Negative Erfahrungen beeinflussen Entscheide
Rhetorik.ch Artikel zum Thema: |
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Das Verknüpfen von Erfahrungen ist oft hilfreich. Doch können
sie uns auch einen Streich spielen.
Werbung nutzt die Tatsache, dass unser Gehirn eine
Verknüpfungsmaschine ist die dem berühmten Pavlovschen Hund
Produkte mit guten Gefühlen verbindet und so kauft.
Menschen in Werbespotts sind aktiv, schön und haben Spass.
Auch negative Erfahrungen beeinflussen unsere Entscheide.
So kann beispielsweise zu einem Verknüpfungsirrsinn
kommen, wenn wir uns der Verknüpfungen nicht bewusst sind. Wir
können die Ueberbringer schlechter Nachrichten nicht mögen,
nur deshalb, weil der Botschafter automatisch mit der schlechten Nachricht
verknüpft wird.
Ein Beitrag von
Rolf Dobelli
in der
Sonntagszeitung.
zum Thema "Warum Erfahrung manchmal dumm macht ":
Unser Hirn ist eine Verknüpfungsmaschine. Das ist
grundsä¤tzlich auch gut so: Wir essen eine unbekannte
Frucht, uns wird schlecht, also meiden wir die entsprechende Pflanze
känftig und bezeichnen ihre Frächte als giftig oder
zumindest ungeniessbar. So entsteht Wissen. Nur: So entsteht auch falsches
Wissen. Untersucht hat dies zum ersten Mal der russische Mediziner Iwan
Pawlow. Ursprünglich wollte er bloss den Speichelfluss bei Hunden
messen. Die Versuchsanordnung war so gebaut, dass jeweils eine Glocke
bimmelte, bevor die Hundenahrung geliefert wurde. Bald reichte allein die
Glocke, um bei den Hunden die Speichelproduktion in Gang zu setzen. Sie
verknüpften zwei Dinge, die funktional nichts miteinander zu
tun hatten - das Läuten einer Glocke und die Produktion von
Speichel. Pawlows Methode funktioniert bei Menschen ebenso gut. Die
Werbung verknüpft Produkte mit positiven Gefühlen. Darum
werden Sie nie Coca-Cola in Verbindung mit einem unzufriedenen Gesicht
oder einem alten Körper sehen. Die Coca-Cola-Menschen sind jung,
sie sind schön, und sie haben unglaublich viel Spass.
Der Association Bias - zu Deutsch etwa: Verknüpfungsirrtum
- beeinträchtigt die Qualität unserer
Entscheidungen. Beispiel: Wir tendieren dazu, Üeberbringer von
schlechten Nachrichten nicht zu mögen. Auf Englisch bezeichnet
man dies als Shoot-the-Messenger-Syndrom. Der Botschafter wird mit dem
Inhalt der Nachricht assoziiert. Auch CEOs und Investoren haben die
(unbewusste) Tendenz, vermeintlichen Unheilsbringern aus dem Weg zu
gehen. Das Ergebnis: Auf der Teppichetage kommen nur gute Nachrichten an
- es entsteht ein verzerrtes Bild der Situation. Grossinvestor Warren
Buffett ist sich dessen sehr bewusst: Er hat die CEOs seiner Firmen
angewiesen, ihm die guten News gar nicht mitzuteilen, sondern nur die
schlechten - und zwar ohne Umschweife.
In den Zeiten vor Telemarketing und E-Mail gingen Handelsreisende
von Tür zu Tür und priesen ihre Waren an. Eines
Tages kam der Handelsreisende George Foster an einem Haus vorbei,
das unbewohnt war - was er nicht wissen konnte. Ein winziges
Gasleck hatte das Haus über Wochen mit entflammbarem Gas
gefüllt. Unglücklicherweise war noch dazu die Klingel
beschädigt. Als Foster auf den Knopf drückte, sprang ein
Funke, und das Haus explodierte. Foster musste ins Spital eingeliefert
werden. Zum Glück war er bald wieder auf den Beinen - doch seine
Panik vor Klingelknüpfen war so stark, dass er seinen Job viele
Jahre lang nicht mehr ausüben konnte. Er wusste durchaus, wie
unwahrscheinlich eine Wiederholung eines solchen Vorfalls ist. Doch sein
Verstand schaffte es beim besten Willen nicht, die (falsche) emotionale
Verknüfung zu üerschreiben.
Was man daraus lernen kann, hat niemand treffender gesagt als Mark Twain:
Wir sollten darauf achten, einer Erfahrung nur so viel Weisheit
zu entnehmen, wie in ihr steckt - mehr nicht.