Rhetorik.ch

Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com
Aktuell Artikel Artikel Inhaltsverzeichnis Suche in Rhetorik.ch:

www.rhetorik.ch aktuell: (16. Feb, 2008)

Wie Dauerkritik an die Nieren gehen kann

Rhetorik.ch Artikel zum Thema:


Monika Stocker haben wir verschiedentlich für ihr vorbildliches Botschaftenmanagement gelobt. Sie überstand erstaunlich gelassen monatelanges Trommelfeuer der Kritik. Wir bewunderten stets die Widerstandsfähigkeit dieser Vollblut -Politikerin. Wir analysierten in verschiedenen Beiträgen Stockers vorbildliches Botschaftenmanagement. Man hatte das Gefühl, Kritik pralle an ihr ab. Nun hat sich gezeigt, dass kein Mensch eine Dauerkritik - eine monatelange Krisensituation - unbeschadet überstehen kann. Monika Stocker schlugen die Fälle des Sozialmissbrauchs nicht auf den Magen, auch nicht auf ihre Nieren. Ihr Körper reagierte auf eine andere Art und Weise. Die grüne Sozialvorsteherin wurde mit einem Kreislaufkollaps ins Spital eingeliefert. Während der letzten Tage kursierten schon Meldungen über ihren Rücktritt. Doch die grüne Partei bestritt dies zwar wenige Tage vor dem Rücktritt vehement. Man habe es nur mit Gerüchten zu tun, hiess es. Wenige Stunden darauf folgte die Mitteilung:

Stocker tritt Ende Juli zurück! Eigentlich habe sie erst in den nächsten vier Wochen über diesen Entscheid informieren wollen, hiess es im Brief Stockers. Das Leben halte sich aber nicht an die eigenen Pläne, setzte Grenzen und wolle seinen eigenen Rhythmus. Deshalb müsse sie der Partei auf diesem Weg mitteilen, dass sie beim Bezirksrat die Demission auf den 31. Juli eingereicht habe, schrieb Stocker. Die angeschlagene Politikerin wurde ins Spital eingeliefert. Die 59-jährige grüne Politikerin, die dem Zürcher Stadtrat seit bald 14 Jahren angehört, wurde vor Wochen zusätzlich von zwei Mitarbeiterinnen angegriffen, die die Missbrauchskontrolle im Sozialdepartement anzweifelten. Stocker wurde von Stadtrat Gerold Lauber (CVP) vertreten.




Tagi vom 6. Februar 2008


Dieser Fall veranschaulicht, dass Konflikte rasch ausgetragen werden sollten. Wer sich einem Dauerärger aussetzt, gefährdet sich. Es kann zu gesundheitlichen Schaden kommen. Ein Druck der ständig unterdrückt wird, sucht sich der Druck anderweitig einen Ausweg.

Ein wichtiges Prinzip des Konfliktmanagements lautet: Probleme rasch ausräumen.


Monika Stocker scheiterte eindeutig an Kommunikationsfehlern. Sie ist kaum Opfer von Medienkampagnen des "Tages Anzeigers" und der "Weltwoche". Die Missstände im Sozialamt häuften sich seit Jahren. Es war erstaunlich, dass es Monika Stocker es schaffte, all die gravierenden, bewiesenen Unzulänglichkeiten so lange unbeschadet zu überleben, so, als sei nichts geschehen.

Im letzten Jahr baute Stocker die Sozialhilfe mit ihrem System der Überbrückung von Notfällen zu einer Art "Volksrente" um. Die "Weltwoche" wollte schon lange mit der Sozialvorsteherin ein Interview über das System der Sozialhilfe in Zürich führen. Als Monika Stocker die Fragen erhalten hatte, zog sie aus unverständlichen Gründen das Gesprächsangebot zurück. Das war ein Fehler. Nun liess die Weltwoche die Sozialvorsteherin mit zusätzlichen eigenen Recherchen ins Leere Laufen. Stockers Gesprächsverweigerung "gepaart mit einem offensiv zur Schau getragenen Selbstbewusstsein" (Tagi vom 6.2.08), hatte für die Journalisten etwas Provozierendes. Dies war der Auslöser der "Weltwoche-Recherchen". Immer mehr Pannen kamen zu Tage. Leute innerhalb der Abteilung soziale Dienste schafften sich mit Indiskretionen Luft. Die Fülle von Negativberichten führten dazu, dass Monika Stocker erst Ende August 2007 doch noch bereit war, der "Weltwoche" Rede und Antwort zustehen. Dann war es aber zu spät. Im Gegensatz zu den früheren konkreten, wohlbedachten Kernbotschaften, wirkten ihre Aussagen nun vage und gewunden.

Wer bei den Medien mauert, macht einen grossen Fehler.


Stocker wurde Opfer einer fatalen Logik. Bei Pannen müssen Medien Fragen stellen. Dabei kommen leider auch Emotionen ins Spiel. Attraktiv ist die Personifizierung und vor allem Skandale.

Wird gemauert, werden Probleme zwangsläufig hochgekocht. Die Problematik der Steigerungslogik gilt es in Krisensituationen stets zu bedenken. Anderseits ist und bleibt der Missbrauch der Sozialhilfe ein brennendes Thema bei der Bevölkerung. Monika Stocker hätte ab letzten Herbst unbedingt sagen sollen, was sie gegen den Missbrauch vorkehrt. Proaktive Information wäre gefragt gewesen. Statt dessen lehnte sie zuerst sogar Inspektoren ab. Als man ihr diese Inspektoren aufgezwungen hatte, forderte sie, dass diese nur mit Voranmeldung in die Wohnungen gehen. Eine Forderung, die niemand nachvollziehen konnte. Wir stellten fest: Im Gegensatz zu den ersten Medienauftritten ermüdetet die Powerfrau, Monika Stocker erstarrte, stockte. Sie hätte dieses aufreibende Amt vielleicht nicht länger als 10 Jahre betreuten sollen.

In den meisten Medien wurde die Politikerin dennoch für ihre grossen Verdienste gelobt. Dürr beurteilte Monika Stocker mit folgendem Satz im Radio:

"Monika Stocker bemühte sich immer, gut zu arbeiten."


Aufmerksame Leserinnen kennen derartige Formulierungen bei Arbeitszeugnissen. Das Wort bemühte" implizit, dass Stocker schlecht arbeitete.



Rhetorik.ch 1998-2011 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com