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www.rhetorik.ch aktuell: (04. Jun, 2008)

Der Spaltpilz in der SVP

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:
Seit der Abwahl Christoph Blochers steht die grösste Partei im Fokus der Medien. Politologen rätseln, wie die Auseinandersetzung mit der neuen SVP Bundesrätin, die keine SVP Politik macht, weitergehen könnte. Nach den gescheiterten Versuchen, Eveline Widmer Schlumpf zum Parteiaustritt zu bringen, war erkennbar, dass die Aktion mit dem Parteiausschluss einer Kantonalpartei die Situation eskalieren wird. Heute geht es nur noch um die Fragen:
  • Kommt es zu einer Spaltung der Partei?
  • Oder kommt es nur zu einer Abspaltung einzelner Mitglieder?
  • Gelingt es den Kritikern tatsächlich - wie bei den Grünen - eine neue Partei zu gründen, die etwas zu sagen hat im Heer der Mittepolitiker.


Tatsache ist: Die SVP wird so oder so kleiner. Anderseits wird nun die Partei prägnanter politisieren können. (Die missliebigen Mitglieder sind sie los). Der SVP wurde vorgeworfen:
  • Sie dulde keine Querdenker. Sie politisiere diktatorisch.
  • Für die Strafaktion Widmer-Schlumpf wurden 3500 Leute in Sippenhaft genommen (Die Kollegialbestrafung ist ein Verhältnisblödsinn).
  • Der SVP sei der Erfolg in den Kopf gestiegen und übermütig geworden.
  • Die SVP habe die Stimmung in der Bevölkerung nicht erkannt.
Die SVP verteidigt sich anderseits mit den Argumenten:
  • Es habe keinen anderern Weg bestanden, die neue Bundesrätin auszuschliessen. Eine Statutenänderung sei während der Auseinandersetzung nicht möglich gewesen.
  • Obschon die neue Bundesrätin in Kernfragen gegen die eigenen Partei politisiere, sei sie nicht bereit gewesen, aus der Partei auszutreten und damit Hand zu bieten für eine allgemeine Befreidung. Die Bundesrätin habe alle Vorschläge (Spuhler usw.) von sich gewiesen und damit den Scherbenhaufen riskiert.
Kommentar: Eine Flurbereinigung könnte der SVP entgegen kommen. Doch wird die grösste Partei so oder so geschwächt. Dies zeigt einmal mehr, dass Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Schadenfreude der anderen Parteien ist nachvollziehbar. Endlich kann nun das Wachstum der SVP gestoppt werden. Die Abspaltung lag längst in der Luft. Der Prozess bringt möglicherweise eine Klärung. Doch hat es eine allfällige neue Partei alles andere als einfach. Die SP FDP und CVP dürfen sich nicht zu früh freuen. Wenngleich der Bundesrat problemloser politisieren kann ohne Querdenker Blocher, so könnte sich die Arbeit im Parlament durch die Opposition der SVP langfristig recht negativ auswirken. Auch bei künftigen Wahlen müssen die derzeitigen erfolgreichen Akteure des Geheimplanes (Blocher muss weg!) mit Retourkutschen rechnen. Das politische Klima ist jedenfalls vergiftet. Ob sich somit der geheime, erfolgreiche Coup gegen Blocher langfristig gelohnt hat, darf bezweifelt werden.

Alle Parteien werden künftig von den derzeitigen Querelen etwas abbekommen - nicht nur die SVP. Der Spaltpilz hat sich jedenfalls eingenistet. Die Resultete werden wir demnächst sehen. Uebrigens sind derzeitigen Auseinandersetzungen in der Schweizer Politlandschaft für die Medien ein gefundenes Fressen.

Eine Einschätzung durch die Politologin Regula Stämpfli:

Die SVP hat nach ihrem durchschlagenden Wahlsieg vom Herbst 2007 nichts anderes als die Weiterführung ihrer, für die Schweiz ziemlich revolutionären Strategie, verfolgt. Dabei hat die Parteiführung die Bodenhaftung und den Sinn für die Konkordanzrealitäten in der Schweiz verloren. Sie wurde deshalb auch von der Abwahl Christoph Blochers völlig überrascht und musste während entscheidenden Wochen desorientiert politisieren. Der Entscheid, die Abwahl Blochers nicht in einen neuen Mobilisationseffekt für die Partei umzumünzen, sondern lieber Rache an der neugewählten Bundesrätin zu üben, ist nun der erfolgsverwöhnten SVP schlecht bekommen. Ebenso schlecht wie der Oppositionskurs. Dies muss die Partei nun schmerzhaft spüren und sie durchläuft momentan eine Phase wie die damalige österreichische FPÖ, die von ihrem sensationellen Wahlsieg von 1999 mit über 26% im Jahr 2004 mit knapp 6% eigentlich zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken ist. Wieweit sich die SVP von innerem Spaltpilz, oppositionellen, nicht-konkordanten und damit auch nicht-erfolgreichen Politiken erholen kann, wird sich weisen. Bekanntlich leben Totgesagte länger und die SVP hat es, nicht zuletzt unter Christoph Blocher, immer wieder geschafft, politisch nicht nur viel zu bewegen, sondern auch zu gewinnen. Doch eines ist klar: Die letzten sechs Monate werden nicht einfach so schnell verkraftet werden können - die Partei ist schwer angeschlagen. Es könnte sein, dass die SVP mit ihrem sensationellen Wahlerfolg 2007 zugleich Zenith und beginnender Abstieg erlebt hat.



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