Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey war am Samstagabend im
Westschweizer Fernsehen TSR in einer Rolle zu sehen, die im Vorfeld
für Diskussionen gesorgt hatte. In der Unterhaltungssendung
"Coups de coeur" hat sie das Lied "Les trois cloches" des Waadtländers
Jean Villard-Gilles zum Besten gegeben, das durch Edith Piaf
bekannt wurde. Das Lied war im Studio aufgenommen worden. Wie man sehr gut
im Film sehen kann, ist das "Playback" Nachsingen nicht so leicht.
Kritiker hatten vor der Ausstrahlung vom Samstagabend moniert, ein solcher
Auftritt zieme sich nicht für eine Bundespräsidentin.
Andere wiederum argumentierten, Calmy-Rey könne so ein Publikum
erreichen, das sich normalerweise wenig für Politik interessiere.
Calmy-Rey selbst sagte im Vorfeld vor den Medien, singen sei etwas Edles
und schade dem Ansehen einer Bundespräsidentin überhaupt
nicht. Es gehöre zum Programm für ihr Präsidialjahr,
das Einende und Verbindende zu betonen und auch mit Emotionen zu
kommunizieren.
Obschon sich viele Politiker als Musikanten Medienpräsenz
verschafft hatten - Clinton mit dem Saxaphon - Bundesrat Schlumpf mit
dem "Handörgeli", vertreten wir nach wie vor die Meinung, dass
derartige Auftirtt wenig mit dem Auftrag als Politiker zu tun haben.
Die Brücke zum Publikum müsste vor allem in politischen Fragen
aufgebaut werden.
Die Aussenministerin betonte, dass sie vor dem Singen grosses
Lampenfieber gehabt habe. Sie habe jeden Abend geübt. Die Aufnahme
im Studio sei eine grosse Arbeit gewesen, habe ihr aber derart Spass
gemacht, dass sie gerne noch andere Lieder gesungen hätte. Bei
der Aufnahme seien alle sehr nett mit ihr gewesen - anders als in
politischen Sendungen, so bestätigt sie. Der Auftritt hat so vor
allem der Bundespräsidentin selbst gut getan.