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www.rhetorik.ch aktuell: (16. Dez, 2009)

Voraussagen und Wahrsagerei

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Bild von Joseph Moroder Lusenberg 1846 - 1939 Quelle.
Ignazio Silone: "Der Ruhm vieler Propheten beruht auf dem schlechten Gedächtnis ihrer Zuhörer" Italienischer Romanautor u. politischer Schriftsteller,1900 - 1978.
20 Minuten widmet sich dem Thema Wahrsagerei. Wie immer am Ende des Jahres kann man schauen, wie gut die Zukunfsprognosen von Astrologen sind.

Die Astrologen hatten für 2009 unter anderem Anschläge auf den US-amerikanischen Präsidenten, Terroranschläge in Berlin und Frankfurt am Main sowie ein erfolgreiches Comeback von Michael Jackson vorhergesagt. Laut der netzeitung.de seien sie mit ihren Prognosen aber nicht sehr treffsicher gewesen. Die Zeitung beruft sich dabei auf die Meinung der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP). Der GWUP-Mitarbeiter (sie nennen sich auf der Homepage "Die Skeptiker") und Mathematiker Michael Kunkel sagte, dass Wahrsager überwiegend daneben liegen. Landeten sie mal einen Treffer, dann passiere dies zufällig. Als gutes Beispiel dafür führt er Boris Becker an. Über den ehemaligen Tennisprofi seien alle möglichen Varianten vorhergesagt worden. Und zwar so viele, dass eine der Prognosen zwangsläufig zutreffen musste. So auch die, dass Becker erneut vor den Traualtar treten würde. Eine Wahrsagerin tippte allerdings ins Schwarze. Sie sagte voraus, dass es im Hudson-River in New York zu einem Flugzeugabsturz kommen werde. Mathematiker Kunkel verwies jedoch darauf, dass dies bei dem hohen Flugaufkommen über dem Fluss statistisch gesehen wahrscheinlich sei. Und wer jährlich über 200 Vorhersagen abgebe, bei dem sei die Wahrscheinlichkeit eines Treffers allein schon aus rechnerischen Gründen gross.
Nachtrag vom 23. Dezember: "Prognosen" von Martin Hüfner im "20 Minuten solle zehn Überraschungen, deren Eintreten unwahrscheinlich aber möglich ist:
  • Präsident Obama scheitert im Herbst an einer Mehrheit der Republikaner, Amerika ist führungslos. An den Krisenherden eskaliert die Gewalt.
  • China verliert seine Position als Wachstumslokomotive.
  • Es kommt zu einem Dollar-Crash. Der grosse Verlierer ist der Goldpreis.
  • China kauft keine US-Staatsanleihen mehr. Die USA sind geschockt, die Zinsen für Staatspapiere steigen.
  • Nach 10 Jahren Erfolg wird der Euro schwach.
  • In Deutschland fällt die FDP unter 5 Prozent, die Steuerreform wird abgeblasen.
  • Angela Merkel überlegt sich, als Europäische Präsidentin zu kandidieren.
  • Ferdinand Piech gibt die Führung von Volkswagen ab.
  • In Frankreich explodiert ein Atomkraftwerk.
  • Der deutsche Finanzminister will mit einer Steueramnestie Gelder aus dem Ausland zurückholen.
Diese Art von "Wahrsagerei" ist raffiniert. Angenommen, jede der Aussagen passieren mit nur 10 Prozent Wahrscheinlichkeit, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine Fall eintritt, nur 100* 0.910 = 35 Prozent. Die "Wette" scheint schlecht für Hüfner zu stehen, doch hat er gute Karten, wenn er nur daran gemessen wird, dass eine der Überraschungen eintritt. Schon bei 7 Prozent Trefferwahrscheinlichkeit für jeden der 10 Fälle sind seine Chancen zu gewinnen grösser als zu verlieren. Raffiniert ist auch, einen unwahrscheinlichen Fall wie das "explodierende Atomkraftwerk" hineinzubringen. Das bring den Wahrsager auf die Schlagzeilen. Wage Prognoson wie "China verliert seine Position als Wachstumslokomotive" ist Interpretationssache und so ziemlich wahrscheinlich, stellt aber sicher, dass er doch die eine oder andere Prognose in einem Jahr für sich behaupten kann. (Jeder eintretende Fall wird dann natürlich als Prognose verkauft).



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