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www.rhetorik.ch aktuell: (08. Mar, 2012)

Limbaugh tritt ins Fettnaepfchen

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Der Radio Host Rush Limbaugh hat sich mit einer Bemerkung viel Schaden zugefügt. Die Werbekunden rennen davon. Schon Glenn Beck hatte sich mit zu extremen Sprüchen ins Abseits bevördert. Limbaugh ist jedoch immer noch sehr erfolgreich. Ob er sich mit dieser Geschichte langfristig schadet ist nicht klar.


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Kein Thema treibt die politischen Gemüter in Washington diese Woche mehr um als Rush Limbaugh und die Frauen - nicht der Iran und schon gar nicht der "Super Tuesday" im Primärwahlkampf. Die Beleidigung einer Aktivistin und Jus-Studentin durch den einflussreichen Radio-Talker hat einen Entrüstungssturm entfesselt, der den Republikanern bei der weiblichen Wählerschaft schweren Schaden zufügen könnte. Limbaugh, dessen tägliche Talk-Sendung im ganzen Land ausgestrahlt wird, hatte vergangene Woche die 30-jährige Sandra Fluke am Mikrophon als "Schlampe" und "Prostituierte" beschimpft. Die Studentin an der von Jesuiten geleiteten Georgetown-Universität in Washington hatte vor Kongresspolitikern gefordert, die katholische Institution müsse mit ihrer Krankenversicherung für kostenlose Verhütungsmittel aufkommen. Die kruden Worte lösten einen Proteststurm aus, der bis heute nicht abgeklungen ist. Ende letzter Woche schaltete sich sogar Präsident Barack Obama ein, indem er die Studentin anrief und sich nach ihrem Befinden erkundigte. An seiner Pressekonferenz vom Dienstag begründete Obama den Telefonanruf ohne Bezug auf den Inhalt der Kontroverse. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, sagte er, dass seine eigenen Töchter später einmal am politischen Leben teilnehmen könnten, ohne derartige Angriffe befürchten zu müssen. Rush Limbaugh entschuldigte sich zwar am Samstag und noch einmal Anfang Woche für seine Entgleisung. Dennoch entschlossen sich nach Boykottaufrufen bisher über 30 Unternehmen dazu, in Limbaughs dreistündiger Sendung keine Werbespots mehr zu schalten. Mindestens zwei der beinahe 600 Radiostationen, über die Limbaugh schätzungsweise 15 Millionen Hörer erreicht, klinkten sich aus der landesweiten Syndizierung aus. Anlass für die Schlammschlacht ist die Kontroverse um eine vom Gesundheitsministerium im Januar verfügte Vorschrift. Sie verpflichtet auch kirchliche Arbeitgeber dazu, den bei ihnen gegen Krankheit versicherten Angestellten kostenfrei Empfängnisverhütung, Sterilisation und die "Pille danach" zur Verfügung zu stellen. Katholische Spitäler, Bildungsanstalten und Sozialeinrichtungen erklärten sich aus Glaubensgründen für ausserstande, dieser Bestimmung nachzuleben. Amerikas Bischöfe gingen auf die Barrikaden und protestierten gegen den nach ihrer Auffassung unerhörten Angriff auf die in der US-Verfassung garantierte Religionsfreiheit. Die Republikaner freuten sich zu früh darüber, ein Wahlkampfargument gegen Obama in den Händen zu halten. Den Demokraten gelang es zusammen mit feministischen Organisationen, die Debatte in den Medien auf den Aspekt der Empfängnisverhütung zu drehen. Konservative Politiker wurden befragt, wie sie es mit der Pille hielten, und obwohl niemand von ihnen ein Verbot von Verhütungsmitteln befürwortete, wurde ihre Kritik an Obamas Versicherungsvorschrift als Votum gegen Frauenrechte dargestellt. Progressive Politiker unterstellten den Republikanern, sie würden einen "Krieg gegen Frauen" führen. Die Diskussion hätte sich wohl beruhigt, wenn nicht Rush Limbaugh Benzin ins verglimmende Feuer gegossen hätte. Er richtete seine Beschimpfung zwar gegen eine Studentin, die seit Jahren als Aktivistin für Frauenrechte tätig war, aber sie ist keine Berühmtheit. Das schwächt das Argument, Beschimpfungen konservativer Galionsfiguren wie Sarah Palin durch liberale Medien würden nicht gleichermassen geahndet. Indem Limbaugh "seine beleidigende Sprache gegen eine junge Frau wendete, von der niemand zuvor gehört hatte, überschritt er in den Augen vieler eine Grenze", schreibt der Medienbeobachter Howard Kurtz von "Newsweek". Der Proteststurm war um so grösser, als Limbaughs lockeres Lästermaul ein attraktives Angriffsziel abgibt. Zudem gilt der 61-Jährige als eine der machtvollsten Stimmen auf der rechten Seite des politischen Spektrums: Wird er mit gutem Grund kritisiert, versetzt das republikanische Politiker in die unangenehme Lage, sich von ihm distanzieren zu müssen. Der Präsidentschaftskandidat Mitt Romney zum Beispiel brachte nur über die Lippen, dass er "eine solche Sprache nicht verwendet" hätte. Entgegen den Hoffnungen seiner Kritiker wird Limbaugh die gegen ihn geführte Kampagne wohl überleben. Sicher wird sie aber einiges in Bewegung gebracht haben. Erstens dürfte Rush Limbaugh an Macht verlieren. "Es wird auf der konservativen Seite viel zulässiger sein, von Rushs Linie abzuweichen", sagt Michael Medved voraus, ein anderer konservativer Radiotalker. Zweitens werden die Demokraten ihr Image als frauenfreundliche Partei festigen können. Gelingt es den Republikanern nicht, sich gegen den Ruf einer Männerpartei zu wehren, könnte das im Herbst zur Niederlage ihres Kandidaten gegen Obama beitragen.

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