Letzte Woche hatte ich Gelegenheit mit Jugendlichen über die
Radio und Fernsehgebühren zu diskutieren. Ich war erstaunt, wie
viele Studentinnen und Studenten der ETH und UNI die angekündigten
Gebühren als überrissen bezeichneten. Sie kamen nicht
aus der Ecke SVP. Vielleicht deshalb: Heute können wir uns alle
News und Informationen sofort "gratis" ab Netz beziehen - oft sogar
schneller als wir die Nachrichten im Radio und Fernsehen erfahren.
Zusätzlich noch beinahe 500.-- Fr zu bezahlen, leuchtet den
meisten nicht ein. Es ist somit nicht erstaunlich, dass die Petition
zur Reduktion der Gebühren einen dermassen grossen Erfolg hat.
Wie bei den Krankenkassengebühren scheint mir die Schallgrenze der
Akzeptanz beim Konsument bereits überschritten zu sein. Die Frage
lautet nur: Wo konkret sparen?
Aus dem "Blick"
Es ist die erfolgreichste Petition aller Zeiten:
134'000 Unterschriften für tiefere Billag-Gebühren sammelten
die Zürcher SVP-Nationalrätin Natalie Rickli und die parteilose
Initiantin der Facebook-Gruppe "Bye Bye Billag" Francisca Brechbühler
- in nur vier Monaten! Ihre Website heisst gebuehrenmonster.ch: Francisca
Brechbühler (l.) und Natalie Rickli. (Toini Lindroos)
Am 17. Mai wird das Anliegen im Bundeshaus nun zuhanden von Bundesrat und
Parlament eingereicht. Werden die Forderungen umgesetzt, müssten TV-
und Radio-Nutzer nur noch 200 Franken für die SRG-Programme zahlen -
statt, wie vorgesehen, die happigen 462 Franken. Die Billag würde
verpflichtet, ihre Einsparungen den Konsumenten weiterzugeben.
Die Initiantin Rickli: "Mit dem Erfolg hatten wir nicht gerechnet.
Anfangs wurden wir eher belächelt. Das ist jetzt nicht mehr
möglich."
Merkwürdig nur: Nachdem die Jungparteien von CVP und FDP
erklärten, die Petition zu unterstützen, wurden sie von Roger
de Weck nach Bern eingeladen. Bei Brechbühler und Rickli dagegen
meldete sich der SRG-Generaldirektor nicht. "Um Mehrheiten zugunsten der
SRG zubekommen, ist de Weck neben der SP auf FDP und CVP angewiesen", so
Rickli. Deshalb versuche er, die Petition in die SVP-Ecke zu drängen,
obwohl viele Unterzeichner parteilos seien.
Eine Volksinitiative dagegen haben die beiden Petitionärinnen noch
nicht im Sinn. Natalie Rickli: "Das kostet viel Zeit und Geld. Ich weiss
nicht, ob wir das haben."
Die Generaldirektion wäre
gut beraten, mit
allen Kontrahenten an einen Tisch zu sitzen und
zu verhandeln. Keine Partei dürfte dabei ausgeklammert werden.
Roger de Weck traue ich zu, dass er keine Brücken abbauen
will. An der RFZ Generalversammlung verstand er es jedenfalls gut,
die Notwendigkeit der Gebührenerhöhung verständlich
darzulegen und sogar gehässigen Votanten ruhig und überlegen
anzuhören. Nach meinem Dafürhalten muss der Bevölkerung
auch gezeigt werden, wo künftig konkret gespart wird. Wie wäre
es mit einem Kompromiss?
Aus 20 Min:
Nachtrag vom 23. Mai, 2011:
Es ist offensichtlich, dass die Spitze der SRG jede Gelegenheit nutzt,
um zu zeigen, dass die Minderheiten nur mit Finanzopfern für die
Radio und TV Kanäle versorgt werden können. Das gehört
zum Job der Generaldirektion SRG und ist richtig und wichtig.
Doch erkenne ich bei den Konsumenten, dass man nichts hört oder
liest, wo und wie die Verantwortlichen beim derzeitigen Programm
aufzeigen, wo echt gespart werden könnte. Die 20 Min Umfrage zeigt
auf, dass in der Bevölkerung ein grosses Unbehagen nachgewiesen
werden kann. Die Schallgrenze der zumutbaren Gebühren scheint
überschritten.
Ich bin überzeugt, dass sich die Kosten konkret reduzieren
lassen. Ich kann mir nicht vorstellen, weshalb beispielsweise am
Morgen SF2 zum Radiosender (DRS3) mutiert. So, als hätte man zu
viel Kanäle. Gerne lese ich von konkreten Vorschlägen, welche
Sendungen gestrichen werden könnten ohne dass die Qualität
des Service public darunter leidet.
Plaudersendung oder Tagesschau? Quiz oder Kassensturz?
Die Zuschauer wissen genau, wo sie bei der SRG den Rotstift ansetzen
würden. "Die grössten Schweizer Talente" müssten
dran glauben. Wie viel darf der mediale Service Public jährlich
kosten? 200 Franken: 68.6 %0 Franken: 20 %463 Franken: 9.5 %Mehr als
463 Franken: 1.9 %200 Franken: 68.6%
200 Franken sind ausreichend - das zumindest sagt eine deutliche Mehrheit
der Leser von 20 Minuten Online, die sich an der Web-Umfrage beteiligt
haben.
Die Leser von 20 Minuten Online sind sich einig: Die SRG ist ein fetter
Moloch, der dringend auf Diät gesetzt werden muss. Das zeigt die
grosse, nicht repräsentative SRG-Umfrage von vergangener Woche. Den
"Eurovision Song Contest" würde hier niemand vermissen.
Die grosse nicht repräsentative SRG-Umfrage von 20 Minuten Online
wurde am Dienstagnachmittag um 14.30 Uhr aufgeschalten und war bis Freitag
13 Uhr online. 7 524 Leser nahmen daran teil. Davon 83 Prozent Männer
und 17 Prozent Frauen. Am fleissigsten nahm die Altersgruppe zwischen 26
und 35 Jahren teil (29%), gefolgt von den 19- bis 25-Jährigen (22%).
Doch auch abseits der schmerzhaften Aktualität fanden die Leser
deutliche Worte:
Die Schweiz braucht keine 18 öffentlich-rechtliche
Radiosender. Ähnlich das Verdikt beim Fernsehen: 3 TV-Sender
sind genug. Und: Es gehört nicht zum Bildungsauftrag des
Schweizer Staatsfernsehens, Vorabend-Quizsendungen wie "5 gegen 5" zu
produzieren! Unterhaltungsschwachstrom ist out.
Wer allerdings Meinungskrawallmacher hinter den Resultaten vermutet,
liegt falsch: Während Unterhaltungs- und Plauderformate wie die
"Sportlounge" und "Die grössten Schweizer Talente" gnadenlos
abgestraft wurden (mehr als 70% aller Teilnehmer fanden die erste
DGST-Staffel total überflüssig oder haben sie nie geschaut),
erhielten die SF-Paradepferde "Tagesschau", "Kassensturz" und "10vor10"
durchwegs positive Zensuren. Als beste Sendung des SF erkoren die
Umfrageteilnehmer - Überraschung! - "Dok".
Insgesamt sehen die Leser die Gesamtleistung der SRG kritisch, aber
differenziert: Obwohl sie bezweifeln, dass die nationale Rundfunkanstalt
den Zusammenhalt in der Schweiz fördert und sie das faktische Monopol
für nationale Radio- und TV-Sender deutlich ablehnen, ist nur knapp
die Hälfte der Meinung, dass die SRG insgesamt kein "hochwertiges"
Angebot liefere. Das Signal an den neuen SRG-Generaldirektor Roger de
Weck ist klar: Es gibt noch Luft nach oben.
Warm anziehen muss sich der grösste Schweizer Medienkonzern indes,
wenn es um die Zwangsabgaben geht.
Gemäss der Umfrage hat SVP-Nationalrätin Natalie Ricklis
Petition, die eine Halbierung der Billag-Gebühren verlangt,
beim Volk beste Chancen. 68,6 Prozent der Umfrageteilnehmer finden:
"200 Franken pro Jahr sind angemessen". Nur ein Zehntel will weiterhin
463 Franken oder mehr bezahlen.
Doch es kommt noch dicker: Dass die SRG zugleich Gebühren
einzieht und Werbung ausstrahlt, versteht Otto Normalleser nicht. Vier
von fünf Personen finden dieses schizoide Modell falsch. Gut
möglich, dass die junge Zürcher Nationalrätin dem fetten
Moloch SRG bald Beine macht - auf dass er wieder schlank und rank werde!
Die Umfrage zeigt, dass die SRG den Dialog zu den Initianten suchen sollte
und in einer gut geführten Verhandlung darlegen, dass sie die Bedenken
bei der Gebührenfrage ernst nimmt und konkrete Sparvorschläge unterbreitet.
Der Versuch, die Bedenken der Petitionäre unter den Tisch zu wischen
könnte sich dies langfristig rächen.