Die Nachricht von der Hinrichtung Husseins verbreitete sich rasch.
Es dauerte nur Stunden, und dann war das offizielle Video auf dem Amerikanischen
Sender CNN zu sehen. Auch ein inoffizielles Video, von einem der anwesenden
Beobachter mit dem Handy gefilmt, war bald per YouTube zu sehen.
Millionen haben die Henkersszene auf Film gesehen. Der offizelle Film wurde vom
Kameramann Ali Al Massedy aufgenommen. Das ganze Tape soll 15 Minuten
lang dauern.
Das zweite Video provoziere Fragen. Warum wurden Handis im Exekutionsraum erlaubt?
Wenn nur eine offizielle Filmversion hätte den Raum verlassen müssen,
dann wäre es ein leichtes gewesen, dies durchzusetzen. Der ganze 15
minütige Film soll als "top secret" klassiert worden sein und wurde nicht
herausgegeben. In der herausgegebenen Szene fehlt der Ton. Die inoffizille Version
wurde in den Medien auch kommentiert, vorallem der Wortwechel wegen.
Ein aufgebrachter Sunnit zeigt seine mit
Schafsblut beschmierte Hand als Zeichen
Rache für Saddam Hussein.
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Nachtrag vom 2. Januar, 2007:
Im Irak wird die unoffizielle Handy Filmung untersucht.
Quelle: BBC. Die Irakische Regierung befürchtet, dass das
Video die Spannungen im Irak erhöhen könnte.
Die irakische Regierung will den Wächter ausfindig machen,
der die Hinrichtung Saddam Husseins mit dem Handy gefilmt hat.
Die Handy-Bilder wie auch das übrige Gebaren von Saddams
Henkern drohen den Irak in ein einziges Pulverfass zu verwandeln.
20 Minuten.
Laut "Spiegel Online" will die irakische Regierung prüfen, wie es
dazu kommen konnte, dass die Wächter, welche an der Hinrichtung
von Saddam Hussein beteiligt waren, eigene Bilder von den Geschehnissen
machen konnten und weshalb sie den Ex-Diktator in der Minute seines
Todes aufs gröbste beschimpften.
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Nachtrag vom 3. Januar, 2006: Hinrichtungsvideo wird Verkaufsschlager
Das heimlich mit einem Handy gedrehte Video von der Hinrichtung Saddams
schürt den Hass zwischen Schiiten und Sunniten im Irak. In Bagdads
Schiiten-Hochburg Sadr-City avanciert die Aufnahme zum Verkaufsschlager.
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Nachtrag vom 3. Januar, 2006: Der Spiegel hat eine Übersetzung
der Henkerszene
Saddam: "O Gott!"
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Personen beten:
"Gott segne all jene, die für Mohammed und seine Nachfahren beten.
Friede sei auf Mohammed und seinen Anhängern. Möge die Ankunft
des Mahdi beschleunigt werden und mögen seine Feinde verflucht sein!"
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Mann: "Muktada! Muktada! Muktada"
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Gemeint ist damit der Schiitenführer Muktada al-Sadr.
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Saddam: "Muktada? Zeigt ihr so euren Mut als Männer?"
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Mann: "Zur Hölle!"
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Saddam: "Ist das der Mut der Araber?"
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Mann: "Zur Hölle!"
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Saddam: "Die Hölle, die der Irak ist?"
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Mann (Munkith al-Farun, der Staatsanwalt ?)
"Bitte, dieser Mann wird exekutiert. Ich bitte Euch!"
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Mann: "Lang lebe Mohammed Bakir al-Sadr!"
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Damit ist ein Verwandter Muktadas gemeint, der als Grossayatollah ein
wichtiger Führer der irakischen Schiiten war, bis er 1980 von
Schergen Saddams ermordet wurde.
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Saddam
"Ich bekenne, es gibt keinen Gott ausser Gott und Mohammed
ist der Gesandte Gottes. Ich bekenne, es gibt keinen Gott
ausser Gott und Mohammed ist der Gesandte ..." -
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Die Falltür wird geöffnet und der Körper fällt
in die Tiefe.
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Mann: "Der Tyrann ist gefallen! Möge Gott ihn verfluchen!"
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Männer "Gepriesen sei Mohammed!"
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Mann:"Lasst ihn für drei Minuten hängen!"
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Mann:
"Nein, nein, tretet zurück. Lasst ihn acht Minuten
hängen. Nehmt ihn noch nicht herunter."
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Ein Mann will für den Toten beten. Er wird angeschrieen:
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Mann: "Was, für den willst du beten?"
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Nachtrag vom 6. Januar, 2007: Hier ist ein bemerkenswertes Wortspiel von Maureen
Dowd in der New York Times,
als sie über die Tatsache reflektiert, dass viele der skandierenden der Hinrichtung Shiiten waren und
Shiiten und Sunnis sich schon 1400 Jahre lang im Irak bekämpft hatten:
Graham Bell
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"Maybe it was preordained back in the days when Alexander Graham Bell
invented the telephone and the British diplomat Gertrude Bell drew the
boundaries of the modern Iraq that a security guy with a cellphone would
capture the spectacle."
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"Vielleicht wurde es vorbestimmt in den Tagen als
Alexander Graham Bell
das Telefon erfunden hatte und als die Britishe Diplomatin
Gertrude Bell die
Grenzen des modernen Iraks gezogen hatte, dass ein Sicherheitsbeamter das
Hinrichtungsspektakel mit einem Telefon filmen würde."
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Gertrude Bell
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Nachtrag vom 7. Januar. Die mediale Revolution hat begonnen
Nach Manfred Probst von der NZZ am Sonntag vom 7. Januar 2007
hat die Internet Aera begonnen. Das Beispiel der Veröffentlichung des
Handy Videofilms der Hinrichtung von Saddam Hussein im Internet
zeige, dass in unserer multimedialen Weltgesellschaft - die Herrschenden
die Hoheit über die Bilder verloren haben. Früher konnten
Stalin und Mao ihre toten Feinde noch ohne Weiteres aus Gruppenfotos
oder historischen Werken eliminieren. Dies ist nicht
mehr möglich. Heute werden verbale Entgleisungen von Politikern
- die mit Handy Kameras gefilmt wurden - sofort ins Netz gestellt und
nachher meist auch im Fernsehen gezeigt und bleiben somit verewigt.
Internetbeiträge landen nicht in irgendeinem verstaubten Archiv,
sondern bleiben für längere Zeit zugänglich.
Die Hussein- Hinrichtung innert weniger Tage von Millionen gesehen worden.
Manfred Papst begrüsst die Entwicklung der medialen Revolution. Die
Demokratie sei gleichsam im Vormarsch. Doch könnten derartige
Enthüllungen nicht mit dem Impetus der Aufklärung gleichgesetzt
werden, denn viele Veröffentlichungen würden von Häme, Neid,
Voyeurismus und Schadenfreude getrieben. Der lesenswerte Beitrag schliesst
mit dem Gedanken:
"Die Internet-Aera hat erst begonnen. Wir wissen noch sehr wenig
darüber wie sie unserer Gesellschaft verändern wird- und wie
wir Würde, Recht und Freiheit in ihr schützen lassen."
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Kommentar: Das Video von der Hinrichtung Husseins
macht bewusst, dass sich der Umgang mit Medien mit dem Internet
radikal geändert hat.
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Es ist ein historisch wichtiges Dokument,
das viele Diskussionen ausgelöst hat:
- Historischer Aspekt:
"The awful power of the Hussein snuff film derives not just from its
illustration of the barbarity of capital punishment, even in a case where
the condemned is a mass murderer undeserving of pity. What really makes
the video terrifying is its glimpse into the abyss of an irreversible
and lethal breakdown in civic order. It sends the same message as those
images of helicopters fleeing our embassy in April 1975: Iraq, like
Vietnam before it, is in chaos, beyond the control of our government or
the regime were desperately trying to prop up. The security apparatus of
Iraqs unity government was powerless to prevent the video, let alone the
chaos, and cant even get its story straight about what happened and why."
Source: Frank Rich, January 7, 2007, The Timely Death of Gerald Ford, New
York Times
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"Die ungeheuerliche Macht des Husseinsterbevideos stammt nicht nur von
seiner Illustration der Barbarei der Todestrafe, selbst in einem Fall,
wo ein Massenmörder keine Mitleid verdient. Was das Video tatsälchlich
erschreckend macht, ist der Blick in den Abrund eines irreversiblen und
tödlichen Versagens des Zivilrechts. Es vermittelt die gleiche Nachricht
wie die Bilder der Heilkopter, die im Jahre 1975 über Saigon geflogen
sind. Irak, wie vorher der Vietnam ist im Chaos, ausserhalb jeglicher Kontrolle
unserer Regierung oder des Regimes, das wir verzweifelt zu bilden wollen.
Der Sicherheitsapperat in der Irakischen Regierung war unfähig, dieses
Video zu verhindern, geschweige denn das Chaos im Land. Er bringt es nicht einmal
fertig herauszufinden, was genau passiert ist und warum."
Quelle: Frank Rich, January 7, 2007, The Timely Death of Gerald Ford, New
York Times.
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- Ethischer Aspekt: die Publikation wurde als Argument gegen
die Todesstrafe begrüsst: es sein ein effektiver "Werbespot"
gegen die Todesstrafe.
- Medialer Aspekt: wie der NZZ Artikel illustriert,
symbolisiert das Video eine mediale Revolution. Die Kontrolle
der Medien ist (im Moment wohl (*)) nicht mehr so leicht.
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