Die Berner Politologin Regula Stämpfli hatte damals nicht
übertrieben, als sie das Ganze als "Kommunikationsgau"
bezeichnet hatte. Immerhin gaben die Bundesräte nachträglich
die internen Kommunikationsprobleme zu.
Die Geschäftprüfungskommission stellte hierauf Fragen, die im
Bundesrat im neuen Jahr besprechen musste. Die Parteien forderten bei
dem bedauerlichen Kommunikationsdurcheinander vermehrte Transparenz.
Der Bundesrat könnte beispielsweise das Stimmenverhältnis
offen legen. Wolf Linder, Professor für Politologie, fand dies
hingegen nicht sinnvoll. Wichtig sei, das der Bundesrat in Ruhe
um Entscheide ringen könne. Sonst käme es zu noch mehr
Hähnenkämpfen für die Öffentlichkeit.
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"Dann findet die richtige Bundesratsitzung zwischen 0700 bis 0900
statt. Um neun Uhr gehen dann die Türen auf -
dann ist es öffentlich. dann ist es noch für die
Medien und das Volk. Eigentlich nur noch eine Show!"
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Weil das Ringen um Entscheide in einer Kollegialbehörde
schwierig sei, brauche es Teamplayer. Darum habe man früher
kantige Persönlichkeiten oder Parteipräsidenten bewusst nicht
in den Bundesrat gewählt.
"Mit Bundesrat Blocher kam sicher ein
ganz anderer Politiker in den Bundesrat. Insofern darf man sich nicht
wundern, dass es heute ein wenig anders funktioniert."
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Beobachter scheinen sich einig zu sein, dass das Hauptproblem des
Bundesrates nicht die Kommunikation ist. Sie sind sich
über die eigene Rolle nicht im Klaren.
Politberater Iwan Rickenbacher sagte dazu im Radio DRS 1:
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"Die Rolle des Bundesrates muss geklärt werden: Ist sie die von
einer Partei unabhängigen Landesregierung oder ist sie jene von
der Spitze der Parteien und Fraktionen, welche in einem ständigen
Wahlkampf sind?
Wie unterschiedlich diese Rolle gelebt wird, zeigt sich darin, das sich
zu Beginn der 90er Jahre die Bundesräte geweigert hatten, sich
für den Wahlkampf einspannen zu lassen. Heute ist es umgekehrt:
die Parteien versuchen über die Bundesräte Politik zu machen."
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Weil der Bundesrat so polarisiert ist, fände es Otfried
Jarren, Publizistikprofessor an der Universität Zürich
peinlich, wenn die Widersprüche in der Regierung öffentlich
gemacht würden.
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"Es kann nicht angehen, dass der Staat - dass der Bundesrat als
Teil des Staates - mit verschiedenen Zungen spricht. Das würde
die Gesellschaft irritieren. Das könnte in verschiedenen
Krisensituationen - denken wir nur an die Vogelgrippe oder anderen
Themen zu erheblichen Problemen und Irritationen führen."
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In den Sonntagszeitungen vom 15. Januar stellte man nun mit Erstaunen
fest, dass der Bundesrat am Montag wohl beschlossen hatte,
zu der FAX Affaire keine Stellung zu nehmen. Dennoch redeten dann
die Bundesräte Merz, Couchepin und Calmy-Rey.
Regula Stämpfli: In jedem anderen
europäischen Land würden Minister, die trotz Regierungsrichtlinien
reden, entlassen. Nach Stämpfli wäre
es nicht denkbar, dass beispielsweise einzelne Minister in der grossen
Koalition öffentlich Angela Merkel kritisieren, ihre Politik
relativieren oder persönlich kommentieren?
So etwas kommt hingegen in der Schweiz vor. Einmal mehr
zeigt sich, wie bei der Swisscomgeschichte, (wo der Tagesanzeiger am
14. Januar übrigens auch wieder ein geheimes Papier zugespielt
bekam), dass die Regierung keine Kommunikationsrichtlinien hat.
Stämpfli meint, der Bundesrat müsste sich einen Berater engagieren
und sich an die eigenen Richtlinien halten. Denn Indiskretionen
werden aufgrund der politisch hoch polarisierten Situation in der
Schweiz sicherlich weiter zunehmen und die Regierung wird ohne
interne Klärung des heutigen Missstandes kommunikativ
wieder auf die Nase fallen.
Wiederum würden alle reden und erneut eine schlechte Falle
machen. Die Reputation des Bundesrates würde noch mehr leiden und
die Bevölkerung zusätzlich verunsichert. Wenn der Bundesrat
beschämendes Bild abgibt, wird das Vertrauen in Politik und
Regierung kaum gestärkt und Vertrauen ist eine wichtige
Voraussetzung für Demokratie und den Rechtsstaat.
Fazit:
Bei der Kommunikation des Bundesrates zeigt sich, dass die
Landesregierung sowohl wegen Polarisierung als auch wegen
internen Differenzen ein inhaltliches Problem hat.
Die Landesregierung hat auch ein Rollenproblem, wenn Bundesräte
sich als Einzelkämpfer verstehen, die der Partei verpflichtet
sind. Ferner ist sich der Bundesrat nicht einig, wer, wann und wie
kommuniziert. Der Bundesrat benötigte einen Bundesratberater,
der von allen Bundesräten akzeptiert wird.
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