Die Abstimmungskampagne der SVP rief die Bundespräsidentin auf
den Plan. Nachdem sie jüngst erfolgreich eine Rede an der
Frauenrütliveranstaltung durchgeboxt hatte, griff sie
in unüblicher Weise als Bundespräsidentin und SP Parteimitglied
persönlich in den Wahlkampf ein und verurteilte gemäss
"Rendez-Vous" im Schweizer Radio DRS 1 vom 30. August die Plakataktion der SVP mit scharfen
Worten. Die
Kampagne mit den weissen Schäfchen und dem schwarzen Schaf,
das ausgestossen wird, sei abstossend und unverantwortlich:
Am Mittwoch meinte sie im Westschweizer Radio:
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"Ich denke, es ist wichtig, dass es in diesem Land Leute gibt, die den Mut haben,
eine solche Kampagne zu verurteilen. Die Kampagne stösst mich ehrlich gesagt ab.
Sie ekelt mich, weil sie den Hass schürt. Es ist eine rassistische Kampagne".
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Sie verabscheue, wenn Menschen isoliert werden, statt sie zu vereinen.
Die Kampagne der SVP stachle die Leute zu Hass und Rassismus an. Dies sei
unverantwortlich. Diese harten Worte einer Magistratin gegen die SVP
waren aussergewöhnlich und erstaunlich. Als Bundespräsidentin
rief sie die Bevölkerung auf, sich gegen diese Kampagne zur
Wehr zu setzen. Sie gebe zwar zu, dass es Probleme gebe - bezüglich
"Ausländerkriminalität". Die SVP wähle jedoch den falschen
Weg, um diese Probleme zu lösen.
Auf der Parteizentrale der Schweizerischen Volkspartei löste die
Attacke der Bundespräsidentin Kopfschütteln aus.
Generalsekretär Gregor Rutz:
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"Ich finde, dass es nicht Aufgabe des Bundesrates ist, Abstimmungs- und
Wahlkampagnen zu beurteilen. Ich bin sehr erstaunt darüber. Ich
halte diese Aeusserungen für einen Ausrutscher.
Jeder kennt das Sprichwort vom schwarzen Schaf. Das kennt jedes Kind.
Jeder weiss, was mit dem schwarzen Schaf gemeint ist. Das
ist derjenige, der die Regeln nicht akzeptiert."
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In diesem Sinne habe die SVP nichts gegen die Ausländer, die friedlich
in der Schweiz leben und arbeiten,
"Aber jene Leute, die nur Schwierigkeiten bereiten -
gegenüber diesen Leuten ist jegliche Toleranz fehl am Platz."
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Calmy-Rey kritisierte schon einmal die
SVP-Ausschaffungsinitiative mit scharfen Worten. Sie sei das Letzte, was
die Schweiz brauche, sagte sie vor Tagen an der Delegiertenversammlung
der SP in Olten. Mit der Drohung, Störefriede aus dem Land zu
werfen, könne Kriminalität nicht verhindert werden. Dass
die Kriminalitätsrate bei ausländischen Jugendlichen
überproportional hoch sei, liege nicht an deren Herkunft. Es
brauche Integration, und Integration heisse Chancengleichheit. Und diese
müsse gefördert werden. Diese pointierten Worte fielen aber
an einer Parteiversammlung.
Die Rüge im Westschweizer Radio war jedoch eine offizielle Aussage
als Bundespräsidentin an die Öffentlichkeit und hatte damit ein
anderes Gewicht.
Kommentar:
Das ungewöhnliche Eingreifen der SP Bundespräsidentin in den
Wahlkampf gegen eine Konkurrenzpartei könnte kontraproduktiv sein.
Ein grosser Teil der Bevölkerung nicht damit einverstanden ist,
wenn Mehrfachtäter mit grossen Kosten therapiert und integriert
werden. Die Initiative hat gute Chancen, angenommen zu werden.
Vielleicht ist damit die Nervosität auf der SP Seite zu erklären.
Obwohl die Bundespräsidentin eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung
geniesst ist daran zu zweifeln, ob sie die Stimmberechtigten mit ihrem Eingreifen
überzeugen konnte. Die emotional überladene Schelte
Calmy- Reys gegen die Kampagne der Konkurrenzpartei ist ein Patzer.
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