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www.rhetorik.ch aktuell: (23. August, 2005)

Bettina Rust - für viele ein Frust?



Bettina Rust, Foto SAT 1 Nach Ansicht des "Tages-Anzeigers" haben Rhetorik Haifische den "Zierfisch" Bettina Rust gleich in der ersten Viertelstunde das Fürchten gelehrt. Rust habe Mühe gehabt, sich neben den kameraerprobten Gäste durchzusetzen. "Bettina Rust sei sich bereits im Interview mit der Mittelland Zeitung bewusst gewesen, dass der Umgang mit Rhetorikprofis nicht leicht sein wird, um den gewieften Dialektikern handfeste Aussagen zu entlocken."

Auch in den deutschen Medien wurde die erste Ausgabe von "Talk der Woche" nicht mit Lobeshymnen eingedeckt:

  • Die "Taz" schrieb: "Bettina Rust hibbelt sich durch die Premiere vom 'Talk der Woche'. Statt Gesellschaftspolitik bot die illustre Herrenrunde auf SAT.1 zwar eher Boulevard, doch das war immerhin leidlich unterhaltsam".
  • Die "Berliner Zeitung" titelte bestimmt: "So geht es nicht. Sat.1 und Bettina Rust versuchten einen Politiktalk im Boulevardstil."
  • Auch "Spiegel Online" war nicht gnädig: "Nach zwei Werbeblöcken und 40 Minuten Rederei um den heissen Brei ging man also etwas ratlos ins Bett."
  • "Die Welt" sprach von einem "nervösen Auftakt". Der "Talk der Woche" habe gute Gäste aber wenig Substanz geboten.




Wir verfolgen nach dieser harten Kritik die neue Moderatorin am Sonntag, den 22. August: Wiederum waren Profis anwesend, wie Gysi und Söder.

Bettina Rust kann nicht Sabine Christiansen konkurrenzieren, obwohl sie die schnelle hektische Sprechweise Christiansens zu kopieren versucht. Das Absacken der Einschaltquote von 6,4 auf 4,4 Prozent, verdeutlicht, dass etwas nicht stimmen kann.

Was macht denn Bettina Rust falsch?

Sie dürfte nicht die Schwächen Christiansens imitieren: Das Schnattern, das Dreinreden und das Weghören. Aber genau das tut sie. Sie müsste sich selber sein. Rust könnte gewiss Erfolg haben, wenn sie künftig niemanden copiert, sich selber bleiben würde und natürlich auftritt. Nach unserer Prognose steht Bettina Rust noch ein grosser Frust bevor, falls sie nicht sofort ihre Moderation professionalisiert. Sie fiel am Sonntagabend den Teilnehmern ständig ins Wort, sie belehrte (schulmeisterhaft) und wertete die Aussagen der Teilnehmenden. Eine Moderatorin ist nur dann eine gute Moderatorin, wenn sie die Grundsätze der Moderation kennt. (Siehe Moderieren - Aber Wie?). Das Wichtigste wäre jedoch: Die Teilnehmenden sollten ernst genommen werden und "aktiv zugehört" werden.


Nachtrag vom 28. August, 2005: weitere Pressespiegel

  • "Spiegel online" urteilte: Aufgeregt war Rust, das merkte man. So aufgeregt, dass sie beim Formulieren ihrer Fragen oft in hektisches Geplapper verfiel und sich in ihrer eigenen Rhetorik verhedderte. Um sich nicht den alten Christiansen-Vorwurf einzuhandeln, sie lasse ihre Gäste endlos parlieren und greife nicht ein, unterbrach sie zu schnell und fiel den Rednern harsch ins Wort, bevor die überhaupt einen klaren Gedanken formulieren konnten. Zusammen mit dem Lampenfieber ergab das den Gesamteindruck eines aufgescheuchten Huhns unter stolzen Hähnen.
  • Medienmagazin.de registrierte einen Tiefpunkt bei "Talk der Woche": Nur 0.41 Millionen 14- bis 49-jährige Zuschauer wollten TV-Richterin Barbara Salesch, Journalist Hajo Schumacher und den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle bei Gastgeberin Bettina Rust sehen - der Marktanteil in der Zielgruppe: Katastrophale 4.1 Prozent - ein Wert, den SAT.1 bei allem Willen, dem Format eine Chance zu geben, nicht lange hinnehmen können wird. Noch schlechter sah es beim Gesamtpublikum aus: 710'000 Zuschauer ab drei Jahren reichten nur für 3.4 Prozent Marktanteil beim Gesamtpublikum.
Uns interessiert es, wie lange Roger Schawinski die Augen zudrückt. Bei Anke Engelke musste er nach langem Zögern auch handeln.




1. Nachtrag vom 29. August 2005: Die Moderatorin des "Talk der Woche" übt Selbstkritik

Wir waren nicht allein, die das Gebahren von Bettina Rust gestört hat. Das "Bild am Sonntag" vom 28. August spricht erstmals über Ihren missglückten Start. Sie leide unter der Basedowschen Krankheit und versuche nun den Druck durch die Symptome der Medikamente zu erklären. Um den Stress zu reduzieren, soll bereits heute das Konzept vereinfacht werden.

Unsere Kritik tangierte aber nicht diese Krankheitssymptome. Es ging uns um das Grundsätzliche beim Moderieren. Es wäre nicht gut, wenn Bettina Rust künftig keine Kritik mehr lesen will. Kritik ist immer ein Chance. Bei Christine Maier haben wir erleben können, wie rasch Erkenntnisse umgesetzt worden sind.

Bettina Rust besteht noch ein Hoffnungsschimmer, denn sie übte sich in Selbstkritik. Wir lasen im "Bild am Sonntag":

Auch an sich selbst will sie arbeiten. Kritiker werfen ihr vor, die Gäste zu schnell und zu rüde zu unterbrechen:

"Sicherlich denken einige Leute: Mann, ist die burschikos. Kann die nicht auch charmant sein? Was das Unterbrechen angeht, muss ich mich noch einpendeln, da muss ich noch sicherer werden."


Auch ihr Sprechtempo will sie ändern:

"Ich weiss, dass ich sehr schnell spreche. Ein Freund riet mir, langsamer zu reden, weil man mich kaum versteht. Ich versuche, daran zu denken: Tempo rausnehmen!"


Wenn es um die Verständlichkeit und die negative Wirkung geht, muss immer etwas geändert werden. Uns ging es bei Bettina Rust nicht um die Stimmfarbe, sondern um das Dialogische bei der Talksendung. Die Teilnehmer und das Publikum müssen von jeder Moderatorin ernst genommen werden.


2. Nachtrag vom 29. August: Immer noch unbefriedigend

Obschon am "Talk der Woche" vom 28. August Bettina Rust sichtlich bemüht war mit Lachen ihren hektischen Moderationsstil etwas aufzuweichen, und den Vorsatz ruhiger zu moderieren ein paar Mal durchschimmerte, gelang leider noch keine deutliche Verbesserung.

Während der ersten 7 Minuten unterbrach die Moderatorin die Redner bereits 7 mal. Es gelang ihr auch nicht, das Sprechtempo wesentlich zu drosseln. Sie sprach nicht nur zu schnell, sondern auch zu undeutlich.

Müsste es eine Moderatorin nicht zustande bringen, Gäste in der Regel ausreden lassen? Selbstverständlich haben Moderatoren die Pflicht, Langredner abzustellen und das Gespräch zu lenken. Nicht aber nach der Schulmeistermethode von Rust:

"Müssen Sie mich unterbrechen?" "Können Sie sich kurz fassen?"


Am meisten haben uns die zu langen und unstrukturierten Fragen gestört (siehe diesen Beitrag für einen ähnlichen Fall). Zudem stellte Sabine Rust meist Frageketten (vergleiche diesen Beitrag).

Das Sendekonzept finden wir gut. Es lehnt an das Modell des "Sonn-Talk" von "Tele Züri" an. Am Abend werden bei dieser Sendung auch ein paar Themen mit einer kleinen Gesprächsrunde diskutiert. Damit hatte Roger Schawinski schon früher grossen Erfolg.




Nachtrag vom 5. Oktober 2005: Keine Besserung in Sicht:

Im Gegensatz zu Christine Maier, die dank guter Selbstkritikfähigkeit in kürzester Zeit die Moderation optimieren konnte, fragen wir uns bei Bettina Rust, ob diese Moderatorin unbelehrbar ist.
  • Sie schneidet den Gesprächspartnern - nach wie vor - ständig das Wort ab
  • - Sie spricht sogar mit, wenn bereits drei bis vier Teilnehmer durcheinander reden. Das Wort Gesprächs -führung scheint Rust nicht zu kennen.
  • So wie sich Sabine Christiansen das schnelle Reden nicht mehr abgewöhnen kann, bleibt Bettina Rust ebenfalls eine hektische Schnellsprecherin, die nicht nur von den 15% hörbehinderten Zuhörern schlecht verstanden wird. Das "Maschinengewehrsprechen" ist für das breite Publikum eine Zumutung. Wir prophezeihen, dass sich dies auf die Einschaltquoten auswirken wird.
  • Sie beherrscht das professionelle Fragen noch nicht. Bettina Rusts Fragen sind nach wie vor unklar und zu oft in Frageketten eingebunden.




Nachtrag vom 12. Oktober, 2005: Ende der Vorstellung

Wir haben es geahnt. So konnte es nicht weitergehen. Leider war die Moderatorin zu wenig selbstkritisch und hat die Kritik nicht ernst genommen. Jedenfalls sind nun die Würfel gefallen. Sat 1 streicht den "Talk der Woche" nach einem erwarteten Quotenschiffbruch. Von Sat.1-Chef Roger Schawinski wurde das Konzept von seinem früheren Schweizer TV-Sender "Tele Züri" nach Deutschland exportiert. Aus unserer Sicht war dieses Konzept erfolgsversprechend. Doch die Sendung wurde von der falschen Person moderiert.

Lediglich zehn Folgen lang lebte das "Fernseh-Baby". Die Quoten fielen in den Keller. Sat.1, einer der grossen drei deutschen Privatsender, erreichte mit der letzten "Talk der Woche"-Sendung nur noch 3.9 Prozent Marktanteil.

Schawinski: "Die Zuschauerzahlen sind eindeutig". Über die Gründe, warum viele wegzappten oder gar nicht erst zuschauten, könne spekuliert werden.

Sat 1 hatte meist Erfolg im Newsbereich. Doch gab es auch Flops, wie die eingestellte Late-Night-Show mit Anke Engelke.


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