Die 41. Verleihung der "Goldenen Kamera" am 2. Februar 2006
im Berliner Axel-Springer-Haus wurde von mehr als 6.5
Millionen Zuschauer am ZDF Fernsehen mitverfolgt.
Einzigartig und humorvoll war
Rudi Carell's Rede.
Braungebrannt vom Karibik-Urlaub und trotz seiner Krebserkrankung
optimistisch lächelnd, trat er vor das Publikum:
Wie Sie hören, hab ich gewisse Probleme mit meinen
Stimmbändern. Nun ist das nicht so schlimm: mit dieser Stimme kann
man in Deutschland immer noch Superstar werden.
Ich möchte mich bedanken, in alphabetischer Reihenfolge ... Die
Tatsache, dass ich hier heute Abend diesen Ehrenpreis in Empfang nehmen
kann, verdanke ich in allererster Linie meiner Krankenversicherung,
dem Klinikum Bremen-Ost und der deutschen Pharma-Industrie...
Und es geht mir Und es geht mir super! Ich könnte morgen wieder, Herr
Döpfner, stimmt es, dass "ProSieben" und "Sat1" wieder zu haben sind?
Ich bin schön braun, näh? Ja, ich war vier Wochen, bin heute
zurückgekommen, vier Wochen auf einer unbewohnten Insel. Vier Wochen
ohne Fernsehen, Internet, ohne Telefon. Und vier Wochen ohne deutsche
Zeitung. Und es war einfach entsetzlich!
Und da kommst du zurück aus dem Urlaub, und da kriegst du die
Goldene Kamera. Für mein Lebenswerk. Ich, ein Holländer. Sie
sind nett zu uns, muss ich sagen. Ja. Wissen Sie, dass von allen
deutschen Städten Berlin die Holländer-freundlichste Stadt
Deutschlands ist?
Kann ich bitte mal n Stuhl haben? (Stuhl wird polternd auf die Bühne
geworfen)
Für mich ist und bleibt Fernsehen immer etwas Wunderbares! Als ich
1960 anfing, meine erste holländische Show, da bin ich abends als die
aufgezeichnete Show im Fernsehen lief, in diesem Viertel, wo ich wohnte,
rausgegangen von Fenster zu Fenster, habe die Leute beobachtet, wie sie
meine Show gesehen haben. Habe ab und zu ans Fenster geklopft, gerufen:
'Hallo, wie bin ich?' und so.
Das war damals, 1960. Heute natürlich macht niemand mehr das. Oder
glauben Sie, dass Günther Jauch abends durch Potsdam schleicht
und? Glauben Sie nicht?
Ich weiss nicht, ob dies mein letzter Auftritt im Fernsehen ist. Denn in
Amerika und England bekommen alte Showmaster immer Rollen in Fernsehfilmen
oder Spielfilmen. Und vor drei Jahren hab ich mich bei Bernd Eichinger
beworben für die Hauptrolle in Der Untergang. Für die
Hauptrolle. Aber Bernd Eichinger glaubte, dass mein Akzent würde
die Zuschauer irritieren.
Vierzig Jahre, vierzig Jahre Deutschland, vierzig Jahre deutsches
Fernsehen. Und ich hab wahnsinnig viel erlebt!
Und ich war nicht im Publikum heute Abend. Ich war im 18. Stock, in dem
früheren Büro von Axel Springer. Und als ich vor 25 Jahren ihn
besuchen durfte, da kuckte ich hinter seinem Rücken nach unten auf
die Mauer. Und da hab ich gesagt: Herr Springer, wie können Sie ein
Büro bauen mit so einer Aussicht? Hat er gesagt: Ich möchte
dabei sein, wenn das Unding verschwindet. Und daran muss ich heute
Abend wieder denken. Und da bin ich durch das Riesen-Gemälde von
ihm gegangen. Da war niemand anders in dem Raum und ich hab einfach zu
Axel Springer gesprochen. Ich hab gesagt: Ich hab ne Überraschung:
Die Mauer ist weg. Und ich hab noch ne Überraschung. Wir haben
nen Bundeskanzler aus dem Osten! Und es ist eine Frau! Und da fiel das
Gemälde runter. Oben, im 18. Stock.
Der Fall der Mauer war eine der schönsten Sachen, die in meinem
Leben, grade hier in Deutschland, passiert sind. Und ich hab so irre
viel erlebt in diesem Land. Es war eine Ehre, in diesem Land und vor
diesem Publikum Fernsehen machen zu dürfen.
Und heute Abend noch mal diese Ehrenkamera zu bekommen, ist noch mal ein
Höhepunkt. Für alles herzlichen Dank. Alles Gute!
|
Wir reihen diese Rede zu den rhetorischen Meisterleistungen ein. Carell
war sich selbst, verstand das Publikum zu ergreifen, weil er begriffen
hatte, dass eine Botschaft nur dann ankommt, wenn sie glaubwürdig ist
ohne auf den Humor und erzählende Elemente
zu verzichten. Auch wir gratulieren Rudi Carell zu dieser Leistung.
"Bild": "Es ist sein Humor, sein Lachen, seine unerschütterliche
Lebenseinstellung, sein unglaublicher Wille und die Liebe zu
seiner Simone, die Rudi Carell nach vorn blicken lassen.
Humor ist gleichsam Medizin gegen den Krebs.
Carells Ehefrau Simone Carrell sagte zur
"Goldene Kamera"-Produzentin: Beate Wedekind:
"Die grosse Begabung meines Mannes ist, dass er selbst die
schwierigste Situation seines Lebens mit Humor nimmt!"
|
Fazit:
Tatsächlich zeigt sich auch bei der Rhetorik und bei allen
Kommunikationssituationen: Humor ist nicht nur ein "Weichmacher". Humor
kann verhärtete Situationen entschärfen und öffnet
Türen.
|
|