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www.rhetorik.ch aktuell: (29. Sep, 2011)

Wann ist Werbung sexistisch

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Eine Lauterkeitskommission SLK entscheidet, ob eine Werbung die Grenze des Zulässigen überschreitet. Nachdem eine Metzgerei ein Frauenbein mit Fleischverwertung in Verbindung brachte, führte dies zu einer Klage. Die Lauterkeitskommission gab den Klägern recht. Aus "20 Min":

Fleisch und Kurven gehören nicht zusammen Wer mit nackter Haut für Fleisch wirbt, ist ein Sexist. Dies sagt die Lauterkeitskommission. Der gerügte Metzger findet dies absurd. Für Terre des Femmes dagegen wäre ein Boykott angebracht.
Wirbt mit diesem Sujet für Fleischwaren: Der Zürcher Metzgermeister Urs Keller (rechtes Bild). * Die Beine einer Frau, die in den Händen ein Fleischermesser und ein saftiges Stück Fleisch hält: Mit diesem Sujet auf einem Lieferwagen wirbt die Zürcher Metzgerei Keller für Würste, Filets und Co. Der Slogan dazu: "Best meat in town" - das beste Fleisch der Stadt. Einer Privatperson war dies zu anzüglich. Sie klagte bei der Schweizerischen Lauterkeitskommission (SLK), die nun ein deutliches Urteil fällte: Die Werbung sei sexistisch, weil nackte Beine mit Fleisch nichts zu tun hätten. "Zudem verletzt sie die Würde der Frau, indem der Slogan das Model auf ein Objekt der Begierde und der #Fleischeslust#" reduziert", so SLK-Sprecher Piero Schäfer. Metzgermeister Urs Keller kann den Entscheid nicht fassen: "Das ist absurd. Wir wollten nur etwas Modernes machen, statt mit einem toten Tier zu werben." Keiner seiner 60 Mitarbeiter habe die Werbung für sexistisch gehalten, auch das Model nicht. "Niemand hatte zweideutige Gedanken. Offenbar haben andere Leute aber sehr viel Fantasie", so Keller. Er hat nun zwar den Slogan vom Auto entfernt, doch das Sujet fährt weiter durch Zürich. Für Terre des Femmes Schweiz reicht dies nicht. "Die Werbung ist auch ohne Worte unmissverständlich: Die Frau wird durch die klischierte Aufmachung einer Sexarbeiterin so käuflich wie das Tierfleisch", sagt Co-Geschäftsleiterin Natalie Trummer. Einen Spielraum für Toleranz sieht sie hier nicht: "Ich persönlich würde die Metzgerei boykottieren."




Immer wieder kommt es in der Werbung zu Klagen. Würde der Passus Blickfang und Dekorationscharakter ernst genommen, so müssten unzählige Plakate z.B. in der Autobranche eingeklagt werden. Eine abschliessende, allgemein gültige Definition von geschlechterdiskriminierender Werbung zu formulieren, ist immer noch nicht möglich. Bei der Beurteilung von Werbung spielen nämlich das persönliche Werteverständnis und das subjektive Empfinden der Betrachtenden - und nicht zuletzt auch deren Geschlecht - eine grosse Rolle. Eine Annäherung an den Begriff "sexistische Werbung" wird in Zürich dennoch versucht. Es werden Kriterien formuliert, die helfen sollen, Werbung im Hinblick auf ihren sexistischen Gehalt zu beurteilen.

Die Fachstelle für Gleichstellung versucht eine Definition:

"Sexistisch ist Werbung dann, wenn sie ein Geschlecht, meistens die Frau, in traditionell beschränkter Funktion, als sexuell verfügbares Wesen oder nur mit stereotypen Eigenschaften darstellt; wenn sie Körper oder Körperteile wie Hintern und Brüste als Blickfang einsetzt und so voyeuristische Instinkte bedient. Ausschlaggebend ist der Gesamteindruck, den eine Werbung vermittelt."


Bei Werbung, Kunst oder Satire dürfen wir grosszügiger sein, auch dann, wenn gewisse Richtlinien angeritzt werden. Wenn bei politischen Fragen, bei religiösen Aussagen und gesellschaftskritischen Problemen keine Toleranz mehr akzeptiert wird, so haben wir Mühe. Ironie, Humor, Karikaturen dürfen eine gewisse Narrenfreiheit geniessen. Dennoch gibt es Grenzen, die respektiert werden müssen. Diese Grenzziehung ist aber nicht so einfach, wie es gewisse "Wort- und Bildpolizisten" wahr haben möchten.

Es ist begrüssenswert, wenn eine Fachinstanz eindeutige Grenzen setzt, wie im Fall des Metzgermeisters Keller. Was aber unbedingt auch berücksichtigt werden muss: Durch die Klage wurde das Bild in den Medien (in diesem Fall in einer der grössten Gratiszeitung) abgebildet. Auch wir müssen in diesem Beitrag das Bild zeigen, damit sich die Oeffentlichkeit ein eigenes Urteil bilden kann. Damit wird aber das Bild zusätzlich multipliziert. Und somit ist es gut denkbar, dass die Klage dem Metzgermeister zu einer willkommenen Gratiswerbung verhilft. Dies könnte der Verlauf des Umsatzes belegen. Dieses Resultat würde mich jedenfalls interessieren.

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