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www.rhetorik.ch aktuell: (17. November, 2005)

Kommunikative Begleiterscheinungen beim Fussball


Gastkolumne erschienen im "Schaffhauser Bock", 16. November, 2005

Das Spiel

Nach "Tagesanzeiger" sahen sich im Durchschnitt 1.225 Millionen Personen die erste WM-Barrage Schweiz - Türkei auf dem Kanal des Schweizer Fernsehens DRS an. Für das Rückspiel wird mit einem neuen Jahresrekord gerechnet.



Bei der ersten Partie gegen die Türkei wurde der höchste Wert kurz vor Schluss mit 1.505 Millionen erreicht - das ist ein Marktanteil von 73.5 %. Über das ganze Spiel betrug der Marktanteil 59,4 %. Da Wochentagsspiele in der Regel höhere Zuschauerquoten erreichen als solche an Wochenenden, muss heute Mittwoch im Rückspiel gegen die Türkei trotz der frühen Anstosszeit (19.15 Uhr) mit einem neuen Jahresrekord gerechnet werden.

Fussball- Kommunikation

Im Umfeld der Auseinandersetzung der beiden Mannschaften gab es unschöne kommunikative Begleiterscheinungen: Es gab zahlreiche Beschimpfungen der Schweizer (mündlich und schriftlich).
  • Beinflussungsstrategie: Wie bei der psychologischen Kriegsführung wurden die Schweizer beim Eintreffen am Flughafen demoralisiert und schikaniert.
  • Diplomatensprache: Aussenministerin Calmy-Rey beschwerte sich sogar offiziell über die Schweizer Botschaft bei der Türkei.
  • Killerrhetorik: Die Schweizer Landeshymne wurde bei der Eröffnungszeremonie niedergepfiffen.
  • Massenrhetorik: Im Duell Schweiz - Türkei wurden die unterschiedlichsten Sprachen gesprochen: - Wir hörten die Schlachtrufe des Publikums
  • Symbolsprache: Es gab eine Fahnensprache, eine Pfeifsprache, die Körpersprache der Fussballer und die Kinesik der Schiedsrichter usw.




Nach dem Spiel war die Rhetorik der Kommentatoren aufschlussreich. Ein Vergleich von Christoph Daum und Alain Sutter wäre spannend. Wir zollen jedoch Alain Sutter nicht nur grosses Lob für seinen fundierten Hintergrundinformationen. Die Aussagen basierten auf Erfahrung und guter Wahrnehmungsfähigkeit. Sutter stand immer überzeugend - gut geerdet - da. Er sprach mit einer natürlichen Gestik, äusserte sich in verständlichen Gedankenbogen. Uns machte der ehemalige Spitzenfussballer immer einen konzentrierten Eindruck.




Nachtrag 20/11/2005: Hassrhetorik der Medien oder die "Sich selbst erfüllenden Prophezeiungen"?

Die NZZ am Sonntag analysiert in der Aussage vom 20.11.05 unter dem Titel: "Die Mär vom Himmel und der Hölle im Fussball" die Panikmache gewisser Medien. So schrieb vier Tage vor dem Hinspiel in Bern der "Blick" von "Krieg" und zwar von "Psycho-Krieg". Der Hunger nach "Geschichten" mit Zunder war in den Medien geweckt. Die erste explosive Lage ergab sich am Samstag nach dem 2:0 Sieg im "Stade de Suisse".
  • "Blick" vom 14.11.05: "Jetzt wird die Barrage zum Hass Duell". Was den Schweizern in Istanabul erwarten würde, war nun klar: "Die Hölle".
  • Auch der "Bund" weiss was bevorsteht: "Wir müssen uns auf das Schlimmste gefasst machen."
  • Als dann die Schweizer Beteiligung in Istanbul eine gewalttätige Wendung genommen hatte, schrieb "Blick" am 15. November von: "Blut Steine, Messer."
  • Dann brachen die Dämme ein. Wir lasen von "Prügel-Türken".
  • "Blick" 18.11.05: die Türken waren wie im "Blutrausch".
  • In "Tele Züri" durfte Streller einen Gegner als "Drecksack" bezeichnen.
Kommentar: Gewalt darf nicht bagatellisiert werden. Anderseits müssen wir uns auch bewusst bleiben: Es gibt eine Interaktion zwischen Wort und Tat. Wie bei der Frage nach dem Huhn oder Ei, könnten wir uns in diesem Fall fragen. Was war zuerst: Das Wort oder die Tat?





Nachtrag vom 18. November, 2005: Auch Kameraleute wurden derangiert:

Nach den verbalen Attacken und Köperverletzungen in Istanbul dominieren auch noch zwei Tage nach dem Skandal-Randale-Spiel die Emotionen. Türkische Medien beschimpfen Fifa-Chef Joseph Blatter. Eine Sportzeitung hat Blatters Kopf in einer Fotomontage auf den Flaschenöffner eines Schweizer Messers aufgespiesst.

Wie das "10 vor 10" vom 18. November berichtete, sind auch Journalisten nach dem Spiel beim Filmen der Tätlichkeiten gehindert worden. Sicherheitskräfte hätten auf die Spieler eingeschlagen.


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