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Der SPD-Parteivorsitzende Franz Müntefering poltert mit
Klassenkampf-Rhetorik gegen die Gefahren eines globalen Kapitalismus.
Seine kämpferischen Worte sollen den verunsicherten
Genossen neuen Halt geben, mit
Sätzen, die auch Studentenführer
Ende der sechziger Jahre gebraucht hatten:
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"Unsere Kritik gilt der international wachsenden Macht des Kapitals
und der totalen Ökonomisierung eines kurzatmigen Profit-Handelns.
Die international forcierten Profit-Maximierungs-Strategien
gefährden auf Dauer unsere Demokratie ...
Die Staatsskepsis ist ein Irrweg. Die Staatsverachtung eine Gefahr. Mit
dem modernen Staat ist die Idee der Demokratie überhaupt erst
möglich geworden. Er stellt die Institutionen bereit, mit denen
Gesellschaften ihr Zusammenleben organisieren können."
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Was Müntefering am 13. April in Berlin den versammelten
Genossen zugerufen und über Mikrofone und Kameras, der Republik
entgegenschleuderte, ist Teil einer Debatte, die im November auf dem
Bundesparteitag in ein neues Grundsatzprogramm münden soll.
Wir zitieren den "Spiegel":
Münteferings Rede ruft Erinnerungen wach an andere programmatische
Versuche. Müntefering, ein Kind der Aufbaugeneration der
westdeutschen Republik, hat in den letzten Jahren viel dazugelernt:
Dass sich vieles ändern muss, um den Sozialstaat im Kern zu
erhalten. Dieses Credo durchzieht seine Ansprache. Und doch rückt
die Rhetorik bei ihm in den Vordergrund. Der SPD-Chef steht vor der
unlösbaren Aufgabe: Wie bittere Pillen verkaufen und zugleich
Glücksgefühle auslösen?
Im Vergleich mit den Realitäten in osteuropäischen EU-Staaten
sind die Massnahmen der Regierung vergleichsweise kleine Korrekturen. Aber
sie erzeugen einen Frust, der sich schleichend auswirkt. Sie führen
nicht nur zu einem Kaufverzicht der Bürger, sondern auch zu einem
Wahlboykott vieler potentieller SPD-Anhänger.
Dabei übertönte die Linksrhetorik, die der Sauerländer in
Berlin nun anschlug, die anderen Botschaften in seinem Manuskript. Und
die so weit nicht weg sind von dem, was Rot-Grün an realer
Politik praktiziert - und was letzten Endes zu ihren Schwierigkeiten
geführt hat. Manches von dem, was da steht, könnte sogar aus
dem so viel geschmähten Hombach-Mandelson-Papier stammen: "Staat
muss sich da entbehrlich machen, wo dies verantwortlich möglich
ist. Und er muss gestärkt werden, wo es notwendig ist", heisst es
bei Müntefering.
Der "Müntefering-Sound" der starken Worte soll die alten
Gegensätze wieder aufrufen, die tief im Seelenleben der Partei
verankert sind: Hier wir, dort das Kapital. Und die Musik, die da gespielt
wird, suggeriert, die SPD könne das grosse Ganze noch steuern.
Doch die Gegenwart geht brachial und im Eiltempo über dieses
Ansinnen hinweg. Und endet in Reformen wie den Hartz-Gesetzen. Das ist die
Wirklichkeit. Da hilft keine Münte-Rhetorik - weder dem Parteichef,
noch der Glaubwürdigkeit der SPD.
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Kommentar:
Für uns ähnelt die Münte-Rhetorik der überholten
Klassenkampf-Rhetorik. Im Grunde genommen versucht er nur von der
heutigen miesen parteiinternen Stimmung abzulenken, um bei Genossen
und Bevölkerung ein besseres Klima zu schaffen. Wir zählen
Münteferings Rede eher zu einer Wohlfühl-Rhetorik
die Vertrauen suggerieren soll.
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