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www.rhetorik.ch aktuell: (28. August, 2005)

Eine Aussage Merkels, die uns zu denken gibt



Angela Merkel sagte in einem Interview in der "Brigitte" vom 17.8.05:

"Bei meinen Reden nehme ich mir eine andere Art von Auftritt vor- aber dann mache ich es doch so, wie ich es immer gemacht habe. Das Erstaunlichte sind für mich aber immer die Sachen, die ich selber gar nicht wahrgenommen habe. Manchmal sagt man mir: Du hast schon wieder gefuchtelt- dabei hätte ich schwören können, dass ich ganz ruhig dagesessen habe."


Diese Aussage erklärt uns, weshalb Merkel sich früher oft "zusammengenommen" hat und sehr wahrscheinlich damals die Gestik bewusst unterbunden hatte.

Erfahrene Rhetorikexperten wissen, dass diejenigen, die auf eine Gestik verzichten, den Stress und den Druck zusätzlich verstärken.


Der Körper baut bekanntlich durch Bewegungen Druck ab. Im Mediensimulator stellen wir hundertfach fest: Menschen, denen beigebracht worden ist, ruhig, beherrscht d.h. ohne Gestik zu sprechen, den Stress mit Bewegungen abbauen, die nicht zur Aussage gehören. Sie wippen mit den Fussspitzen, schwanken oder spielen mit den Fingern usw. Unser Kameramann hat längst erkannt, dass er bei jenen, die "falsch" gecoacht worden sind und die Gestik unterbinden, mit der Kamera unter dem Tisch die Füsse filmen muss oder die Kamera auf die Hände fokussieren kann. Garantiert sicher hat er dann aussagekräftige Stessverhaltensmuster "im Kasten".

Zum Fuchteln

Fuchteln hat nichts mit Gestik zu tun. Fuchteln ist im Gegensatz zur Gestik ein wildes Bewegen der Arme und Hände, wobei diese Bewegungen nichts mit der verbalen Aussage zu tun haben. Gestik begleitet hingegen die verbale Aussage, unterstützt diese synchron, automatisch, individuell und ist zudem eine Verständlichkeitshelferin, nicht nur für Hörbehinderte.

Beispiel 1: Meine Frau hat ein wenig südländisches Blut und musste früher in der Volksschule beim Rezitieren von Gedichten die Hände bewusst hinter dem Rücken halten. Der Lehrer sagte: "Mir sind doch keine Italiener. Auch später - im Studium zur Audioagogin- zwang die damalige Ausbildungsleiterin meine Frau aus unerfindlichen Gründen, die Gestik im Unterricht zu unterbinden. Ausgerechnet bei Hörbehinderten! Heute ist an der Hochschule für Heilpädgogik die Körpersprache ein selbstverständliches Modul. Meine Frau war früher alleine, als sie für die Hörbehinderten die Körpersprache bewusst in den Unterricht eingebaut hatte und bei Schwerhörigenvereinen darüber referiert hatte.


Beispiel 2: Jahrelang verdiente ich Geld mit Seminaren, bei Führungskräften, die früher in teuren Kommunikationsseminaren gelernt hatten, die Gestik abzugewöhnen. Ihnen wurde bei Präsentationen am Hellraumprojektor die Gestik gezielt abtrainiert. Ich erinnere mich noch gut, dass es für mich oft nicht immer einfach war, jenen Führungskräften die unterbundene Gestik gleichsam wieder zu entfalten. Wir vermitteln heute in unseren Seminaren einfache Übungen und Tipps, damit die natürliche Körpersprache bei Reden und Auftritten stimmt.


Zurück zu Angela Merkel: Wahrscheinlich wurde sie früher falsch gecoacht. Sie hat nach der Interviewaussage den Weg des Erfolges selbst gefunden. Sie ist heute während des Redens nicht mehr darauf bedacht, ruhig dazusitzen, sondern redet erfreulicherweise so, wie sie es immer gemacht hatte. Die Versprechen Merkels haben möglicherweise damit zu tun, dass sie früher während ihrer Auftritte (analog Ogis lächerlicher Neujahrsansprachen) während des Sprechens - die Gedanken bei der eigenen Gestik hatte.


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