Alle Parteien versuchen sich auf allen Ebenen zu profilieren. Die
Stassenränder sind mit Plakaten vollgepflastert. Vor lauter Köpfen
fehlt der Bevölkerung vielfach der Durchblick. Welche Partei - welcher
Volksvertreter setzt sich für meine Anliegen ein? Diese Frage ist
nicht einfach zu beantworten, weil uns die Parteien mit Wortwolken
einnebeln. Kernbotschaften sind kaum mehr zu erkennen.
Die SonntagsZeitung vom 9. Oktober hat dies mit auschaulichen WORTWOLKEN
sehr gut dargestellt. Aus diesen Wortfetzen lässt sich immerhin ein
besseres Profil der Versprechen und Kernbotschaften erkennen.
Wenn wir die Aussagen aus dieser Wortwolken destillieren, bleiben
folgende Aussagen zurück:
FDP:
- Die Leistung muss sich lohnen
- Wir sind für eine leistungsstarke Wirtschaft
- Wir sind für eine liberale Schweiz
- Wir sind kompetent
- Statt nach links oder rechts wollen wir vorwärts
Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Pelli:
- Die Schweiz hat eine Erfolgsgeschichte
- Wir wollen mit einem starken Finanzplatz dazu beitragen, dass der Wohlstand erhalten bleibt
CVP:
- Wir stärken die Familien
- Wir wollen Inhalte statt Lärm
- Wir wollen Lösungen statt Gejammer
- Unsere Schwerpunkte sind: Bildung, Sicherheit
- Wir wollen eine Schweiz ohne Schlagseite
Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Darbellay:
- Wir wollen den bilateralen Weg
- Wir schaffen die Heiratsstrafe ab
- Wir wollen keine Krankenkassenbeiträge für Kinder
- Wir wollen den Atomausstieg geordnet schaffen
SVP:
- Stopp der Zuwanderung
- Die Ausschaffungsinitiative muss umgesetzt werden
- Unsere Partei bekämpft den EU Beitritt
- Wir stärken die Landwirtschaft
Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Brunner:
- Wir sind gegen Masseneinwanderungen
- Wir dürfen uns nicht weiter verschulden
- Wir sind für ein Rentenalter von 65 Jahren für alle
SP:
- Wir sind fürs Umverteilen
- Die Reichen müssen zur Kasse gebeten werden
- Mieten und Krankenkassenprämien müssen für Arme verbilligt werden
- Wir fordern einen Mindestlohn
- Wir wollen die Erbschaftsteuer einzuführen
Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Levrat:
- Wir sind für sozialen Ausgleich
- Wir fordern nicht nur Mindestlöhne, sondern auch generell höhere Löhne
- Wir fordern verbilligte Mieten
- Slogan der Umverteilung: Für Alle, statt für Wenige
GRUENE:
Nach den Medienauftritten des Parteipräsidenten Leuenberger: Wir sind:
- Für die Zukunft
- Für eine soziale Wirtschaft
- Für mehr Umweltschutz
- Für den sofortigen Atomausstieg
- Für Zuwanderung
Die GRUENLIBERALEN:
- Sie setzen auf Nachhaltigkeit
BDP:
- Fokussiert sich gegen Blocher
- Fokus auf "bürgerliche Kraft"
- Fokussiert sich auf Kompromissbereitschaft
- (Wir haben die beste Bundesrätin und lehnen jede Abwahl von Bisherigen ab)
- Unsere Partei ist jung und unverbraucht
Ich habe die Auftritte unzähliger Kandidaten mitverfolgt und stellte
fest:
Die Kandidierenden haben eine Vorliebe für abstrakte Formulierungen:
Freiheit - Zukunft - Sicherheit - Energieversorgung - Nachhaltigkeit
sind als Begriffe besonders beliebt. Dieses Jahr ist der Verweis auf
die Schweiz bei den meisten Parteien hoch im Kurs. In den Wortwolken
dominiert das Wort für.
Kommentar:
- Die Kernbotschaft wird zu wenig visualisiert
- Worte müssten die passenden Bilder auslösen
- Die Bilder sollten jedoch zur Botschaft passen
- Der Ruf (das Image) der Werbeträger ist wichtiger als die Botschaft
- Jede Partei hat Probleme mit Vorurteilen
- Im Grunde genommen ist nichts überzeugender als die eigene Ueberzeugung
- Somit ist es schwierig - mit noch so viel Werbung - die Bevölkerung umzustimmen
Die Parteien müssten sich in diesem Wahlkampf mit folgenden Vorwürfen
auseinandersetzen:
- Die FDP bleibt für viele die Partei der Banken und Bosse. Das negative
Image von Bundesrat Villiger im Zusammenhang mit den Vorkommnissen der
UBS hat das Vorurteil der Partei der Streichen zusätzlich zementiert
( Assoziationen zu Honegger, Kopp, Swissair, Boni) Dieses Image bringt
die Partei kaum mehr los.
- Die CVP hat durch die vielen Positionswechsel das Image von Wendehälse,
von einer Wischi-waschi Partei.
- Die SVP gilt als eine Volkspartei, die von einem Millardär gesteuert
wird. Der gravierendste Vorwurf: Sie ist nicht kompromissbereit und dadurch
auch nicht regierungsfähig.
- Die SP fordert nur und wünscht und wünscht. Sie sagt aber nicht, wer all
die Forderungen zahlen soll. Wenn der Staat alle Wünsche erfüllen muss,
führt dies zwangsläufig zu Steuererhöhungen und einen Verschuldung. Die
Partei hat das Image einer Umverteilungspartei.
- Den GRUENEN wird vorgeworfen, sie nehme im Hinblick mit dem sofortigen
Umsteigen in Kauf, dass der Benzinpreis auf 4 Franken steigt und sich
die Strompreise für die Bevölkerung verdoppeln. Bei der Förderung
der Windenergie und der Nutzung der Windkraft zählen sie selbst (aus
Umweltschutzgründen) zu den Blockierern.
Worte zur Wahl: Mit welchen Parolen wollen unsere Politiker das Parlament erobern?
Die
Sonntags Zeitung hat Hunderte von Slogans ausgewertet. Quelle:
Sonntagszeitung vom 9. Oktober, 2011.
Nachtrag vom 13. Oktober, 2011
- Die FDP: Sie lavierte zu oft. Sie sieht überall Feinde (Medien/andere
Parteien). Es fehlt bei den Sprechern an Sympathieträgern
- Die CVP: Sie hat mehrere Kommunikationstalente
(Leuthard/Darbellay/Schwaller/ Bischof). Leider schadet sich der
Parteipräsident selbst, indem er oft zu forsch reinschiesst und dann
zurückbuchstabieren muss.
- Die SVP: Sie kommuniziert stets in einfacher Sprache und die Partei spricht
mit "einer"Stimme. Doch fragt man sich: Ist diese Partei wirklich die Partei
des kleinen Mannes? Die Parteistrategen winden sich sehr, wenn es um
Macht und Wirtschaftspfründe geht (Inhaltlich und kommunikativ)
- Die SP: Sie bemüht sich den Kommunikationsgau mit dem fragwürdigen SP
Parteiprogramm (Kapitalismus überwinden, Abschaffung der Armee, EU) zu
konkretisieren. Der Beitritt zur EU kommt "vorläufig"nicht in Frage.
Erbschaftssteuer, Mindestlohn, Einheitskrankenkasse generell die
Umverteilung wurde ins Zentrum des Themenkatalogs gerückt. Trotz
Banken-Boni-Euro-Krise konnte sich die Partei nicht richtig profilieren.
Levrat kommuniziert verständlich und geschickt. Doch tritt er zu oft als
poltender Gewerkschafter auf.
- Die GRUENEN: Sie leiden immer noch unter dem Image der Körnchenpicker
und Wolle-Bast-Hanf Politiker.
- Die GRUENLIBERALEN: Hier dominiert der Präsident Bäumle. Neben ihm ist
kaum noch jemand auszumachen. Er ist intelligent, hat ein gutes Mundwerk und
verblüfft, weil er von Wirtschaft etwas versteht. Er muss aufpassen,
dass er die Gegner nicht als "Zürischnurri" überfährt.
- Die BDP: sie profitiert vom Evelyne Widmer-Schlumpf Effekt. Frau Bundesrätin Widmer-Schlumpf
ist klug, agiert geschickt, verliert nicht die Nerven, bleibt sachlich. Die Partei hat
das Problem, dass sie keinen nachhaltigen Eindruck hinterlässt.
Fragen, die mir in jüngster Zeit gestellt worden sind:
- Welche Parteien überzeugten am meisten?
- Wird weniger polarisiert als früher?
- Wer gewinnt im Wahlherbst?
- Wer wird im Bundesrat gewählt?
Ich bin nicht Politologe und möchte diese Fragen nur aus kommunikativer
Sicht beurteilen.
Auch bei der politischen Kommunikation gilt es bei den Parteien vier
Aspekte zu betrachten:
- Das SENSIBILISIEREN (Welche Themen werden aufgenommen?)
- Das VISUALISIEREN (Lassen die Parteien Bilder sprechen?)
- Das MOBILISIEREN (Suchen sie Verbündete?)
- Das PERSONIFIZIEREN (Setzen sie die richtigen Botschafter ein?)
Zur SENSIBILISIERUNG:
Hier verweise ich mich auf mein Destillat der Themen.
Die SVP nutzt Aengste und das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung und
setzte auf ein Thema das unter den Nägeln brennt.
Die CVP setzt auf das Thema Familie
Die SP auf Umverteilung
Die GRUENEN auf das Energieproblem
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Zur VISUALISIERUNG:
Die Visualisierung ist bei den meisten Parteien ein Schwachpunkt (ausser
bei der SVP). Die Kandidaten reden zu abstrakt und wissen nicht, wie EINE
Dachbotschaft mit dem passenden BILD (BEISPIEL, GESCHICHTE oder ANALOGIE) visualisiert
werden kann. Wenn ein Gag zur Botschaft wird, stimmt etwas nicht.
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Zur MOBILISIERUNG:
Die FDP wirkt demobilisierend. Der Alleingang wird sich rächen. Es fehlt
die Vernetzung. Die Partei leidet unter der Demobiliserung der eigenen
Wähler. Bei der CVP mobilisiert der Leuthard- Effekt.
Bei der SP mobilisiert die Bundesrätin Sommaruga, so wie es bei der BDP
mit Evelyne Widmer Schlumpf der Fall ist.
Die Frage nach der vermehrten Mobilisierung der jungen Wählerinnen ist
künftig neu zu bedenken.
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Zur PERSONIFIZIERUNG:
Die FDP hat nur in der welschen Schweiz eine Galionsfigur (BR.
Burkhalter) Bundesrat Schneider - Ammann ist kommunikativ eine Hypothek.
Im Grunde genommen wäre Regierungsrätin Keller-Sutter eine
Wahllokomotive
Bei der CVP kommt Darbellay zwar recht gut an. Doch schadet der Partei
sein Zickzackkurs und das Taktieren.
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