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www.rhetorik.ch aktuell: (12. Jan, 2011)

Radiergummi fuers Internet

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Ein Bild, das auf dem Internet veröffentlicht ist, ist kaum wieder zum verschwinden zu bringen.

Der Spiegel berichtet über einen vor kurzem vorgestellten Vorschlag, um das Internet vergesslich zu machen. Bundesminister Aigner und de Maizière wollen einen "digitaler Radiergummi". Peinliche Bilder sollen nach ein paar Jahren von allein aus dem Netz katapultiert werden:
Grundprinzip [WMV] Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und nun auch seine Kollegin, Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU), flirten mit der Idee eines "digitalen Radiergummis", einer Art Internetformat für Dateien mit Verfallsdatum. Wer nicht sicher ist, ob er das Bild von sich selbst mit der komischen Zigarette in der Hand in zehn Jahren wirklich noch so witzig findet, soll sich gewissermassen selbst eine Löschfrist setzen. Soll dem hochzuladenden Foto vorher einen Umschlag mitgeben, der dann dafür sorgt, dass es nach ein paar Jahren von selbst verschwindet. Der Saarbrücker Informatikprofessor Michael Backes hat soeben, auf Einladung des Verbraucherschutzministeriums, sogar eine Software vorgestellt, die das möglich machen soll: Bilder mit Verfallsdatum ins Netz zu stellen. Backes' System funktioniert, vereinfacht gesagt, so: Bilder werden vor dem Hochladen und Onlinestellen verschlüsselt. Ansehen kann sie nur, wer ein Zusatzprogramm für seinen Browser, ein sogenanntes Plug-in, installiert hat. Das Plug-in holt sich von einem anderen Server den Schlüssel, der das Bild sichtbar macht. Aber nur bis zu dem Tag, an dem das Verfallsdatum abläuft.
Der Spiegel listet ein paar Gründe, warum das Modell nicht funktioniert.
Nachtrag vom 24. Januar, 2011: "Digitaler Radiergummi ist gestartet": Heise:
Zur Totgeburt dürfte Professor Backes sein Projekt allerdings gemacht haben, indem er ankündigte, die Nutzung werde Geld kosten. Wer Bilddateien mit der X-pire-Methode verschlüsseln will, zahlt für 90 Tage knapp sieben Euro. Ein Jahresabo ist für 24 Euro zu haben. Ausserdem funktioniert X-pire derzeit nur mit einem Firefox-Plugin, das vor der Nutzung sowohl beim Ersteller als auch beim Betrachter installiert sein muss.
Nachtrag vom 1. Februar, 2011: 21 Min:: Das System ist geknackt.
Nun hat die CSU-Politikerin Aigner allerdings dicke Post aus der Schweiz erhalten: Die von ihrem Ministerium vorgestellte "Innovation" hat Schiffbruch erlitten. Das Zürcher IT-Unternehmen Scip zeigt auf seiner Website, wie X-pire geknackt werden kann. Durch eine Modifikation des Browser-Plugins ist es möglich, das System zu überlisten. So können die Bilder auch nach Ablauf des Verfallsdatums betrachtet werden. "Damit ist bewiesen, dass das Kryptosystem nicht gegen zielgerichtete Angriffe standhalten kann", heisst es. Im Interview mit 20 Minuten Online spricht Marc Ruef, Mitinhaber der Scip AG, über das Internet-Verfallsdatum und andere Herausforderungen. 20 Minuten Online: Was halten Sie vom Digitalen Radiergummi? Marc Ruef: Das Projekt X-pire war schon bei seiner Ankündigung umstritten. Denn es liegt nicht im Wesen des Internets, dass man es "zwingen" kann, etwas zu "vergessen". Als die ersten Spezifikationen der Implementierung bekannt wurden, schien es offensichtlich, dass sich das System überlisten lassen würde. Seine Nützlichkeit ist damit verpufft.

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