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www.rhetorik.ch aktuell: (25. Feb, 2010)

Cryptome verschwindet

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Wie schnell eine Webseite heute wegen einer Klage vom Netz genommen werden kann zeigt der Fall von Cryptome, das ein 22 Seitiges Arbeitspapier von Microsoft publiziert hatte. Der Fall führte zu einem Streisand Effekt. Das Dokument hat sich auf dem Netz wie ein Lauffeuer verbreitet.

Beunruhigend ist die Vorgehensweise: Ohne Gerichtsentscheid wurde die Antizensur Webseite Cryptome vom Internetregistrierservice Network Solutions weggenommen. Die Seite ist für mindestens 2 Wochen nicht mehr erreichbar.

Das Gesetz erlaubt solch rabiate Schritte. Kritiker meinen, es sei im Prinzip auch ermöglicht, eine Firma, eine Zeitung oder eine politische Gruppe für eine Weile mundtot zu machen, indem einfach kurzfristig die Addresse gesperrt wird.
Gerade vor einer Woche wurde in Deutschland von Horst Köhler ein Websperrengesetz unterschrieben. Das Gesetz beunruhigt, denn weder Privatpersonen, Verbraucherschützer oder Journalisten können die Rechtmässigkeit einer konkreten Sperrung überprüfen. Die Prozesse von Websperren und dem Ausschalten des Domainnames sind verschieden, doch im Prinzip sind beide geeignet, ohne richterliche Verfügung und unabhängiger Überprüfung, eine Webseite vom Netz zu nehmen:

Prozess Was passiert? Beispiel Gesetz, das das ermöglicht
Abschalten des Domainnamens: Die Seite ist zwar noch auf dem Server, aber nicht mehr erreichbar, weil die Registrierfirma den Namen löscht. Wie man im Falle von Cryptome sieht, wir temporär zwar eine Alternativ Seite zur Verfügung gestellt, bis die Sache geklärt ist. Tatsache ist jedoch, dass die ursprüngliche Seite weg vom Fenster ist. Digital Millenium Copyright Act
Websperren: Die Seite ist immer noch online, aber vom Land mit dem Gesetz nicht mehr erreichbar, weil umgeleitet. (Mittels Proxy Servern kann die Seite immer noch gesehen werden) Ein Kabarettist hat die Situation einmal so umschrieben: "eine Frau wird am Strassenrand vergewaltigt. Ein Polizist kommt und hält ein Schild davor, auf dem steht: 'Nicht hinsehen, bitte weitergehen'. " Gesetz zur Bekämpfung der Kinderpornographie in Kommunikationsnetzen"


Die Registrierfirma "Network Solutions" handelt nach dem Digital Millennium Copyright Act. Das Gesetz ist vor allem umstritten, weil Schritte ohne Gerichtsurteil eingeleitet werden können.

Im Cryptome Fall müsste man zuerst auch abklären, ob die Publikation des Dokumentes eine Urheberrechtsverletzung ist, denn die Firma Microsoft verkauft das Dokument nicht. Ein Jurist könnte argumentieren, dass die Weiterverbreitung keine Urheberverletzung ist.

Eine Verhinderung der Publikation hat definitiv nicht funktioniert. Innert Stunden nach der Sperrung sind Seiten eingesprungen, wie zum Beispiel Wikileaks.

Quellen:


Nachtrag vom 25. Februar, 2010: Cryptome ist wieder online. Microsoft hat die DMCA basierte Klage fallen gelassen. Der Domainhalter James Young will die Sache doch gerne vor einem Gericht sehen. Es sei heute zu leicht, dass eine grosse Firma eine andere Seite zum Verschwinden bringen kann.

Computerworld.



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