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www.rhetorik.ch aktuell: (17. Mai, 2011)

SRG Gebuehrenkampf

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Letzte Woche hatte ich Gelegenheit mit Jugendlichen über die Radio und Fernsehgebühren zu diskutieren. Ich war erstaunt, wie viele Studentinnen und Studenten der ETH und UNI die angekündigten Gebühren als überrissen bezeichneten. Sie kamen nicht aus der Ecke SVP. Vielleicht deshalb: Heute können wir uns alle News und Informationen sofort "gratis" ab Netz beziehen - oft sogar schneller als wir die Nachrichten im Radio und Fernsehen erfahren. Zusätzlich noch beinahe 500.-- Fr zu bezahlen, leuchtet den meisten nicht ein. Es ist somit nicht erstaunlich, dass die Petition zur Reduktion der Gebühren einen dermassen grossen Erfolg hat. Wie bei den Krankenkassengebühren scheint mir die Schallgrenze der Akzeptanz beim Konsument bereits überschritten zu sein. Die Frage lautet nur: Wo konkret sparen? Aus dem "Blick"
Es ist die erfolgreichste Petition aller Zeiten: 134'000 Unterschriften für tiefere Billag-Gebühren sammelten die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli und die parteilose Initiantin der Facebook-Gruppe "Bye Bye Billag" Francisca Brechbühler - in nur vier Monaten! Ihre Website heisst gebuehrenmonster.ch: Francisca Brechbühler (l.) und Natalie Rickli. (Toini Lindroos) Am 17. Mai wird das Anliegen im Bundeshaus nun zuhanden von Bundesrat und Parlament eingereicht. Werden die Forderungen umgesetzt, müssten TV- und Radio-Nutzer nur noch 200 Franken für die SRG-Programme zahlen - statt, wie vorgesehen, die happigen 462 Franken. Die Billag würde verpflichtet, ihre Einsparungen den Konsumenten weiterzugeben. Die Initiantin Rickli: "Mit dem Erfolg hatten wir nicht gerechnet. Anfangs wurden wir eher belächelt. Das ist jetzt nicht mehr möglich." Merkwürdig nur: Nachdem die Jungparteien von CVP und FDP erklärten, die Petition zu unterstützen, wurden sie von Roger de Weck nach Bern eingeladen. Bei Brechbühler und Rickli dagegen meldete sich der SRG-Generaldirektor nicht. "Um Mehrheiten zugunsten der SRG zubekommen, ist de Weck neben der SP auf FDP und CVP angewiesen", so Rickli. Deshalb versuche er, die Petition in die SVP-Ecke zu drängen, obwohl viele Unterzeichner parteilos seien. Eine Volksinitiative dagegen haben die beiden Petitionärinnen noch nicht im Sinn. Natalie Rickli: "Das kostet viel Zeit und Geld. Ich weiss nicht, ob wir das haben."
Die Generaldirektion wäre gut beraten, mit allen Kontrahenten an einen Tisch zu sitzen und zu verhandeln. Keine Partei dürfte dabei ausgeklammert werden. Roger de Weck traue ich zu, dass er keine Brücken abbauen will. An der RFZ Generalversammlung verstand er es jedenfalls gut, die Notwendigkeit der Gebührenerhöhung verständlich darzulegen und sogar gehässigen Votanten ruhig und überlegen anzuhören. Nach meinem Dafürhalten muss der Bevölkerung auch gezeigt werden, wo künftig konkret gespart wird. Wie wäre es mit einem Kompromiss?

Aus 20 Min:
Nachtrag vom 23. Mai, 2011: Es ist offensichtlich, dass die Spitze der SRG jede Gelegenheit nutzt, um zu zeigen, dass die Minderheiten nur mit Finanzopfern für die Radio und TV Kanäle versorgt werden können. Das gehört zum Job der Generaldirektion SRG und ist richtig und wichtig. Doch erkenne ich bei den Konsumenten, dass man nichts hört oder liest, wo und wie die Verantwortlichen beim derzeitigen Programm aufzeigen, wo echt gespart werden könnte. Die 20 Min Umfrage zeigt auf, dass in der Bevölkerung ein grosses Unbehagen nachgewiesen werden kann. Die Schallgrenze der zumutbaren Gebühren scheint überschritten. Ich bin überzeugt, dass sich die Kosten konkret reduzieren lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, weshalb beispielsweise am Morgen SF2 zum Radiosender (DRS3) mutiert. So, als hätte man zu viel Kanäle. Gerne lese ich von konkreten Vorschlägen, welche Sendungen gestrichen werden könnten ohne dass die Qualität des Service public darunter leidet.
Plaudersendung oder Tagesschau? Quiz oder Kassensturz? Die Zuschauer wissen genau, wo sie bei der SRG den Rotstift ansetzen würden. "Die grössten Schweizer Talente" müssten dran glauben. Wie viel darf der mediale Service Public jährlich kosten? 200 Franken: 68.6 %0 Franken: 20 %463 Franken: 9.5 %Mehr als 463 Franken: 1.9 %200 Franken: 68.6% 200 Franken sind ausreichend - das zumindest sagt eine deutliche Mehrheit der Leser von 20 Minuten Online, die sich an der Web-Umfrage beteiligt haben. Die Leser von 20 Minuten Online sind sich einig: Die SRG ist ein fetter Moloch, der dringend auf Diät gesetzt werden muss. Das zeigt die grosse, nicht repräsentative SRG-Umfrage von vergangener Woche. Den "Eurovision Song Contest" würde hier niemand vermissen. Die grosse nicht repräsentative SRG-Umfrage von 20 Minuten Online wurde am Dienstagnachmittag um 14.30 Uhr aufgeschalten und war bis Freitag 13 Uhr online. 7 524 Leser nahmen daran teil. Davon 83 Prozent Männer und 17 Prozent Frauen. Am fleissigsten nahm die Altersgruppe zwischen 26 und 35 Jahren teil (29%), gefolgt von den 19- bis 25-Jährigen (22%). Doch auch abseits der schmerzhaften Aktualität fanden die Leser deutliche Worte: Die Schweiz braucht keine 18 öffentlich-rechtliche Radiosender. Ähnlich das Verdikt beim Fernsehen: 3 TV-Sender sind genug. Und: Es gehört nicht zum Bildungsauftrag des Schweizer Staatsfernsehens, Vorabend-Quizsendungen wie "5 gegen 5" zu produzieren! Unterhaltungsschwachstrom ist out. Wer allerdings Meinungskrawallmacher hinter den Resultaten vermutet, liegt falsch: Während Unterhaltungs- und Plauderformate wie die "Sportlounge" und "Die grössten Schweizer Talente" gnadenlos abgestraft wurden (mehr als 70% aller Teilnehmer fanden die erste DGST-Staffel total überflüssig oder haben sie nie geschaut), erhielten die SF-Paradepferde "Tagesschau", "Kassensturz" und "10vor10" durchwegs positive Zensuren. Als beste Sendung des SF erkoren die Umfrageteilnehmer - Überraschung! - "Dok". Insgesamt sehen die Leser die Gesamtleistung der SRG kritisch, aber differenziert: Obwohl sie bezweifeln, dass die nationale Rundfunkanstalt den Zusammenhalt in der Schweiz fördert und sie das faktische Monopol für nationale Radio- und TV-Sender deutlich ablehnen, ist nur knapp die Hälfte der Meinung, dass die SRG insgesamt kein "hochwertiges" Angebot liefere. Das Signal an den neuen SRG-Generaldirektor Roger de Weck ist klar: Es gibt noch Luft nach oben. Warm anziehen muss sich der grösste Schweizer Medienkonzern indes, wenn es um die Zwangsabgaben geht. Gemäss der Umfrage hat SVP-Nationalrätin Natalie Ricklis Petition, die eine Halbierung der Billag-Gebühren verlangt, beim Volk beste Chancen. 68,6 Prozent der Umfrageteilnehmer finden: "200 Franken pro Jahr sind angemessen". Nur ein Zehntel will weiterhin 463 Franken oder mehr bezahlen. Doch es kommt noch dicker: Dass die SRG zugleich Gebühren einzieht und Werbung ausstrahlt, versteht Otto Normalleser nicht. Vier von fünf Personen finden dieses schizoide Modell falsch. Gut möglich, dass die junge Zürcher Nationalrätin dem fetten Moloch SRG bald Beine macht - auf dass er wieder schlank und rank werde!
Die Umfrage zeigt, dass die SRG den Dialog zu den Initianten suchen sollte und in einer gut geführten Verhandlung darlegen, dass sie die Bedenken bei der Gebührenfrage ernst nimmt und konkrete Sparvorschläge unterbreitet. Der Versuch, die Bedenken der Petitionäre unter den Tisch zu wischen könnte sich dies langfristig rächen.

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