Der Erste Auftritt des neuen Papstes Joseph Ratzingers - Benedikt XVI
machte bewusst, dass mit wenig Worten viel ausgesagt werden kann.
Ich bin nur ein einfacher demütiger Arbeiter im Weinberg des Herrn.
Dieser Satz wurde in den meisten Medien zitiert oft sogar im Titel. Die
Analogie - demütiger "Gärtner" - Weinberg Gottes wirkte
nachhaltig. Wir gehen davon aus, dass der scharfe Denker Ratzinger
diese bildhaften Worte gut überlegt hatte und dieser Satz nicht
zufällig gewählt worden ist. Die Aussage wurde sehr schnell
von vielen Analytikern kritisch hinterfragt: - Wollte der neue Papst
mit dem Wort "einfach" Bescheidenheit signalisieren?
Ist der neue Kirchenfürst tatsächlich bescheiden?
Für uns bestätigt jedenfalls diese erste Aussage:
Mit Kürze und Bildhaftigkeit kann eine starke Wirkung
erzielt werden.
Wir werden die Ratzinger Rhetorik weiter verfolgen, um herauszufinden,
wie der neuen Papst seine Botschaften im Alltag vermittelt. Nach dem
populären Johannes Paul II. wird er es nicht leicht haben, sich zu
behaupten. Bereits während der ersten Tagen wurde der konservative
Pontifex mit vielen kritischen Kommentaren konfrontiert.
Zwei Sequenzen, zeigen das Verhältnis des Papst zu den Medien.
Auch er will die Medien nutzen. Er dankte den Journalseiten und den
Medien für Ihre Arbeit bei seinem Vorgänger. Der neue Papst
hat erkannt: nur dank der Medien können die Botschaften des
Vatikans weltweit verbreitet werden.
Deutschland
TAZ: Oh mein Gott!
Bild: Wir sind Papst!
Italien
Observatore: Iosephum Ratzinger: Benedictum XVI
Italiensche Schlagzeilen: Der Deutsche Priester
England
Sun: Von der Hitler Jugend zum Papa Ratzi
Mirror: Der Rottweiler Gottes
Schweiz
Der "Blick" titelte mit fetten Buchstaben auf der Frontseite
"Hitlerjunge Ratzinger". Der Untertitel auf der gleichen Seite
fragte: "Darf man ihm das zum Vorwurf machen?
Kommentar in der "Welt" über die Schlagzeilen
Ulli Kulke schreibt in der "Welt" am 21. April:
Hitlerjunge Ratzinger: Wie Papst Benedikt XVI. die deutsche Vergangenheit
sieht
"Der neue Papst - ein ehemaliger Hitlerjunge: Zeitungen aus Italien,
England und Ungarn hatten bereits vor dem Konklave Kardinal Joseph
Ratzinger mit seiner Vergangenheit konfrontiert. Und die werde nun wohl
den sogenannten "Panzer-Kardinal" oder auch "Gottes Rottweiler" einholen,
schrieb etwa die Londoner "Times". Ratzinger als Papst stünde wegen
seiner persönlichen Geschichte in starkem Kontrast zum Vorgänger
Johannes Paul II., der im Krieg in Polen Theaterstücke gegen die
Nazis aufgeführt habe.
Die Wahl zum Papst konnten die Meldungen natürlich nicht
beeinflussen. Aber jetzt nutzen einige Zeitungen Ratzingers Vergangenheit
für demagogische Schlagzeilen. In der türkischen Zeitung "Sabah"
hiess es gestern, ein "ehemaliger Nazi" sei zum Papst gewählt worden."
(...)
Für Biograph Allan war die Nazi-Ära eine Schlüsselzeit
für Ratzinger: "Die Erfahrung brachte ihn zu der Überzeugung,
dass die Theologie sich an eine starke Kirche mit fester Lehre und
Autorität binden müsse, um nicht von aussen gesteuert zu werden
oder unterzugehen." In Erinnerung an seine Jugend erklärte er 1986
in einem Vortrag in Toronto: "Eine Kirche ohne Theologie verarmt und
erblindet, während eine Theologie ohne Kirche zusammenschmilzt
zu einem launigen Einfall." Die israelische Regierung sieht in der
prägenden Jugend des neuen Papstes denn auch eher einen Gewinn:
"Vor dem Hintergrund des neuen Papstes bin ich mir sicher, dass er wie
sein Vorgänger eine mächtige Stimme gegen alle Formen des
Antisemitismus ist", sagte Aussenminister Silwan Schalom.
Ratzinger wuchs in einem gegenüber den Nationalsozialisten
äusserst distanzierten Elternhaus auf. Sein Vater, zu dem er
ein sehr enges Verhältnis hatte, quittierte 1937 den Dienst als
Gendarmeriemeister und nahm in Kauf, dass die Familie in wirtschaftliche
Schwierigkeiten kam.
Nachtrag: Ein neuer Medienpapst?
Der neue Papst Benedikt XVI hatte gestern Medienvertreter zur
Wahrhaftigkeit ermahnt. In Deutsch sagte er,
die "aufrichtige Suche nach der Wahrheit" sowie der "Schutz der zentralen
Stellung und der Würde der menschlichen Person" gehörten zur
ethischen Verantwortung derer, die in der Medienbranche arbeiteten.
Damit die Kommunikationsmittel einen positiven Dienst am Gemeinwohl
leisten könnten, müsse jeder Einzelne einen verantwortlichen
Beitrag dazu leisten. Es sei dabei notwendig, die Auswirkungen der
Medienarbeit
"auf das Gewissen und auf die Geisteshaltung der Menschen wie auch auf
die Bildung der öffentlichen Meinung"
zu beachten. Auch die Rede zur Amtseinbindung zeigt wie der neue Papst
in Bildern spricht. Er versteht es mit Vergleichen und Analogien
Obschon inhaltlich umstritten, gibt der neue Papst rhetorisch viel her.