Das Ringen um die grosse Koalition eskaliert zu einer Nervenschlacht um die Macht.
Die Spitzen von SPD und Union sondierten diese Woche in Vorgesprächen
über eine mögliche Zusammenarbeit. Die Kanzlerfrage wurde
vorläufig von beide Seiten ausgeklammmert.
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- Schröder und Merkel sassen sich im letzten Gespräch einem
ovalen Konferenztisch direkt gegenüber. Der Kanzler drängte
auf eine stabile, handlungsfähige Regierung.
- Merkel bestätigte, dass eine
"grosse Koalition" grosse Projekte in Angriff nehmen muss und dabei
auf wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit
geachtet werden muss.
- Stoiber meinte, die SPD müsse die demokratische Spielregel
akzeptieren, damit die stärkste Fraktion Anspruch auf das
Kanzleramt hat.
- Müntefering: Wir verhandeln nur auf Augenhöhe ...
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Keiner wich am ovalen Tisch auch nur einen Millimeter zurück. Die
Nervenschlacht wird weiter gehen.
Nach der Wahl in Dresden vom Sonntag könnte etwas Bewegung in die
verhärteten Fronten kommen.
Dabei muss eine Lösung gefunden werden, bei der
Gerhard Schröder sein Gesicht wahren kann. Wir vermuten, dass die
Union nicht von Merkel abrückt.
Bis zum nächsten Treffen muss nun jede Partei für sich
mögliche Kompromisslinien in Sachfragen wie Wirtschaft, Arbeit,
Steuern, Finanzen, Rente, Gesundheit ziehen. Die Schlacht um die Macht
geht weiter.
Unterdessen machten Experten Vorschläge, wie Gerhard Schröder ehrenvoll aus
der Sackgasse herauskommen könnte.
Die Festlegung: "Ich bleibe in jedem Fall Kanzler" könnte
Gerhard Schröder heute in eine heikle Situation bringen. Weil damit zu
rechnen ist, dass die Union endgültig mehr Stimmen auf sich
vereinigt, wurde gerätselt, wie der Kanzler in der jetzigen
Situation elegant aus dem Dilemma herauskommen könnte.
- Chefredakteur "N24" Peter Limburg sieht für Gerhard Schröder
einen ehrenvollen Kabinettposten bei der SPD.
- Helmut Markwort, FOCUS Chefredakteur, meint: Nach den Resultaten in
Dresden könnte Schröder am Sonntagabend 18'00 erklären,
er habe vor den endgültigen Resultaten nicht vorschnell aufgeben
wollen. Jetzt sei das Resultat klar. Damit könnte Schröder
ehrenvoll zurücktreten.
- Der Politologe Jürgen Falter rät Schröder zu,
einen ehrenvollen Posten bei einer internationalen Organisation zu
übernehmen. Damit könnte er sein Gesicht wahren.
- Der Historiker und Publizist Arnulf Baring sieht kaum noch eine
Chance, ehrenvoll zurückzutreten. Schröder habe die Chance
des ehrenvollen Abgangs verpasst. Er könne sich nur noch mit
Blässuren ins Private zurückziehen.
Mit Vorträgen und Büchern könnte
er sich noch einen Platz in der Geschichte erkämpfen.
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