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www.rhetorik.ch aktuell: (1. Juni, 2006)

Bildhauer Rhetorik



Kunstwerke haben ihre eigenen Sprache. So auch die Muskelprotze in Berlin aus der NS-Zeit. Mit geschwellter Brust stehen die "neuen Hellas" bereits siebzig Jahre vor dem Berliner Olympiastadion. Bildhauer Karl Albiker avancierte während des zweiten Weltkriegs zum Lieblingsbildhauer von Adolf Hitler. Die seelenlosen Muskelprotze, die für die Olympischen Spiele von 1936 geschaffen worden sind, erhitzen nun kurz vor den Fussball- Weltmeisterschaften die Gemüter. Es kam zu einer grösseren Kontraverse. Schriftsteller Ralph Giordano möchte schon heute die Gestalten spurlos abbauen und verschrotten lassen. Die Initiatorin des Holocaust-Mahnmals, Lea Rosh, fordert deren Verhüllung. Historiker möchten hingegen die riesengrossen und splitternackten Muskelmänner als Zeitzeugen stehen lassen.


Kommentar: Wir beleuchteten immer wieder, wie provokative Bildern, Plakate, Texte, Karikaturen, Filme oder Kunstwerken zu endlosen Diskussionen führen bei denen es um Begriffe wie Zensur, Bücherverbrennung, Meinungsfreiheit usw. geht.

So lange Texte, Bilder und Kunstwerke nicht eindeutig gegen die Menschenwürde, die Verletzung der Persönlichkeitsrechte oder gegen gesetzliche Richtlinien wie Rassendiskriminierung verstossen, sollte man mit Verboten zurückhaltend bleiben.


Die Zerstörung dieser Zeitzeugen wäre in diesem Fall deplaziert. Die sonderbaren Gestalten veranschaulichen nämlich sehr gut, wie seelenlos und verlogen die Bildhauerrhetorik der NS-Künstler war. Die Statuen illustrieren auch die amateurhafte Dilletanz, die die von den Nazis verbannte "entarteten Kunst" verdrängt hat. Mehr Beispiele von Soviet und Nazikunst sind auf der Seite goodart.org von Brian Yoder zu finden. Übrigens müsste auch das monumentale Olympiastadion abgerissen werden, das von den Nazis gebaut wurde, wenn die Sportfans vor dem Anblick der protzigen Architektur Hitlers verschont werden sollten. Es schadet auch nichts, wenn sich die Fussballfreunde auch ein wenig mit historischen Fragen des Nationalismus auseinandersetzen müssen.


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