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www.rhetorik.ch aktuell: (11. Mar, 2008)

Überzeugen oder Übertünchen?

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:




Nach zweiwöchiger Erkrankung ist Kurt Beck zurück. Wenn Beck zurück auf Deck behauptet, er habe keinen Wortbruch begangen, so ist dies unglaubwürdig.


Spiegel- online: Seine Stimme klang noch nicht fest. Nach zwei Wochen ernsthafter Erkrankung meldete sich Parteichef Kurt Beck erstmals wieder in der Öffentlichkeit.

"Ich wollte die Begegnung mit Ihnen nicht missen",


begrüsste er die Journalisten in Berlin, "deshalb bin ich hier". Er sei fit und handlungsfähig, erklärte er. Seine Stimme sei geschwächt, sein Führungswille nicht. Beck nutzte die Pressekonferenz, um über das Verhältnis der SPD zur Linken zu sprechen. Den Vorwurf des Wortbruchs beim Kurswechsel gegenüber der Partei wies er zurück.

"Ich kann nicht erkennen, dass ich mein Wort gebrochen habe",


sagte er. Auch gegen den Vorwurf einer "Hinwendung der SPD" zur Linken wandte er sich. "Ich habe die Hoffnung gehabt, dass in westdeutschen Flächenländern Die Linke herauszuhalten ist. Dies gelang nicht."




Die Zeit:

Kurzzeitig schien es dann zwar so, als könne Beck mit Korrekturen an der Agenda 2010 die Basis besänftigen, die Konflikte in der SPD befrieden und der Partei neues Selbstbewusstsein geben. Doch das ist vorbei. Heftiger denn je wird seit drei Wochen in der SPD gestritten. Beck hat die daraus erwachsene Krise mit seinem schlecht kommunizierten und dilettantisch vorbereiteten Kurswechsel in Sachen Linkspartei entscheidend mitzuverantworten.

Andere SPD-Vorsitzende sind schon über kleinere Fehler gestürzt. Das Einzige, was Beck im Amt hält, ist die fehlende Konkurrenz. Dass bei allen Spekulationen um einen Putsch in der SPD immer wieder der Name Müntefering fiel, zeigt, wie dünn die Personaldecke der Partei ist.

Die SPD hat aber nicht nur einen schwachen Vorsitzenden. Sie hat auch keinen Kanzlerkandidaten, der 2009 einen erfolgreichen Wahlkampf bestreiten könnte. Würde Beck nominiert, es wäre das vorzeitige Eingeständnis einer Niederlage.


Ein Titel in Bild- online sagt es deutlicher:

Beck quatscht Probleme weg!


Die Landtagsabgeordnete Dagmar Metzger hatte sich dem Linkskurs der hessischen SPD- Vorsitzenden Andrea Ypsilanti widersetzt. Diese hatte geplant, sich auch mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin wählen zu lassen. Beck sagte, er sehe keinerlei Notwendigkeit, von irgendeiner Seite Druck auf Metzger auszuüben. Die Abgeordnete war jedoch in den vergangenen Tagen unter massiven Druck der Landespartei geraten, ihr Mandat zurückzugeben. Man sprach sogar von Mobbing. Auf eine mögliche Kandidatur als Kanzlerkandidat bei der Wahl im kommenden Jahr wollte sich Beck derzeit nicht festlegen. Diese Frage stelle sich aktuell nicht.

Beck war zuletzt am Abend der Hamburg-Wahl am 24. Februar öffentlich aufgetreten. Zuvor hatte der SPD-Vorsitzende einen Kurswechsel der SPD eingeleitet, indem er nach der Hessen-Wahl den Landesverbänden freie Hand für eine Kooperation mit der Linkspartei gab. Zu den innerparteilichen Querelen sagte Beck lediglich "Mir war zehn Tage leider keine Stimme gegeben. Ich werde sie wieder erheben, aber ich werde sie intern erheben." Berichte über Absprachen zwischen seinen Stellvertretern Frank-Walter Steinmeier und Peer Steinbrück sowie Brandenburgs SPD-Ministerpräsident Matthias Platzeck, gegen eine Kanzlerkandidatur Becks dementierte er mit den Worten: "Ein solches Zerwürfnis gibt es nicht." Es ist erstaunlich: Beck tut so, als sei er immer gegen die Linken gewesen, dabei hat er Ypsilanti grünes Licht zur Zusammenarbeit gegeben. Beck weiss nichts von Druckversuchen der SPD auf die Abgeordnete Metzger. Kein Wort über die internen Zerwürfnisse. Beck versteht es hervorragend, die Brötchen so zu backen, dass man nicht sieht, wie es im Innern der Brötchen aussieht. Doch müssen die Brötchen noch gegessen werden und dann vergeht Einigen der Appetit.

An der Medienkonferenz machte Beck einen schlechten Eindruck. Er war wankelmütig und unentschieden. Sein Auftritt war undeutlich, uninspiririerend. Probleme wurden verharmlost. Er hätte nicht auftreten sollen. Die Kampagne gegen die Kanzlerkandidatur Becks wird weitergehen und der unrühmliche Eiertanz wird nicht so schnell ein Ende finden. Das Trauerspiel der SPD erinnert an eine Seifenoper. Das Hin und Her wird allmählich zum Dauerprogramm. Zusammenarbeit mit den Linken - dann wieder nicht, später evt. doch. Ypsilanti will, dann will sie nicht oder doch, eindeutig doch nicht? Konfusion pur! Jeder redet über jeden. Die Seifenoper hat ein einfaches Prinzip: Die Entgegnungen werden ständig zum neuen Programm. Die Dramaturgie ist bekannt d.h. der Wiedererkennungswert einer Seifenopern ist für Aussenstehende offensichtlich. So unglaubwürdig diese Seifenoper ist, so engagierter bemüht sich jeder Akteur - mit Worthülsen - um Glaubwürdigkeit. Das Verstolpern Kurt Becks beim jüngsten Auftritt gehört angeblich auch zum Drehbuch dieser Seifenoper.


Nachtrag vom 12. März 2008: Scharping Falle : Im "Spiegel vom 12. März vergleicht der Politologe Franz Walter die Situation Becks mit der Schapings in den Neunziger Jahren.




Nachtrag vom 15. März 2008: In einem Strategiepaper, über der frühere SPD-Chef Müntefering Kritik am Rot-Roter-Slalom von Kurt Beck. "Der Fehler ist gemacht", nun müsse der Schaden begrenzt werden, schrieb er nach Informationen des Spiegels. Quelle.



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