Kampfjet Rätsel
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Die geplanten Kampfjets, die in der Schweiz als Tiger Ersatz für luftpolizeiliche Aufgaben geplant sind,
sollen laut Testberichten dieser Aufgabe nicht gewachsen sein.
Die "SonntagsZeitung" und "Le Matin Dimanche" haben am Testberichte veröffentlicht.
Die Sache ist eher peinlich. Wie kann so etwas passieren? Denkbar wäre, dass der Saab Flieger
als Mittel verwendet wurde, um den Preis für einen anderen Flieger wie den Französischen
Rafale herunterzudrücken. Das ist auch passiert. Die Franzosen hatten ein günstigeres Angebot gemacht.
Solche Verhandlungstricks ("ich habe vom Händler XYX ein besseres Angebot")
können wohl beim Autokauf helfen
und Reisebüros oder Firmen wie "Priceline" machen aus solchen Verhandlungstechniken ein Geschäft:
der Kunde kauft ein Hotelzimmer nicht mehr direkt,
der Vermittler sucht das beste Angebot und behält eine kleine Marge für sich.
Gegen eine solche Verhandlungserklärung spricht aber, dass bei einem
politisch heiklen Geschäft mit über 3 Milliarden, ein
solches Spiel wohl kaum geheim gehalten werden könnte.
Hat der Bundesrat tatsächlich die Testberichte nicht gesehen?
Eine andere Möglichkeit wird im
Blick diskutiert. Die Möglichkeit, dass die Presseberichte von bezahlten Experten,
Spin-doctors plaziert worden sind:
Spin-Doctors sind bezahlte Experten, welche die Öffentlichkeit
mit verdeckter Manipulation in die von ihnen
beabsichtigte Richtung führen.
Weiter im "Blick":
Res Schmid, früherer Cheftestpilot der armasuisse und heutiger
Regierungsrat des Kantons Nidwalden: "Wichtig zu wissen ist, dass
ALLE drei Flugzeuge, die getestet wurden, die militärischen
Anforderungen der Luftwaffe erfüllen. Alle anderen Aussagen sind aus
dem Zusammenhang gerissen. Das ganze Evaluationsverfahren lief korrekt
ab. Getestet wurde der Gripen C/D. Die Schweizer Armee will jedoch den
Typ E/F beschaffen. Dies wurde jedoch damals in der Evaluation in die
Beurteilung mit einbezogen."
Nachtrag vom 13. Februar:
"SF Online" sprach mit dem Schweizer Aviatikexperten über
Nutzniesser, Strippenzieher und Lobbyisten.
Max Ungricht, wie am Sonntag bekannt wurde, schnitt der Gripen-Jet
bei 2008 durchgeführten Tests nur mässig erfolgreich ab. Die
Konkurrenz war wesentlich besser. Sollte man die Anschaffung nicht noch
einmal überdenken?
Ich denke nein. Denn beim Kauf von Kampfjets ist das Gesamturteil wichtig
und nicht ein Teilurteil. Darin fliessen selbstverständlich nicht
nur der Kaufpreis, sondern auch die Kosten für die Wartung, den
Unterhalt und die Modernisierung ein. Das, was jetzt lang und breit
diskutiert wird, nämlich die Nachteile des Gripen, wussten alle
beteiligten Entscheidungsträger schon vorher.
Jetzt ist es doch aber schon so, dass der Gripen gegenüber dem
Rafale und dem Eurofighter leistungsmässig objektiv schlechter
abgeschnitten hat?
Für Aussenstehende mag ja die Leistung entscheidend sein, aber
viel wichtiger ist doch: Wir werden auch in den kommenden Jahren viel
Geld ausgeben müssen, um die Jets zu betreiben. Und da ist es
nun einfach mal so, dass der Gripen auf 30 Jahre gerechnet, rund drei
Milliarden billiger ist als ein zweistrahliges Flugzeug.
Wer billig kauft, kauft doppelt, sagt der Volksmund. War es so gesehen
nicht ein Fehler, sich doch wohl vor allem aus Preisgründen für
das schwedische Angebot zu entscheiden?
Ich bin ja froh, dass die Schweiz sich einmal gänzlich gegen ihre
Natur, nicht für das Beste vom Besten entschieden hat, sondern
für das, was sie braucht, und dies in einem vernünftigen
wirtschaftlichen Rahmen. Aus meiner Sicht ist der Kauf deshalb
richtig. Denn nur reine Leistungsparameter sollten nicht die alles
entscheidende Frage beim Kauf sein.
Aber sollten wirklich kaufmännische und betriebswirtschaftliche
Überlegungen die alles entscheidende Rolle beim Kauf eines Kampfjets
spielen?
Der Gripen schneidet gegenüber zweistrahligen Kampfjets in einigen
Belangen schlechter ab, aber das war doch vorher bekannt. Mit nur einem
Triebwerk hat sie natürlich Nachteile, die sich unter anderem in
der Steigleistung bemerkbar machen. Was aber immer wieder vergessen wird:
Die Schweiz wird nicht das Vergleichsmodell erhalten, sondern eine neue
Version des Gripen-Jets.
Was kann die, was die bisherige Version nicht kann?
Sie erhält ein wesentlich stärkeres Triebwerk, grössere
Tanks und ein neues Radar, dass keinen Vergleich scheuen muss. Zudem wird
die neue Version mehr Last tragen können. Von den Leistungsmerkmalen
wird sie dann zu 90 Prozent das können, was Eurofighter und Rafale
schaffen. Gripen oder Rafale ("Rundschau", 08.02.2012)
Gut, aber eine Lücke klafft da immer noch und zehn Prozentpunkte
können letztlich entscheidend sein?
Da haben Sie natürlich Recht, aber der Gripen ist sehr nah an den
Konkurrenzmodellen dran. Er wird aber auch in der neuen Version nicht die
Leistung der anderen erreichen - das stimmt. Aber braucht man wirklich
immer einen Rolls-Royce und kann man den sich am Ende auch leisten?
Ueli Maurer steht unter Beschuss. (Tagesschau, 13.02.2012, 19.30)
Brauchen nicht unbedingt, aber bei der Sicherheit sollte man doch
eigentlich keine Abstriche machen, oder?
Lassen Sie es mich es so sagen: Für eine vierköpfige Familie
reicht ein Audi-Kombi aus. Wenn Sie genügend Geld haben, können
Sie natürlich auch einen Bentley-Kombi kaufen. Das ist #nice to
have#, aber zum einen bezahlt man das natürlich sehr teuer und zum
anderen bleibt die Frage: Ist das auch wirklich notwendig? Ich meine:
Nein! - und genau so sehe ich das auch bei den Kampfjets.
Aber noch einmal: Warum soll die Schweiz die Billigvariante kaufen, wenn
sie doch für einen ähnlichen Preis auch ein zweistrahliges
Flugzeug haben könnte?
Wenn die Franzosen jetzt für die Rafale-Jets ein derartiges
Billigangebot machen, so ist dies nach meinem Dafürhalten
Augenwischerei. Das, was man da jetzt möglicherweise beim
Einkauf spart, wird man später für Modernisierungen ausgeben
müssen. Denn anders als beim Gripen, wo sich die Kosten für den
Unterhalt schon heute bis auf den letzten Rappen berechnen lassen, kann
das für die Rafale-Jets keiner seriös vorhersagen, geschweige
denn genau beziffern.
Ist das der einzige Haken am Dumpingpreis der Franzosen?
Nein, der viel grössere Pferdefuss wäre eine Abhängigkeit
von Frankreich. Denn der Rafale ist für eine ausschliesslich
französische Bewaffnung gebaut. Die Schweiz müsste also
zusätzlich Lenkwaffen aus Frankreich einkaufen, was die Kosten
erhöhen und die Logistik der Luftwaffe verteuern würde.
Nachtrag vom 16. Februar:
Tagi:
Nachdem die Evaluationsberichte aus den Jahren 2008 und 2009
am vergangenen Sonntag an die Öffentlichkeit gelangt
waren, erklärte der Verteidigungsminister Ueli Maurer am
Dienstag unter anderem: Auch der Bundesrat sei zum Gripen-Entscheid
gekommen. "Der Bundesrat hatte von allen Typen alles Zahlenmaterial zur
Verfügung. Er entschied in Kenntnis der Sachlage." Mit anderen
Worten: Maurer erweckte den Eindruck, der Bundesrat habe Einsicht in
alle Unterlagen zu allen drei getesteten Typen - Rafale, Eurofighter,
Gripen - gehabt.
Dem war aber offenbar nicht so, wie gut unterrichtete Quellen
gegenüber Tagesanzeiger.ch/Newsnet erklären. Maurer habe dem
Bundesrat eine Benotung aus der Evaluation gezeigt, die nicht mehr als
zwei A4-Seiten umfasst haben soll. Dazu habe der Verteidigungsminister
eine zehn Seiten lange Zusammenfassung eines 250-seitigen Berichtes
ausgehändigt. Mehr Unterlagen hatte der Bundesrat für seinen
Typenentscheid nicht. Von den Evaluationsberichten 2008 und 2009 sollen
die anderen Bundesräte aus der Presse erfahren haben, heisst
es weiter.
Darum seien die anderen sechs Bundesräte ungehalten
darüber gewesen, dass Maurer den Eindruck erweckt habe, die
anderen Bundesräte hätten alle Unterlagen gesehen. Der
Verteidigungsminister habe sich bei der Bundesratssitzung am
Mittwoch deswegen auch Vorwürfe gefallen lassen müssen. Die
VBS-Sprecherin Silvia Seidle erklärte, als Entscheidungsgrundlage
habe dem Gesamtbundesrat ein Aussprachepapier sowie eine Zusammenstellung
der Noten und Kosten der Kandidaten vorgelegen.
Die Frage könnte auch im Parlament noch zum Thema werden -
spätestens dann, wenn sich die Sicherheitskommission (SIK) am
21. Februar wieder mit der Kampfjetbeschaffung befasst. Der Chef der
SIK-Subkommission, welche den Gripen-Entscheid unter die Lupe nimmt, der
Schaffhauser SVP-Nationalrat Thomas Hurter, hat bereits angekündigt,
dass er "genau" wissen wolle, über welche Unterlagen der Bundesrat
beim Kampfjetentscheid verfügt hatte.
Es war das erste Mal, dass der Bundesrat den Entscheid zu einem
Kampfjet-Typ fällte. In der Vergangenheit wählte die Armee den
Typ aus. Der Bundesrat hatte sich diesmal aber den Entscheid vorbehalten,
weil er auch politische Aspekte einfliessen lassen wollte, wie Maurer
am Dienstag sagte. Dazu gehörte auch das Verhältnis zu jenen
Nachbarländern, welche mit eigenen Kampfjetofferten im Rennen waren.