Der Radio Host Rush Limbaugh hat sich mit einer Bemerkung viel
Schaden zugefügt. Die Werbekunden rennen davon.
Schon Glenn Beck hatte sich mit zu extremen Sprüchen ins Abseits bevördert.
Limbaugh ist jedoch immer noch sehr erfolgreich. Ob er sich mit dieser Geschichte
langfristig schadet ist nicht klar.
Kein Thema treibt die politischen Gemüter in Washington diese Woche
mehr um als Rush Limbaugh und die Frauen - nicht der Iran und schon gar
nicht der "Super Tuesday" im Primärwahlkampf. Die Beleidigung einer
Aktivistin und Jus-Studentin durch den einflussreichen Radio-Talker hat
einen Entrüstungssturm entfesselt, der den Republikanern bei der
weiblichen Wählerschaft schweren Schaden zufügen könnte.
Limbaugh, dessen tägliche Talk-Sendung im ganzen Land ausgestrahlt
wird, hatte vergangene Woche die 30-jährige Sandra Fluke am Mikrophon
als "Schlampe" und "Prostituierte" beschimpft. Die Studentin an der von
Jesuiten geleiteten Georgetown-Universität in Washington hatte vor
Kongresspolitikern gefordert, die katholische Institution müsse
mit ihrer Krankenversicherung für kostenlose Verhütungsmittel
aufkommen.
Die kruden Worte lösten einen Proteststurm aus, der bis heute
nicht abgeklungen ist. Ende letzter Woche schaltete sich sogar
Präsident Barack Obama ein, indem er die Studentin anrief und sich
nach ihrem Befinden erkundigte. An seiner Pressekonferenz vom Dienstag
begründete Obama den Telefonanruf ohne Bezug auf den Inhalt der
Kontroverse. Es sei ihm ein Anliegen gewesen, sagte er, dass seine
eigenen Töchter später einmal am politischen Leben teilnehmen
könnten, ohne derartige Angriffe befürchten zu müssen.
Rush Limbaugh entschuldigte sich zwar am Samstag und noch einmal
Anfang Woche für seine Entgleisung. Dennoch entschlossen
sich nach Boykottaufrufen bisher über 30 Unternehmen dazu,
in Limbaughs dreistündiger Sendung keine Werbespots mehr zu
schalten. Mindestens zwei der beinahe 600 Radiostationen, über
die Limbaugh schätzungsweise 15 Millionen Hörer erreicht,
klinkten sich aus der landesweiten Syndizierung aus.
Anlass für die Schlammschlacht ist die Kontroverse
um eine vom Gesundheitsministerium im Januar verfügte
Vorschrift. Sie verpflichtet auch kirchliche Arbeitgeber dazu,
den bei ihnen gegen Krankheit versicherten Angestellten kostenfrei
Empfängnisverhütung, Sterilisation und die "Pille danach" zur
Verfügung zu stellen. Katholische Spitäler, Bildungsanstalten
und Sozialeinrichtungen erklärten sich aus Glaubensgründen
für ausserstande, dieser Bestimmung nachzuleben. Amerikas
Bischöfe gingen auf die Barrikaden und protestierten gegen den nach
ihrer Auffassung unerhörten Angriff auf die in der US-Verfassung
garantierte Religionsfreiheit.
Die Republikaner freuten sich zu früh darüber, ein
Wahlkampfargument gegen Obama in den Händen zu halten. Den
Demokraten gelang es zusammen mit feministischen Organisationen, die
Debatte in den Medien auf den Aspekt der Empfängnisverhütung
zu drehen. Konservative Politiker wurden befragt, wie sie es mit
der Pille hielten, und obwohl niemand von ihnen ein Verbot von
Verhütungsmitteln befürwortete, wurde ihre Kritik an Obamas
Versicherungsvorschrift als Votum gegen Frauenrechte dargestellt.
Progressive Politiker unterstellten den Republikanern, sie würden
einen "Krieg gegen Frauen" führen.
Die Diskussion hätte sich wohl beruhigt, wenn nicht Rush Limbaugh
Benzin ins verglimmende Feuer gegossen hätte. Er richtete
seine Beschimpfung zwar gegen eine Studentin, die seit Jahren als
Aktivistin für Frauenrechte tätig war, aber sie ist keine
Berühmtheit. Das schwächt das Argument, Beschimpfungen
konservativer Galionsfiguren wie Sarah Palin durch liberale Medien
würden nicht gleichermassen geahndet. Indem Limbaugh "seine
beleidigende Sprache gegen eine junge Frau wendete, von der niemand zuvor
gehört hatte, überschritt er in den Augen vieler eine Grenze",
schreibt der Medienbeobachter Howard Kurtz von "Newsweek".
Der Proteststurm war um so grösser, als Limbaughs lockeres
Lästermaul ein attraktives Angriffsziel abgibt. Zudem gilt der
61-Jährige als eine der machtvollsten Stimmen auf der rechten
Seite des politischen Spektrums: Wird er mit gutem Grund kritisiert,
versetzt das republikanische Politiker in die unangenehme Lage, sich
von ihm distanzieren zu müssen. Der Präsidentschaftskandidat
Mitt Romney zum Beispiel brachte nur über die Lippen, dass er
"eine solche Sprache nicht verwendet" hätte.
Entgegen den Hoffnungen seiner Kritiker wird Limbaugh die gegen ihn
geführte Kampagne wohl überleben. Sicher wird sie aber einiges
in Bewegung gebracht haben. Erstens dürfte Rush Limbaugh an Macht
verlieren. "Es wird auf der konservativen Seite viel zulässiger
sein, von Rushs Linie abzuweichen", sagt Michael Medved voraus, ein
anderer konservativer Radiotalker. Zweitens werden die Demokraten ihr
Image als frauenfreundliche Partei festigen können. Gelingt es
den Republikanern nicht, sich gegen den Ruf einer Männerpartei zu
wehren, könnte das im Herbst zur Niederlage ihres Kandidaten gegen
Obama beitragen.