Heise vom 4. Februar 2009
Facebook und Co. könnten Schweizer Initiativ- und Referendumsrecht
Die schweizerische Bundeskanzlei hat von der Regierung (Bundesrat)
den Auftrag erhalten, ein Aussprachepapier zu erstellen, das sich mit
den Auswirkungen des Internets auf Unterschriftensammlungen für
Referenden und Volksinitiativen beschäftigt. Müssen für
eine Initiative derzeit innerhalb von 18 Monaten 100.000 und für ein
Referendum, das ein Gesetz des Parlaments bekämpft, innerhalb von 100
Tagen 50.000 Unterschriften gesammelt werden, könnte künftig
die Zahl der benötigten Unterschriften erhöht oder die Dauer
der Sammelfrist verkürzt werden.
Es sei eine Tatsache, dass über das Internet relativ schnell
Unterschriften gesammelt werden können, erläuterte der
Sprecher der Bundeskanzlei, Hansruedi Moser, gegenüber der
Nachrichtenagentur SDA. Genutzt werden dabei vor allem soziale Netzwerke
wie Facebook oder MySpace, wo diverse Gruppierungen aus der Schweiz
auch aktuell Unterstützer für unterschiedlichste Anliegen
suchen. Geprüft werden soll nach dem Willen der Regierung deshalb
nun, ob die in der Verfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft
verankerten Vorgaben für Referenden und Volksinitiativen noch
zeitgemäss sind.
Die Regierung stösst sich vor allem daran, dass es Gruppierungen
zuletzt immer wieder gelungen ist, in kürzester Zeit Zehntausende
Unterschriften zu sammeln und Volksabstimmungen über Gesetze zu
erzwingen - ohne dass wie früher eine grosse öffentliche
Diskussion stattgefunden hätte. Jüngste Beispiele sind
etwa das Referendum gegen die Einführung biometrischer Pässe
und Identitätskarten (Abstimmung am 17. Mai) oder das Referendum
gegen die Ausweitung der Personenfreizügigkeit auf die Länder
Rumänien und Bulgarien (8. Februar). Ein Grund für den Erfolg:
Allein mehr als eine Million Schweizer sind über Facebook vernetzt -
was etwa jedem siebten Einwohner entspricht.
Kritiker einer Änderung der Vorgaben weisen unterdessen darauf
hin, dass das Internet bei Referenden und Volksinitiativen nur eine
untergeordnete Rolle spiele. Letztlich käme es auf das Thema an und
ausserdem müssten die Unterschriftenbögen ja wie sonst auch
ausgedruckt, unterschrieben und eingeschickt werden. Gegenüber der
üblichen Sammlung von Unterschriften auf der Strasse, habe die Suche
nach Unterstützern im Internet aber den Vorteil, dass dies nicht im
Vorbeigehen geschehe, sondern dass sich der Bürger im Web intensiv
über ein Thema informieren könne, bevor er sich für eine
Unterzeichnung entscheidet. (pmz/c't)
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