Tatsache ist:
Die SVP wird so oder so kleiner. Anderseits wird nun die Partei
prägnanter politisieren können. (Die missliebigen Mitglieder
sind sie los). Der SVP wurde vorgeworfen:
- Sie dulde keine Querdenker. Sie politisiere diktatorisch.
- Für die Strafaktion Widmer-Schlumpf wurden 3500 Leute in Sippenhaft genommen
(Die Kollegialbestrafung ist ein Verhältnisblödsinn).
- Der SVP sei der Erfolg in den Kopf gestiegen und übermütig geworden.
- Die SVP habe die Stimmung in der Bevölkerung nicht erkannt.
Die SVP verteidigt sich anderseits mit den Argumenten:
- Es habe keinen anderern Weg bestanden, die neue Bundesrätin
auszuschliessen. Eine Statutenänderung sei während der
Auseinandersetzung nicht möglich gewesen.
- Obschon die neue Bundesrätin in Kernfragen gegen die eigenen Partei politisiere,
sei sie nicht bereit gewesen, aus der Partei auszutreten und damit Hand
zu bieten für eine allgemeine Befreidung. Die Bundesrätin
habe alle Vorschläge (Spuhler usw.) von sich gewiesen und damit
den Scherbenhaufen riskiert.
Kommentar:
Eine Flurbereinigung könnte der SVP entgegen kommen. Doch wird die
grösste Partei so oder so geschwächt. Dies zeigt einmal mehr,
dass Bäume nicht in den Himmel wachsen. Die Schadenfreude der
anderen Parteien ist nachvollziehbar. Endlich kann nun das Wachstum der
SVP gestoppt werden. Die Abspaltung lag längst in der Luft. Der
Prozess bringt möglicherweise eine Klärung. Doch hat es eine
allfällige neue Partei alles andere als einfach. Die SP FDP und
CVP dürfen sich nicht zu früh freuen. Wenngleich der Bundesrat
problemloser politisieren kann ohne Querdenker Blocher, so könnte
sich die Arbeit im Parlament durch die Opposition der SVP langfristig
recht negativ auswirken. Auch bei künftigen Wahlen müssen die
derzeitigen erfolgreichen Akteure des Geheimplanes (Blocher muss weg!) mit
Retourkutschen rechnen. Das politische Klima ist jedenfalls vergiftet.
Ob sich somit der geheime, erfolgreiche Coup gegen Blocher langfristig
gelohnt hat, darf bezweifelt werden.
Alle Parteien werden künftig von den derzeitigen Querelen etwas
abbekommen - nicht nur die SVP. Der Spaltpilz hat sich jedenfalls
eingenistet. Die Resultete werden wir demnächst sehen. Uebrigens
sind derzeitigen Auseinandersetzungen in der Schweizer Politlandschaft
für die Medien ein gefundenes Fressen.
Eine Einschätzung durch die Politologin Regula Stämpfli:
Die SVP hat nach ihrem durchschlagenden Wahlsieg vom Herbst 2007 nichts
anderes als die Weiterführung ihrer, für die Schweiz ziemlich
revolutionären Strategie, verfolgt. Dabei hat die Parteiführung
die Bodenhaftung und den Sinn für die Konkordanzrealitäten
in der Schweiz verloren. Sie wurde deshalb auch von der Abwahl
Christoph Blochers völlig überrascht und musste während
entscheidenden Wochen desorientiert politisieren. Der Entscheid, die
Abwahl Blochers nicht in einen neuen Mobilisationseffekt für die
Partei umzumünzen, sondern lieber Rache an der neugewählten
Bundesrätin zu üben, ist nun der erfolgsverwöhnten SVP
schlecht bekommen. Ebenso schlecht wie der Oppositionskurs. Dies muss
die Partei nun schmerzhaft spüren und sie durchläuft momentan
eine Phase wie die damalige österreichische FPÖ, die von ihrem
sensationellen Wahlsieg von 1999 mit über 26% im Jahr 2004 mit knapp
6% eigentlich zur Bedeutungslosigkeit herabgesunken ist. Wieweit sich
die SVP von innerem Spaltpilz, oppositionellen, nicht-konkordanten und
damit auch nicht-erfolgreichen Politiken erholen kann, wird sich weisen.
Bekanntlich leben Totgesagte länger und die SVP hat es, nicht
zuletzt unter Christoph Blocher, immer wieder geschafft, politisch nicht
nur viel zu bewegen, sondern auch zu gewinnen. Doch eines ist klar: Die
letzten sechs Monate werden nicht einfach so schnell verkraftet werden
können - die Partei ist schwer angeschlagen. Es könnte sein,
dass die SVP mit ihrem sensationellen Wahlerfolg 2007 zugleich Zenith
und beginnender Abstieg erlebt hat.
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