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www.rhetorik.ch aktuell: (16. Mar, 2009)

Zum Stimmenverlust der SP Schweiz

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Im Tagesanzeiger Artikel "Heisst das Problem Christian Levrat?" analysieren die Schweizer Politologen Hans Hirter, Georg Lutz und Andreas Ladner den momentanen Krebsgang der SP Schweiz. Die Partei verlor im Aargau 8 und in Solothurn 4 Sitze. Vom Tief der Sozialdemokraten konnten die Grünen, die Grünliberalen profitieren.
  • Lutz: Levrat als Romand komme in der Deutschschweiz zu wenig an.
  • Hirter: die Grünnen wirden frischer und unabhängiger.
  • Ladner: die Öffentliche Wahrnehumg fehlt.
  • Lutz: die Günen haben profilierte Leute.
  • Alle: die Krise ist noch nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit.
Hier ist ein Gedanke der Politologin Regula Stämpfli:


Einzelthemen, Neues und Personen lassen sich immer einfacher verkaufen als Gerechtigkeit, Geschichte und Prozesse. Die SP hat diesbezüglich also ein strukturelles Problem: Zu viele Themen, zu wenig Neues und nicht nur eine, sondern mehrere Personen. Dann kommt noch etwas hinzu, was schon in Italien und in Österreich bei Haider und Berlusconi beobachtet wurde: Die Linke streitet unteinander lieber als dass sie für etwas streitet. Das sieht man an den hässlichen, persönlichen Attacken, die Linke, die Grünen gegen die SP, die Grünliberalen gegen die Grünen, die SP gegen die Grünliberalen etc. fahren.
All das merken die Menschen und wenden sich von der Politik ab oder sie folgen den Phrasendreschern. Und solange alle Medien Phrasendreschern gerne Plattformen gibt während die Anti-Phrasendrescher auf sich selber konzentriert sind statt Politiken mehrheitsfähig zu machen, bleiben die Verluste nicht nur der SP, sondern auch der CVP beispielsweise.


Dem können wir noch beifügen:

Das Prinzip: Intern streiten - nach aussen jedoch "geeint mit einer Stimme auftreten" macht sich immer bezahlt. Wenn sich zwei streiten, freut sich bekanntlich der Dritte. Dies gilt nicht nur für die SP, sondern auch für den Bundesrat, der sich seit Monaten mit dem Fehlverhalten "Jeder gegen Jeden" enorm geschadet hat. Doch der Bundesrat hat nichts zu befürchten. Er wird nicht vom Volk gewählt. Als Partei hätte unsere Exekutive ebenfalls Stimmen verloren.


Nachtrag vom 26. März, 2009: Der Blick schreibt zum Zustand der SP:
  • Michael Hermann:: Es sei eben eine Fehlüberlegung, dass die Menschen in der Krise automatisch Vertrauen in den Staat fassten und deshalb in Scharen zur Sozialdemokratie überliefen. Auch komme die SP-Rhetorik der Umverteilung im Volk nicht gut an: "Viele Leute haben Angst, dass die SP mit ihren gross angelegten Hilfsprogrammen zu viele Steuergelder verpulvern würde". Zudem fragten sich die Wähler, wer am meisten Kompetenzen habe, mit den wirtschaftlichen Problemen umzugehen - "und da denken sie nicht in erster Linie an die Sozialdemokraten".

  • Der Zürcher Professor für Innenpolitik, Hanspeter Kriesi verweist auf den Aufstieg Hitlers in Folge der grossen Wirtschaftsdepression der 30er-Jahre. "Dennoch müsste man meinen, dass die SP in der aktuellen Krise eine Chance haben sollte", betont Kriesi. Wieso das nicht so ist, sei auch ihm ein Rätsel. Er vermutet, dass es den Genossen an attraktiven Köpfen fehle und sie deshalb in den Medien zu wenig Gehör bekämen. Ein grosses Problem sieht Kriesi in den sprachlichen Defiziten des Präsidenten Christian Levrat: "In einem Land mit 70 Prozent Deutschschweizern ist ein Romand an der Spitze eine unglückliche Besetzung." Hermann bezeichnet Levrat zwar als smart und aktiv - "doch um in der Deutschschweiz eine Identifikationsfigur zu werden, wirkt er zu technokratisch".

  • Der Lausanner Professor Andreas Ladner sieht die Ursachen für die SP-Taucher eher in ihrer traditionellen Offenheit gegenüber der EU und Bereitschaft zur Aufnahme von Immigranten. "In Krisenzeiten können Menschen, die um ihre Jobs bangen, solchen Rezepten nur wenig abgewinnen", betont er. Und erinnert an die fremdenfeindliche Schwarzenbach-Initiative in den wirtschaftlich schwierigen 70er-Jahren: Der Vorstoss bekam damals breite Unterstützung aus der SP-Wählerschaft. In der aktuellen Krise bekommt die SP nun zwar Recht: Sie hatte immer vor den Auswüchsen der neoliberalen Wirtschaft gewarnt. Doch sie kann daraus keinen Profit schlagen. Das liegt für Ladner daran, dass niemand Besserwisser mag. "Statt das Mantra vom stärkeren Staat herunterzubeten, müsste die SP klarmachen, wie die Rollenteilung zwischen Staat und Wirtschaft künftig konkret aussehen soll".

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