Der Murdoch Skandal
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Die 168 Jahr alte Englische Boulevard Presse "News of the world"
wird am Sonntag die letzte Ausgabe verkaufen.
Reporter der Zeitung hatten die Telefone von Prominenten abgehört.
Der Medienkonzern von Murdoch ist in der Klemme. Es ist nicht nur ein
PR Schlamassel, die Geschichte wird von Scotland Yard noch weiter ermittelt.
Der Spiegel:
Mit so einem radikalen Schritt hatte niemand gerechnet. Die schlagartige
Einstellung der grössten britischen Sonntagszeitung ist das
Eingeständnis, dass der Abhörskandal ausser Kontrolle geraten
ist. Die Enthüllungen im Stundentakt, die Angriffe der Politiker,
die Massenflucht der Anzeigekunden - die Geschäftsführung sah
keinen anderen Ausweg mehr, als die Reissleine zu ziehen.
Abhörskandal um "News of the World" Murdochs Befreiungsschlag
ist der Höhepunkt einer dramatischen Woche. Begonnen hatte
die Krise am Montag, als der "Guardian" enthüllte, dass die
Privatschnüffler des Boulevardblatts die Mailbox des 2002
entführten 13-jährigen Mädchens Milly D. angezapft und
sogar Nachrichten gelöscht hatten. In den nächsten Tagen kamen
immer weitere Vorwürfe hinzu: Auch in anderen Fällen scheute die
"News of the World" offensichtlich nicht davor zurück, auf der Suche
nach saftigen Geschichten die Handy-Mailboxen von gewöhnlichen Briten
abzuhören, seien es Familienangehörige entführter Kinder,
von Terroropfern des 7. Juli 2005 in London oder von in Afghanistan
getöteten britischen Soldaten.
Sämtliche Vergehen liegen bereits Jahre zurück, doch die
Skrupellosigkeit der Journalisten löste eine Welle der Empörung
aus. Wütende Leserbriefe gingen in den Redaktionen ein, es gab
Boykottaufrufe im Internet, das Unterhaus debattierte, Premierminister
David Cameron kündigte eine offizielle Untersuchung an - und, was
vielleicht den Ausschlag gab: Die britische Wirtschaft senkte kollektiv
den Daumen über der "News of the World". Ford, Virgin, Halifax,
Sainsbury's, O2, Boots - ein Grosskunde nach dem anderen erklärte,
nicht mehr in dem Blatt zu inserieren. Kaum eine Firma wollte noch mit
dem verrufenen Namen in Verbindung gebracht werden.
Obendrein drohten die laufenden polizeilichen Ermittlungen und die
angekündigte offizielle Untersuchung, immer neues Belastungsmaterial
zutage zu fördern. Angesichts dieser düsteren Aussichten
entschied die News-Corp-Führung, ihren Goldesel zu opfern.
(...)
Die Einstellung der Zeitung ist ein riesiger Gesichtsverlust für
die mächtigste Mediengruppe des Landes, die auch die "Sun", die
"Times" und die "Sunday Times" herausgibt und den Fernsehsender Sky
betreibt. Jahrelang hatte sie darauf vertraut, den seit 2006 schwelenden
Abhörskandal irgendwie unterdrücken zu können. Erste
prominente Abhöropfer wurden mit Schweigegeld in Millionenhöhe
ruhig gestellt. Doch zuletzt hatte der Verlag immer mehr zugeben und
zurückrudern müssen - bis hin zu einer öffentlichen
Entschuldigung.
(...)
Brooks ist nicht die einzige offene Flanke, die bleibt. Führende
amtierende und ehemalige Redaktionsmitglieder haben Strafverfolgung zu
befürchten. Es geht nicht nur um die illegalen Abhörpraktiken,
sondern auch um die Bestechung von Polizeibeamten. News International
hatte am Dienstag bereits E-Mails an Scotland Yard übergeben,
die angeblich beweisen, dass der frühere "News of the
World"-Chefredakteur Andy Coulson Zahlungen an die Polizei autorisiert
hat. Laut "Evening Standard" sollen insgesamt über 100.000 Pfund
geflossen sein.
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Nachtrag vom 8. Juli, 2011:
Der Abhörskandal um die
Boulevardzeitung "News of the World" bringt den britischen Premierminister
David Cameron unter grossen Druck. Sein früherer Kommunikationschef
Andy Coulson wurde heute festgenommen.
Cameron räumte in einer extra einberufenen Medienkonferenz ein,
dass die Presseaufsicht in Grossbritannien versagt habe. Er kündigte
zwei umfassende öffentliche Untersuchungen an.
Die eine soll sich mit dem Abhörskandal um "News of the World"
beschäftigen, die anderen mit der Aufsicht über die Presse.
Die Leitung soll ein Richter übernehmen. Auch Vorwürfen,
dass die Polizei Bestechungsgelder angenommen habe, werde auf den Grund
gegangen.
Der Skandal drehe sich keinesfalls nur um eine einzige Zeitung und
einen Journalisten, sondern auch um Polizei und Politik, betonte
Cameron in London. "Die Wahrheit ist, wir stecken da alle mit drin",
erklärte er. (...)
Quelle: Blick
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Cartoon: "Ich habe das schnell für sie eingepackt".