Monika Stocker haben wir verschiedentlich für ihr
vorbildliches Botschaftenmanagement gelobt. Sie überstand erstaunlich gelassen
monatelanges Trommelfeuer der Kritik. Wir bewunderten
stets die Widerstandsfähigkeit dieser Vollblut -Politikerin. Wir
analysierten in verschiedenen Beiträgen Stockers vorbildliches
Botschaftenmanagement. Man hatte das Gefühl, Kritik pralle an
ihr ab. Nun hat sich gezeigt, dass kein Mensch eine Dauerkritik - eine
monatelange Krisensituation - unbeschadet überstehen kann. Monika
Stocker schlugen die Fälle des Sozialmissbrauchs nicht auf den
Magen, auch nicht auf ihre Nieren. Ihr Körper reagierte auf eine
andere Art und Weise. Die grüne Sozialvorsteherin wurde mit einem
Kreislaufkollaps ins Spital eingeliefert. Während der letzten Tage
kursierten schon Meldungen über ihren Rücktritt. Doch die
grüne Partei bestritt dies zwar wenige Tage vor dem Rücktritt
vehement. Man habe es nur mit Gerüchten zu tun, hiess es.
Wenige Stunden darauf folgte die Mitteilung:
Stocker tritt Ende Juli zurück!
Eigentlich habe sie erst in den nächsten vier Wochen über
diesen Entscheid informieren wollen, hiess es im Brief Stockers. Das Leben halte sich
aber nicht an die eigenen Pläne, setzte Grenzen und wolle seinen
eigenen Rhythmus. Deshalb müsse sie der Partei auf diesem Weg
mitteilen, dass sie beim Bezirksrat die Demission auf den 31. Juli
eingereicht habe, schrieb Stocker. Die angeschlagene Politikerin wurde
ins Spital eingeliefert. Die 59-jährige grüne Politikerin,
die dem Zürcher Stadtrat seit bald 14 Jahren angehört, wurde
vor Wochen zusätzlich von zwei Mitarbeiterinnen angegriffen, die
die Missbrauchskontrolle im Sozialdepartement anzweifelten. Stocker
wurde von Stadtrat Gerold Lauber (CVP) vertreten.
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Tagi vom 6. Februar 2008
Dieser Fall veranschaulicht, dass Konflikte
rasch ausgetragen werden sollten. Wer sich einem Dauerärger aussetzt,
gefährdet sich. Es kann zu gesundheitlichen Schaden kommen. Ein
Druck der ständig unterdrückt wird, sucht sich der Druck
anderweitig einen Ausweg.
Ein wichtiges Prinzip des Konfliktmanagements lautet: Probleme rasch ausräumen.
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Monika Stocker scheiterte eindeutig an Kommunikationsfehlern. Sie ist
kaum Opfer von Medienkampagnen des "Tages Anzeigers" und der "Weltwoche".
Die Missstände im Sozialamt häuften sich seit
Jahren. Es war erstaunlich, dass es Monika Stocker es schaffte,
all die gravierenden, bewiesenen Unzulänglichkeiten so lange
unbeschadet zu überleben, so, als sei nichts geschehen.
Im letzten Jahr baute Stocker die Sozialhilfe mit ihrem System
der Überbrückung von Notfällen zu einer Art "Volksrente"
um. Die "Weltwoche" wollte schon lange mit der Sozialvorsteherin
ein Interview über das System der Sozialhilfe in Zürich
führen. Als Monika Stocker die Fragen erhalten hatte, zog sie aus
unverständlichen Gründen das Gesprächsangebot zurück.
Das war ein Fehler. Nun liess die Weltwoche die
Sozialvorsteherin mit zusätzlichen eigenen Recherchen ins Leere
Laufen. Stockers Gesprächsverweigerung "gepaart mit einem offensiv
zur Schau getragenen Selbstbewusstsein" (Tagi vom 6.2.08), hatte
für die Journalisten etwas Provozierendes. Dies war der Auslöser
der "Weltwoche-Recherchen". Immer mehr Pannen kamen zu Tage. Leute
innerhalb der Abteilung soziale Dienste schafften sich mit Indiskretionen
Luft. Die Fülle von Negativberichten führten dazu, dass Monika
Stocker erst Ende August 2007 doch noch bereit war, der "Weltwoche" Rede
und Antwort zustehen. Dann war es aber zu spät. Im Gegensatz zu
den früheren konkreten, wohlbedachten Kernbotschaften, wirkten
ihre Aussagen nun vage und gewunden.
Wer bei den Medien mauert, macht einen grossen Fehler.
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Stocker wurde Opfer einer fatalen Logik.
Bei Pannen müssen Medien Fragen stellen.
Dabei kommen leider auch Emotionen ins Spiel.
Attraktiv ist die Personifizierung und vor allem Skandale.
Wird gemauert, werden Probleme zwangsläufig hochgekocht. Die
Problematik der Steigerungslogik gilt es in Krisensituationen stets
zu bedenken. Anderseits ist und bleibt der Missbrauch der Sozialhilfe
ein brennendes Thema bei der Bevölkerung. Monika Stocker hätte
ab letzten Herbst unbedingt sagen sollen, was sie gegen den Missbrauch
vorkehrt. Proaktive Information wäre gefragt gewesen. Statt
dessen lehnte sie zuerst
sogar Inspektoren ab. Als man ihr diese Inspektoren aufgezwungen hatte,
forderte sie, dass diese nur mit Voranmeldung in die Wohnungen gehen. Eine
Forderung, die niemand nachvollziehen konnte. Wir stellten fest: Im
Gegensatz zu den ersten Medienauftritten ermüdetet die Powerfrau,
Monika Stocker erstarrte, stockte. Sie hätte dieses aufreibende
Amt vielleicht nicht länger als 10 Jahre betreuten sollen.
In den meisten Medien wurde die Politikerin dennoch für ihre
grossen Verdienste gelobt. Dürr beurteilte Monika Stocker mit
folgendem Satz im Radio:
"Monika Stocker bemühte sich immer, gut zu arbeiten."
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Aufmerksame Leserinnen kennen derartige Formulierungen bei
Arbeitszeugnissen. Das Wort bemühte" implizit, dass Stocker schlecht arbeitete.
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