicher: Der Sozialist hat dem konservativen Amtsinhaber die Schau gestohlen. Den meisten Zuschauern ist von dem etwa dreistündigen Disput vor allem eine Szene in Erinnerung geblieben. Etwas mehr als zwei Stunden sind vergangen, als Moderatorin Laurence Ferrari fragt: "François Hollande, was für ein Präsident wären Sie?" Daraufhin stellt der Herausforderer in knapp 200 Sekunden in groben Zügen seine Agenda für die Präsidentschaft dar. Hollande verspricht einen neuen Führungsstil, der sich betont abgrenzen soll vom sprunghaften und oft abgehoben wirkenden Sarkozy, von dem es auch heisst, er reisse alles an sich und degradiere seine Kabinettsmitglieder zu ausführenden Gehilfen. Er erklärt, ein Präsident sein zu wollen, der sich aus der Parteipolitik heraushält und nicht allein den Willen des linken Lagers umsetzt. Jeden dieser Punkte leitete Hollande mit den Worten ein: "Moi, Président de la République" - "Ich als Präsident der Republik".
Die Übersetzung aus dem Spiegel:
"Ein Präsident, der die Franzosen respektiert, der sie in Betracht zieht. Ein Präsident, der nicht Präsident von allem sein will, Chef von allem und tatsächlich verantwortlich sein für nichts. Ich als Präsident der Republik wäre nicht der Chef der Mehrheit. Ich würde nicht die Abgeordneten der Mehrheit im Elysée-Palast empfangen. Ich als Präsident der Republik würde meinen Premierminister nicht als Assistenten behandeln. Ich als Präsident der Republik würde nicht an Spendensammelaktionen teilnehmen für meine eigene Partei in einem Pariser Hotel. Ich als Präsident der Republik würde die Justiz auf unabhängige Weise arbeiten lassen. Ich würde nicht die Mitglieder der Staatsanwaltschaft ernennen, wenn der Oberste Rat der Staatsanwaltschaft dazu eine andere Meinung ausgesprochen hat. Ich als Präsident der Republik würde mir nicht anmassen, die Chefs der öffentlichen Fernsehsender zu ernennen. Ich würde das unabhängigen Instanzen überlassen. Ich als Präsident der Republik würde dafür sorgen, dass mein Verhalten in jedem Moment vorbildhaft ist. Ich als Präsident der Republik würde mir auch zu Herzen nehmen, dass ich als Chef der Republik kein strafrechtliches Dossier gegen mich vorliegen habe. Ich würde den strafgesetzlichen Status des Präsidenten reformieren, so dass Handlungen, die ich vor meinem Amtsantritt begangen habe, angefochten werden können und ich nach bestimmten Voraussetzungen der Vorladung des betreffenden Richters nachkommen oder mich vor den verschiedenen Instanzen verantworten kann. Ich als Präsident der Republik würde ein Kabinett ernennen, das zu gleichen Teilen aus Männern und Frauen besteht. Ich als Präsident der Republik: Da gäbe es einen ethischen Kodex für die Minister, die sich nicht in die Situation eines Interessenkonfliktes begeben dürften. Ich als Präsident der Republik: Die Minister dürften nicht gleichzeitig Kabinettsmitglied und Gemeindevertreter sein, weil ich glaube, dass sie sich voll ihrer Aufgabe widmen sollten. Ich als Präsident der Republik würde einen Erlass zur Dezentralisierung verabschieden, weil ich glaube, dass die Verwaltungsbezirke neue Luft zum Atmen brauchen, neue Kompetenzen, neue Freiheiten. Ich als Präsident der Republik würde dafür sorgen, dass die Sozialpartner und Berufsvertretungen genauso berücksichtigt werden wie die Gewerkschaften und wir regelmässig darüber diskutieren können, was das Gesetz regelt und was Verhandlungssache ist. Ich als Präsident der Republik würde grosse Debatten anstossen. Wir haben über die Energieversorgung gesprochen, und das ist eine legitime Debatte, damit es über solche Fragen grosse Bürgerdiskussionen geben kann. Ich als Präsident der Republik würde das Verhältniswahlrecht für die Parlamentswahlen einführen, nicht für die 2012, sondern 2017, weil ich glaube, dass es gut ist, die Gesamtheit der politischen Befindlichkeiten abzubilden. Ich als Präsident der Republik wäre auf Augenhöhe, um die grossen Linien festzulegen, die grossen Anstösse, und gleichzeitig würde ich mich nicht um alles kümmern und die Nähe zu den Franzosen würde mir immer am Herzen liegen. Ich habe eine normale Präsidentschaft beschrieben. Nichts ist normal, wenn man Präsident der Republik ist, denn die Umstände sind aussergewöhnlich. Die Welt durchschreitet eine enorme Krise, auf jeden Fall Europa. Es gibt Konflikte in der Welt, auf dem Planeten, die Herausforderungen für die Umwelt durch den Klimawandel. Natürlich muss ein Präsident auf der Höhe dieser Themen sein, aber er muss auch nahe am Volk sein, fähig sein, es zu verstehen."
20 Min:
Sie schenkten sich gar nichts, und am Ende gab es nach Ansicht der meisten französischen Medien keinen klaren Sieger. Allein das ist ein Erfolg für François Hollande - der Herausforderer war als Aussenseiter in das Fernsehduell vom Mittwoch gegen den vermeintlich rhetorisch überlegenen Nicolas Sarkozy gestartet. Doch Hollande parierte nicht nur die Attacken des Präsidenten, er ging selber immer wieder zum Angriff über. Und sorgte für den wohl markantesten Moment in der fast dreistündigen Debatte. Sie schenkten sich gar nichts, und am Ende gab es nach Ansicht der meisten französischen Medien keinen klaren Sieger. Allein das ist ein Erfolg für François Hollande - der Herausforderer war als Aussenseiter in das Fernsehduell vom Mittwoch gegen den vermeintlich rhetorisch überlegenen Nicolas Sarkozy gestartet. Doch Hollande parierte nicht nur die Attacken des Präsidenten, er ging selber immer wieder zum Angriff über. Und sorgte für den wohl markantesten Moment in der fast dreistündigen Debatte. Auf die Frage, was er als selbst deklarierter "normaler" Präsident anders machen würde, setzte Hollande zu einem dreiminütigen, offenbar einstudierten Monolog an. Nicht weniger als 15 Mal begann er seine Sätze mit der Wendung "Moi, Président de la République" - als Präsident der Republik werde er seinen Premierminister nicht wie einen Mitarbeiter behandeln, die Unabhängigkeit der Justiz garantieren, nicht alles an sich reissen und für nichts verantwortlich sein, kurzum alle echten und vermeintlichen Verfehlungen von Nicolas Sarkozy vermeiden, sagte Hollande. (...)

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