Rhetorik.ch


Knill+Knill Kommunikationsberatung

Knill.com

www.rhetorik.ch aktuell: (4. Juli, 2005)

Megashow als Kommunikationstransportmittel?

"Live-8" war eine Konzertveranstaltung, die Millionen im Kampf gegen die Armut vereinen sollte. Mit Konzerten in Tokio, Berlin, London, Johannesburg, Philadelphia, Toronto und Cornwall forderte die Pop- und Rockelite die Staats- und Regierungschefs des bevorstehenden G8-Gipfels in Schottland auf, den Ärmsten der Armen mit einer Finanzhilfe von 25 Milliarden Dollar zu helfen. Gemäss Organisator Bob Geldof diente der Konzert-Marathon weniger dem Spendensammeln, sondern dem Schärfen des Bewusstseins für die Nöte der Armen: Die Live-8-Veranstalter fordern von den Gipfelteilnehmern einen Schuldenerlass, - eine Verdopplung der Entwicklungshilfe und eine Öffnung der Weltmärkte für die Entwicklungsländer. Nach anfänglicher Euphorie über das Bob Geldofs Benefiz-Spektakel wurden in den Medien aber auch kritische Stimmen laut: Wir fassen ein paar Punkte zusammen, die Edgar Klüsener im Spiegel zusammengetragen hat:
  • Diskriminierung Afrikanischer Künstler?. Afrikanische Künstler wurden zu "Live 8" erst gar nicht eingeladen, weil es "schlecht für die Quote" sei. Geldof sei in Wahrheit nur ein weisser Rassist, seine Sorge um das Wohlergehen des Kontinents kaum mehr als die neokolonialistische Attitüde des weissen Showmannes. Vor allem für die britischen Medien war dieser Streitpunkt ein gefundenes Fressen.
  • Afrikaprobleme simplifiziert. Die Macher seien schamlose Vereinfacher, die von Afrika und Afrikanern reden, dass der Kontinent aber nicht einfach auf den kleinsten gemeinsamen Nenner Hunger gebracht werden könne. Südafrika sei ein wirtschaftliches Schwergewicht und Botswana habe eine ökonomische Wachstumsrate, die zu den höchsten der Welt gehörten.
  • Globalisierung und Liberalisierung?. Für Grossbritanniens Linke wirkte die implizite Forderung nach einer weitgehenden Liberalisierung des Welthandels störend. Die von "Live 8"-Unterstützern erwartete Wandlung von Globalisierungsgegnern zu Globalisierungsbefürwortern machte misstrauisch.
  • Neureiche Popstars irritieren. Linke Intellektuelle waren auch konsterniert mit welcher Selbstverständlichkeit neureiche Popstars auf Tuchfühlung mit den Mächtigen gehen. Man ist zu Gast bei Blair und Bush, geht bei Banken und Institutionen ein und aus und spielt im Millionärsclub Golf.
  • Eigentliche Probleme bleiben. Ob der "Live 8" Ansatz und die verschwisterten Kampagne "Make Poverty History" an Afrikas eigentlichen Problemen vorbeiziele. Tatsächlich werden durch die Konzerte keine Spendengelder zusammenkommen; die Veranstaltungen dienen lediglich der politischen Sensibilisierung. Inwieweit die Monster Konzerte dazu beitragen sollen, den Hunger in der Welt und in Afrika zu bekämpfen, sei nicht klar.
  • Nicht angesprochene Umweltprobleme. Für die Autoren des Reports "Africa - Up in Smoke", einer Koalition von 18 Hilfs- und Umweltorganisationen von "Oxfam" über "Greenpeace" bis hin zu "Action Aid", ist es hingegen klar, dass die Konzerte nichts bringen werden, weil das Hauptproblem des Kontinents, die Klimakatastrophe völlig ausser Acht gelassen wurde. 14 afrikanische Länder haben gravierende Wasserprobleme. In den nächsten 25 Jahren sollen weitere 11 dazukommen.
  • Tropfen auf heissen Stein. Die Folgen von Klimakatastrophe und Aids-Epidemie in Afrika würden sich auch durch ein bisschen Schuldenerlass und mehr Freihandel kaum lindern lassen. Die Bereitschaft der G8-Staaten, mit einschneidenden Massnahmen auf die Klimakatastrophe zu reagieren, sei nach wie vor eher gering.
Live 8 Kommentar: Wir waren auch vom Gigantismus des Anlasses beeindruckt. Der Wirkung dieser Monsterveranstaltung konnten wir uns nicht entziehen. Gewiss wurde die Masse für die Armut in Afrika sensibilisiert. Während des Betrachtens der Monsterkonzerte wurde uns aber bewusst, dass wir - wie alle - den Phönomenen der Massenpsychologie erlagen. So erging es gewiss Millionen von Menschen. Der Einzelnen konnte sich der Wirkung dieser Massenphänomene so wenig entziehen, wie die Fans bei Massen- Sportveranstaltungen . Nach unserem Dafürhalten standen bei "Live 8" nicht die Botschaften im Mittelpunkt, sondern die Stars, der Rhythmus, die Musik, das Gemeinschafterlebnis, der einmalige Event. Auch wir zweifeln an der Nachhaltigkeit dieser musikalischen "Megafon - Rhetorik".




Rhetorik.ch
1998-2012 © K-K Kommunikationsberatung Knill.com